Rohstoff- und Lebensmittelpreise Kritik an "Zockerei" auf Agrarmärkten
Weltweit steigen die Preise für Lebensmittel rasant. Spekulanten an den Rohstoffbörsen verschärften die Lage zusätzlich, kritisiert die Organisation Foodwatch - und fordert ein schnelles Gegensteuern der Aufsichtsbehörden.
Die Verbraucherorganisation Foodwatch fordert angesichts angespannter Agrarmärkte infolge des Ukraine-Krieges stärkere Schranken gegen preistreibende Finanzwetten. Angesichts drohender Hungerkrisen in manchen Ländern sei "Zockerei" auf Agrar-Rohstoffpreise unerträglich, sagte Foodwatch-Strategiedirektor Matthias Wolfschmidt. "Es braucht Transparenz darüber, wer über welche Getreidereserven verfügt - nur so kann der Angst vor Knappheit begegnet werden."
Preise stiegen, weil Unternehmen und Regierungen befürchteten, nicht mehr genug Weizen, Sonnenblumenöl oder andere Grundnahrungsmittel kaufen zu können, sagte Wolfschmidt. Finanzspekulanten befeuerten dies zusätzlich, indem sie auf steigende Preise an Rohstoffbörsen wetten. Diese "Spekulationsexzesse" müssten daher verhindert werden, forderte die Verbraucherorganisation.
"Fatale Folgen für Millionen armer Menschen"
Aufsichtsbehörden in der Europäischen Union und den USA fehlten weiterhin wirksame Instrumente, um Spekulation zu begrenzen. Deshalb forderte die Organisation die EU auf, Obergrenzen für Spekulationen festzulegen und so Wetten auf steigende Preise zu beenden. Beispielsweise müsse die EU wirksame Handelsschranken, sogenannte Positionslimits, festlegen. Das sei jedoch bisher am Einfluss der Finanzlobby gescheitert.
"Aus der Krise 2008 wurde offenbar nichts gelernt, was fatale Folgen für Millionen armer Menschen weltweit hat, die von Hunger bedroht sind", so Wolfschmidt. "Die Finanzindustrie ist schon jetzt ein Gewinner des russischen Angriffskrieges."
Weltweit massiv anziehende Preise
Nach Angaben von Foodwatch sind die Lebensmittelpreise sind in den zurückliegenden Wochen weltweit massiv gestiegen. Die Organisation beruft sich auf die Vereinten Nationen, denen zufolge die Preise um 34 Prozent höher liegen als vor einem Jahr und damit auf dem höchsten Stand seit 1990. Foodwatch kritisiert, die Preissteigerungen an den Rohstoffbörsen in Paris und Chicago seien nicht zuletzt erheblichen Versäumnissen der EU-Kommission und der US-Regierung geschuldet.
Der Rechercheverbund Lighthouse Reports hatte am Freitag den ausführlichen Bericht "The Hunger Profiteers" zur Spekulation an den Rohstoffbörsen veröffentlicht. Auch die Vereinten Nationen warnen aktuell vor den Folgen der Finanzwetten. Das World Food Programme der UN benötigt zum Beispiel nach eigenen Angaben etwa 50 Prozent mehr Mittel als 2019.