Zypern Schuldenschnitt IWF Neuer Gefahrenherd Zypern
Zypern wird zum neuen Brennpunkt in der Eurokrise. Das Land steht unmittelbar vor der Zahlungsunfähigkeit. Die Verhandlungen über den vor Monaten gestellten Hilfsantrag kommen aber nicht voran. Es gibt Meinungsverschiedenheiten, ob das Land einen Schuldenschnitt braucht.
Von Martin Bohne, MDR-Hörfunkstudio Brüssel
Die Hoffnungen auf ein Abflauen der Eurokrise sind trügerisch. Nachdem sich die Lage beim bisherigen Sorgenkind Nummer eins, Griechenland, fürs Erste zu stabilisieren scheint, rückt nun der südöstliche Vorposten der EU im Mittelmeer in den Brennpunkt des Krisengeschehens. Zypern ist eigentlich schon bankrott. Nur weil in letzter Sekunde mehrere Pensionsfonds ihrer Regierung Geld geborgt haben, konnte in dieser Woche die Zahlungsunfähigkeit noch einmal abgewendet werden.
Und dabei hat Nicosia schon vor einem halben Jahr einen Antrag auf Hilfen aus dem Euro-Rettungschirm gestellt - aber die Verhandlungen ziehen sich hin. Zyperns Präsident Dimitris Christofias ließ daher beim EU-Gipfel vor einer Woche seinem Ärger freien Lauf: "Nein, uns geht es gar nicht gut, wir sind frustriert und enttäuscht."
Der EU gehen die Reformen zu langsam
Aber die Frustration ist durchaus gegenseitig. Die Europartner sind alles andere als begeistert über den zyprischen Reformeifer. Es bleibe noch viel zu tun, so Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble nach der Eurogruppentagung Anfang Dezember: "Alle Beteiligten, insbesondere Zypern selbst, wissen, dass da noch eine Menge geklärt und geleistet werden muss."
17,5 Milliarden Euro an Notkrediten hat die Regierung in Nicosia beantragt. Das sind - gemessen an den anderen Rettungsprogrammen - zwar eher Peanuts, aber die Zahl entspricht immerhin der Höhe der jährlichen Wirtschaftsleistung des drittkleinsten Eurolandes. Und das wiederum ist ein Rekord.
Die Krux mit den obskuren Banken
Das große Problem liegt dennoch woanders, und zwar im Geschäftsmodell Zyperns. Mit Hilfe extrem niedriger Unternehmenssteuern und einer eher laschen Finanzaufsicht zieht die Mittelmeerinsel viel Kapital an - insbesondere aus Russland. Und das kommt Wolfgang Schäuble und seinen Kollegen denn doch ziemlich spanisch vor: "Zypern hat aus Russland relativ hohes Maß an Investitionen. Und gleichzeitig ist in der russischen Investitionsbilanz Zypern der zweitgrößte Auslandsinvestor. Da ist allen Beteiligten klar, dass wir diese Fragen intensiv klären müssen."
Immer wieder wird Zypern nämlich mit Geldwäsche in Verbindung gebracht. Deshalb verlangen die Euro-Finanzminister von der zyprischen Regierung als Voraussetzung für die Hilfen die Herstellung der vollen Finanztransparenz und eine volle Kooperation in Steuerfragen. Und eine drastische Abmagerungskur für den völlig überdimensionierten und kranken zyprischen Bankensektor. Und da stellt sich für den deutschen Finanzminister auch die Frage, "wer die Gläubiger sind und wie die Gläubiger an den Kosten der Sanierung des zypriotischen Bankensystems beteiligt werden können."
IWF will offenbar Schuldenschnitt
Offenbar wächst sich die Frage der privaten Gläubigerbeteiligung aber nun zum Dilemma aus. Denn nach Medieninformationen will der Internationale Währungsfonds einen Schuldenerlass zur Voraussetzung für eine Beteiligung am Hilfspaket für Zypern machen. Aber die Eurostaaten haben hoch und heilig versprochen, dass es nach dem Schuldenschnitt für Griechenland keine weitere Aktion dieser Art mehr geben werde. Bricht man dieses Versprechen, ist das mühsam zurückeroberte Vertrauen der Finanzmärkte in die Eurozone wieder gefährdet. Ohne den IWF im Boot zu haben, wollen aber Deutschland und andere Staaten kein Hilfspaket schnüren.
Und so dürfte es für die Euro-Krisenmanager auch diesmal keine richtige Weihnachtspause geben. Denn beim nächsten Treffen der Euro-Finanzminister Mitte Januar muss eine Entscheidung über das Rettungsprogramm fallen. Sonst hat die Eurozone im Februar doch den ersten Pleitefall.