Inflation in Russland steigt Rubel verliert dramatisch an Wert
Für einen Rubel weniger als ein US-Cent: Die russische Währung sinkt seit Wochen und notiert auf dem tiefsten Stand seit März 2022. Das verteuert die Importe, die Inflation in Russland steigt.
Die russische Währung setzt ihren Sinkflug der vergangenen Wochen fort. Heute stand der Rubel bei 100,7 zum Dollar und bei 110,2 zum Euro. Auf Jahressicht hat er zum Dollar damit rund 25 Prozent verloren. Das ist der niedrigste Stand der Währung seit März 2022 kurz nach dem Beginn des Militäreinsatzes in der Ukraine. Im März des vergangenen Jahres war der Rubel auch auf das Rekordtief von 120 zum Dollar gefallen.
Der schwache Rubel führt dazu, dass sich die Importe verteuern. Das wiederum führt zu steigenden Verbraucherpreisen. Die Teuerungsrate ist im Juli mit 4,3 Prozent über die von der Zentralbank angestrebte Marke von 4,0 Prozent hinausgeschossen. Die Notenbank rechnet damit, dass sie dieses Jahr bei 5,0 bis 6,5 Prozent landen und erst 2024 zum Stabilitätsziel zurückkehren wird. Zum Vergleich: In Deutschland liegt die Inflation im Juli bei 6,2 Prozent.
Russische Zentralbank erhöht Leitzins
Deshalb hatte die russische Zentralbank den Leitzins im Juli von 7,5 Prozent auf 8,5 Prozent erhöht. Laut Alexej Sabotkin, Vizechef der Zentralbank, setzt die wachsende Nachfrage nach Importen gepaart mit der gedämpften Exportentwicklung den Rubel unter Druck.
Um den Rubel zu stärken, hatte die Zentralbank in der vergangenen Woche beschlossen, bis Ende 2023 keine Fremdwährungen mehr anzukaufen. Man wolle so die Schwankungen an den Finanzmärkten verringern, heißt es in einer am vergangenen Mittwoch veröffentlichten Mitteilung. Gleichzeitig wolle man jedoch die Verkäufe von Fremdwährungen fortsetzen, die sich zuletzt auf umgerechnet 2,3 Milliarden Rubel am Tag beliefen.
"Der Kreml will einen starken Rubel"
Zumindest kurzfristig haben diese Maßnahmen die Talfahrt nicht stoppen können. Deshalb wird bereits über eine weitere Leitzinserhöhung im September spekuliert. Die Nachrichtenagentur Interfax meldete heute unter Berufung auf die Zentralbank, eine Anhebung auf der nächsten regulären Sitzung im September sei möglich. Die Wahrscheinlichkeit einer Zins-Anhebung im September sei hoch, hatte auch Vize-Zentralbankchef Sabotkin am vergangenen Freitag gesagt.
Maxim Oreschkin, der Wirtschaftsberater von Präsident Wladimir Putin, betonte in einem Kommentar, der Kreml wolle einen starken Rubel sehen und erwarte eine baldige Normalisierung. Dies gilt als möglicher Fingerzeig, dass die Zentralbank bereits vor ihrer nächsten geplanten Zinssitzung Mitte September aktiv werden sollte. "Die Hauptursache für die Schwächung des Rubel und die Beschleunigung der Inflation ist die lockere Geldpolitik", schrieb Oreschkin.
Ein schwacher Rubel erschwere den Strukturwandel der Wirtschaft und wirke sich negativ auf die Realeinkommen der Bevölkerung aus, so Oreschkin.
Handelsbilanz ist belastet
Die Präsidentin der Notenbank, Elvira Nabiullina, hat für die Rubel-Schwäche dagegen vor allem die Verschlechterung der Außenhandelsbedingungen verantwortlich gemacht. Die von den westlichen Industriestaaten auferlegte Preisobergrenze für Rohöl hat zu einem anhaltenden Rückgang der Exporteinnahmen geführt. Russland verkauft zwar mehr Öl in andere Länder wie China oder Indien, muss dabei aber Abschläge vom Weltmarktpreis hinnehmen. Dies belastet die Handelsbilanz.
Nach einer vorläufigen Schätzung der russischen Zentralbank vom 9. August belaufe sich der Leistungsbilanzüberschuss der russischen Zahlungsbilanz vom Januar bis Juli 2023 auf 25,2 Milliarden US-Dollar. Das ist deutlich niedriger ist als im entsprechenden Zeitraum des Jahres 2022 als der Überschuss den Angaben zufolge noch 165,4 Milliarden Dollar betragen habe.
Russlands Haushaltsdefizit nimmt deutlich zu
Außerdem steigt das russische Haushaltsdefizit, wie die Daten für den Zeitraum Januar bis Juli dieses Jahres zeigen. Das Defizit liege bei 2,82 Billionen Rubel, umgerechnet 29,3 Milliarden Dollar, oder 1,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), hatte das russische Finanzministerium vergangene Woche unter Verweis auf vorläufige Schätzungen mitgeteilt.
Für die ersten sieben Monate des vergangenen Jahres hatte Russland noch einen Haushaltsüberschuss von 557 Milliarden Rubel ausgewiesen. Den vorläufigen Daten zufolge stiegen die Ausgaben um 14 Prozent, während die Einnahmen um 7,9 Prozent schrumpften.
Zwar nahmen die Einnahmen außerhalb des Energiesektors im Zeitraum Januar bis Juli binnen Jahresfrist um 19,8 Prozent zu. Doch die Einkünfte aus Russlands wichtigsten Exportgütern Öl und Gas fielen um 41,4 Prozent. Das Finanzministerium begründete dies mit gesunkenen Rohölpreisen und Erdgas-Exporten, die beide direkt von den Sanktionen des Westens betroffen sind. Dem Ministerium zufolge liegt Russland aber auf Kurs, das Grundziel für die Energieeinnahmen im Gesamtjahr von acht Billionen Rubel zu übertreffen.
Russische Wirtschaft wächst wieder
Unterdessen ist die russische Wirtschaft im Frühjahr nach offiziellen Angaben wieder gewachsen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte danach im zweiten Quartal um 4,9 Prozent zum Vorjahr zu. Zuvor war die russische Wirtschaft vier Quartale in Folge im Jahresvergleich geschrumpft.
Gestützt wird das Wachstum aber vor allem durch die Staatsausgaben. Die Ausgaben für den Krieg gegen die Ukraine wurden erhöht. Dies stützt die Industrieproduktion. Der private Konsum wird durch gestiegene Sozialleistungen und höhere Löhne beflügelt. Gestützt haben die Wachstumsdaten den Rubel aber nicht.