Handelskammer-Umfrage Firmen suchen China-Alternativen
Die Zukunft des China-Geschäfts sorgt in der Wirtschaft für Kontroversen. Während viele Unternehmen es noch ausbauen wollen, sucht eine wachsende Zahl von Firmen laut EU-Handelskammer nach möglichen anderen Standorten.
Der Standort China wird einer Umfrage der EU-Handelskammer zufolge in Teilen der europäischen Wirtschaft zunehmend kritisch gesehen. Neun Prozent der befragten Unternehmen haben sich demnach bereits entschieden, aktuelle oder künftige Investitionen aus China zu verlagern. Fast jedes sechste Unternehmen schaue sich bereits nach möglichen alternativen Standorten um.
Gleichzeitig wollen viele europäische Unternehmen in China bleiben. Nach Angaben der EU-Handelskammer will die Hälfte der Mitglieder ihre Geschäftstätigkeit in China sogar ausweiten.
Durch die strengen Lockdowns in China wurde das Geschäft vieler Firmen auf die Probe gestellt; Produktionsstillegungen und unterbrochene Lieferketten waren die Folge. Laut EU-Handelskammer hat sich schon im vergangenen Jahr knapp jedes vierte Unternehmen wegen der strikten Covid-Auflagen anderweitig umgesehen.
Andere Länder rücken in den Blick
Handelskammer-Präsident Jörg Wuttke sieht eine "klare Entscheidung für das Potenzial anderer Volkswirtschaften". Jene, die sich dieses Jahr schon von China abgewandt hätten, wollten in andere Länder Asiens, nach Europa oder Indien.
Sorgen ausgelöst hatten nach dem Auslaufen der strikten Corona-Auflagen zuletzt Chinas Schulterschluss mit Russland trotz des Ukraine-Kriegs und die Drohungen gegen den Inselstaat Taiwan. Sollte China das Land angreifen, könnte der Schaden für die Weltwirtschaft enorm sein.
Zunehmende Systemrivalität
Politisch gibt es in Europa das Bestreben, die wirtschaftliche Abhängigkeit von China zu verringern. So hatte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock nach ihrem jüngsten Besuch in China gewarnt, im Verhältnis mit China trete die Systemrivalität zunehmend in den Vordergrund.
Dabei ist die deutsche Wirtschaft von in China erwirtschafteten Gewinnen offenbar weniger abhängig als angenommen, wie eine neue Studie zeigt. Aus den Investitionen deutscher Unternehmen in der Volksrepublik flossen zwischen 2017 und 2021 jährlich Gewinne von sieben bis elf Milliarden Euro nach Deutschland zurück, so die am Donnerstag veröffentlichte gemeinsame Untersuchung von Bertelsmann Stiftung, Institut der deutschen Wirtschaft (IW), Mercator Institute for China Studies (Merics) und dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI).
Damit habe China im internationalen Vergleich zwar eine relevante Größenordnung erreicht und liege mit zwölf bis 16 Prozent der Gewinnrückflüsse aus dem gesamten Ausland in etwa gleichauf mit den USA. Der Anteil der EU sei aber mit durchschnittlich 56 Prozent im Betrachtungszeitraum weit höher.