Wohnungsnot in Deutschland Die Mietpreisbremse bremst nicht
Die Mietpreisbremse, 2015 eingeführt, ist offenbar weitgehend wirkungslos. Das zeigen aktuelle Zahlen des Portals Mietenmonitor und eine Stichprobe des ARD-Magazins Plusminus
Renoviert ist die Wohnung nicht, nur notdürftig gestrichen. Der Makler gibt sich dennoch enthusiastisch: "Zentraler geht's nicht!" Der Rhein sei hier in Düsseldorf-Oberkassel nicht weit, man könne jeden Abend joggen. Nur: Billig ist die Wohnung nicht. Knapp 1.500 Euro kalt soll sie kosten, für gut 80 Quadratmeter. Und verstößt damit gegen die Mietpreisbremse, die in Düsseldorf gilt. Die besagt, dass die "ortsübliche Vergleichsmiete" um höchstens zehn Prozent überstiegen werden darf. Eigentlich müsste die Wohnung fast 400 Euro weniger kosten.
Die Mietpreisbremse, eingeführt 2015, ist offenbar weitgehend wirkungslos. Denn ein Verstoß hat keine Konsequenzen. Offenbar ignorieren viele Vermieter deshalb die Bremse - und treiben so die Mietpreise weiter nach oben. Angesprochen auf die Mietpreisbremse zuckt der Makler nur mit den Schultern: "Der Preis ist schon normal, wir haben hier noch ganz andere Angebote."
Städte kontrollieren Verstöße nicht
Martin Peters vom Freiburger Portal Mietenmonitor beobachtet die Inserate mithilfe einer speziellen Software. Aus vielen Faktoren errechnet er, ob die verlangte Miete zulässig ist. Und was Peters jeden Tag sieht, erschreckt ihn. Denn es zeigt: Kaum jemanden kümmert die Bremse: "Auch weil die Städte nicht darauf schauen. Es gibt keine Instanz, die das prüft", sagt Peters. Für Düsseldorf hat Mietenmonitor eine Untersuchung gemacht. Ergebnis: Rund ein Viertel der Inserate verstoßen gegen die Mietpreisbremse.
Ein Problem: Viele Mieter wissen nichts von der Bremse. Das hat Felicitas Sommer von der TU München herausgefunden. Sie hat für ein gemeinsames Forschungsprojekt mit der LMU München 10.000 Mieter angeschrieben. Ein weiteres Ergebnis der Studie: Nur 2,4 Prozent der Teilnehmenden rügte den Vermieter. Von denjenigen, die berechtigt gewesen wären, die Mietpreisbremse zu ziehen, hatten rund drei Viertel Bedenken und Angst vor negativen Konsequenzen.
Denn Mieter müssen dafür selbst aktiv werden, zur Not vor Gericht gehen. Davor schrecken viele zurück. Sie antworteten den Forschern, dass sie es nicht mit ihrem Vermieter verscherzen wollten - oder dass sie Angst hätten, dass er das Mietverhältnis beendet. Sommers Fazit: "So wie die Mietpreisbremse aktuell ausgestaltet ist, funktioniert sie nicht und ist damit ein Feigenblatt."
Bauministerin Geywitz will keinen "Babysitter-Nanny-Staat"
Müsste dann nicht der Staat automatisch aktiv werden, um das Gesetz durchzusetzen? Im Bundesbauministerium will man davon nichts wissen. Die Bundesministerin für Bau, Klara Geywitz, sagt, man könne ja vor Gericht gehen, wenn die Gesetze verletzt seien. "Aber wir haben natürlich keinen Babysitter-Nanny-Staat, der sich in Vertragsbeziehungen zwischen zwei Privatpersonen mischt."
Der Deutsche Mieterbund sieht das anders. Präsident Lukas Siebenkotten sagt: "Ich bin auch der Meinung, dass die Menschen sich selbst um ihr Recht kümmern sollten. Aber wenn sie es nicht tun, weil sie Angst oder Sorge haben, dann finde ich, kann durchaus der Staat eingreifen."
Frankfurt und Freiburg kämpfen für Mieter
Tatsächlich gibt es einige Städte, die selbst aktiv werden. Frankfurt etwa: Wenn Bürger überhöhte Mieten anzeigen, geht die Stadt für sie vor Gericht. Hier nutzt man aber nicht die Mietpreisbremse, die ab zehn Prozent über dem Mietspiegel gilt, sondern das Wirtschaftsstrafgesetz. Ab 20 Prozent Erhöhung gilt eine Miete demnach als überhöht. Das kann eine Geldbuße geben. Ab 50 Prozent Überhöhung kann es Mietwucher sein - darauf kann sogar Gefängnis stehen.
Ähnlich in Freiburg: Hier wird die Stadt sogar automatisch für die Bürger aktiv und schreibt Vermieter an, die im Verdacht stehen, die Gesetze zu ignorieren. Auch einen Fall von Mietwucher hat die Stadt bereits zur Anzeige gebracht. Doch das Verfahren wurde am Ende eingestellt. Denn Wucher bedeutet, dass der Vermieter eine Zwangslage des Mieters ausgenutzt hat. Das nachzuweisen, ist im Einzelfall schwierig, auch bei einem angespannten Wohnungsmarkt.