Bei unzulässiger Abgastechnik EuGH stärkt Rechte von Dieselkäufern
Nach einem Urteil des EuGH können Diesel-Besitzer leichter Schadensersatz verlangen, wenn eine unzulässige Abgastechnik verbaut ist. Im konkreten Fall ging es um einen Mercedes-Benz - doch auch anderen Herstellern drohen nun Klagen.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) senkt die Hürden für Schadenersatzklagen von Dieselkäufern bei unzulässiger Abgastechnik. Die Autobauer könnten auch dann haften, wenn sie ohne Betrugsabsicht einfach nur fahrlässig gehandelt hätten, urteilten die Luxemburger Richter in einem Mercedes-Fall.
Das könnte große Auswirkungen auf die deutsche Rechtsprechung haben. Denn beim Bundesgerichtshof (BGH) hatten Klägerinnen und Kläger bisher nur dann eine Chance auf Schadenersatz, wenn sie vom Hersteller bewusst und gewollt auf sittenwidrige Weise getäuscht wurden.
Diese strengen Kriterien waren nur beim VW-Skandalmotor EA189 erfüllt. Dem EuGH genügt nun fahrlässiges Handeln - was sich leichter nachweisen lässt.
Die Richter in Deutschland müssen diese Vorgaben nun umsetzen. Um das EuGH-Urteil abzuwarten, hatten Gerichte aller Instanzen massenhaft Dieselverfahren auf Eis gelegt, bei denen es auf diese Frage ankommt. Allein beim BGH sind im Moment mehr als 1900 Revisionen und Nichtzulassungsbeschwerden anhängig, die deutliche Mehrzahl war wegen des EuGH-Verfahrens erst einmal zurückgestellt worden.
Mercedes muss unter Umständen Schadenersatz leisten
Hintergrund des Verfahrens war eine Schadenersatzklage aus Deutschland gegen Mercedes-Benz wegen eines sogenannten Thermofensters. Thermofenster sind Teil der Motorensteuerung, die bei kühleren Temperaturen die Abgasreinigung drosseln.
Autohersteller argumentieren, das sei notwendig, um den Motor zu schützen. Umweltorganisationen sehen darin hingegen ein Instrument, das dabei hilft, die Emissionen von Autos unter Testbedingungen kleiner erscheinen zu lassen, als sie es im realen Straßenverkehr sind. Der EuGH erachtet diese Thermofenster nur in ganz engen Grenzen als zulässig.
Mercedes-Benz muss dem klagenden Diesel-Besitzer nun unter Umständen Schadenersatz leisten. Der Käufer habe einen Anspruch auf Schadenersatz, wenn ihm durch die Abschalteinrichtung ein Schaden entstanden sei, entschied der EuGH.
Das EU-Recht schütze die Interessen des einzelnen Käufers, antwortete der Gerichtshof in Luxemburg auf Fragen des Landgerichts Ravensburg. Dieses muss über eine Klage gegen Mercedes-Benz wegen des Thermofensters entscheiden. (Az. C-100/21)