Klimawandel Licht und Schatten im Klimaschutz-Index
Der Climate Change Performance Index verfolgt die Anstrengungen der Länder im Kampf gegen den Klimawandel. Er soll auch einen Vergleich zwischen den Ländern ermöglichen. Der aktuelle Index wurde auf der COP28 vorgestellt.
Obwohl die Staatengemeinschaft immer mehr Energie aus Sonne, Wind und Wasser gewinnt, kommt sie ihren Zielen beim Klimaschutz kaum näher. Das bestätigt der Klimaschutz-Index, den die Entwicklungsorganisation Germanwatch und das NewClimateInstitute in Dubai vorgestellt haben. Demnach gibt der weltweite Boom von erneuerbaren Energien, Wärmepumpen und Elektroautos zwar Anlass zur Hoffnung. Im vergangenen Jahr wurde in diesen Bereichen so viel investiert wie nie zuvor.
Das reicht nach Angaben von Germanwatch aber nicht, um die klimaschädlichen Energieträger Kohle, Öl und Gas abzulösen. Außerdem ist die Klimapolitik der meisten Länder nicht konsequent genug, um die Vorgaben der Vereinbarung von Paris zu erfüllen, sagt Studien-Mitautorin Thea Uhlich von Germanwatch.
Das zeige, so Uhlich, "dass wir noch ganz schön viel zu tun haben und dass die Regierungen, obwohl sie das Thema Klimapolitik auf der Agenda haben, noch viel stärker und noch mehr Maßnahmen umsetzen müssen damit wir bis 2030 die Emissionen halbiert bekommen."
Vergleich von 60 Staaten
Die Untersuchung vergleicht Emissionen und klimapolitische Ziele von gut 60 Staaten und der EU. Die ersten drei Plätze bleiben auch diesmal leer, weil kein Land auf dem Weg ist, die Erderwärmung bei 1,5 Grad zu halten, wie in Paris vereinbart. Ganz oben steht Dänemark auf Platz 4, danach folgen Estland, das bei erneuerbaren Energien gut abschneidet, und die Philippinen. Dort wurden wenig klimaschädliche Treibhausgase ausgestoßen und wenig Energie verbraucht.
Deutschland hat sich um zwei Plätze verbessert und liegt jetzt an 14. Stelle. Germanwatch-Experte Jan Burck sieht Licht und Schatten: erneuerbare Energien würden wieder ausgebaut, erheblichen Nachholbedarf gebe es bei Heizung und Dämmung sowie im Verkehr. "Beim Verkehrsbereich sehen wir sogar eine Verschlechterung, weil das Klimaschutzgesetz aufgeweicht wurde, in dem die Ziele nur insgesamt erreicht werden müssen und nicht mehr pro Sektor. Das ist sogar schlechter geworden", so Burck. Dies werde aufgefangen durch deutlich bessere Ziele, die sich Deutschland gesetzt habe. Jetzt sei abzuwarten, ob die Ziele auch erreicht werden.
Deutschland "mittelmäßig"
Deutschland schneidet unterm Strich in allen Kategorien mit der Bewertung "mittelmäßig" ab und ist unter den EU-Staaten damit Sechster. Italien und Großbritannien, das lange Vorreiter war, stürzen gleich um mehrere Plätze ab. Die Begründung: Der neue britische Premier Rishi Sunak habe die Klimapolitik stark zurückgefahren. Außerdem wolle London eine Kohlemine eröffnen und die Öl- und Gasförderung ausbauen.
Die EU als Ganzes hat sich etwas verbessert und rangiert knapp in "gut". Das liegt vor allem am "Fit for 55"-Paket, das vorsieht, den Ausstoß von Treibhausgasen in der Gemeinschaft bis 2030 um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken. Germanwatch bemängelt aber, dass das Klimaziel für 2030 zu niedrig angesetzt sei und die EU große Defizite habe, ihren Energieverbrauch zu drosseln. EU-Schlusslicht ist wieder Polen.
Brasilien macht am meisten Fortschritte
Zu den größten Aufsteigern zählt Brasilien, das sich um 15 Ränge verbessert und jetzt auf Platz 23 liegt. Damit würdigt Germanwatch den Schwenk von Präsident Lula da Silva hin zu ehrgeizigeren Politikzielen - er will unter anderem schrittweise die Abholzung des Amazonas-Regenwaldes stoppen, baut allerdings auch die Produktion von Kohle, Öl und Gas aus.
China Klimasünder und Vorreiter zugleich
Der weltgrößte Klimasünder China schneidet bei Emissionen und Energieverbrauch sehr schwach ab, weil es viel Kohle verbrennt, und liegt auf Platz 51. Bei den Erneuerbaren Energien gehört China allerdings zur Spitzengruppe: Das Land übertrifft seine selbst gesetzten Ziele beim Ausbau von Wind- und Sonnenenergie sowie beim Verkauf von E-Autos auf dem heimischen Markt.
Jan Burck von Germanwatch meint, China zeige eine gemischte Performance. "Wir haben weiterhin große Probleme bei Emissionen und Energieverbrauch, das ist zu hoch. Was Hoffnung macht, ist der radikale und massive Ausbau von erneuerbaren Energien. Da ist China wirklich Vorreiter und baut so viel zu wie alle anderen Länder zusammen."
Nach Ansicht der Germanwatch-Experten könnte China im kommenden Jahr den Höhepunkt bei der Kohlenutzung erreichen und danach die Nutzung fossiler Energien schrittweise herunterfahren. Auch der weltweit zweitgrößte CO2-Emittent, die USA, stehen bei Emissionen und Energieverbrauch schlecht da. Die Fachleute loben aber die Wirkung des Programms "Inflation Reduction Act" (IRA) der US-Regierung. Das habe zu mehr Investitionen in Erneuerbare Energien und Energieeffizienz geführt.
Indien mit niedrigen Pro-Kopf-Emissionen
Indien steht an dritter Stelle, was die weltweiten Emissionen betrifft. Im Index rangiert es trotzdem weit oben auf Rang 7, weil es sehr niedrige Pro-Kopf-Emissionen aufweist, die erneuerbaren Energien stark ausbaut und sich ambitionierte Ziele setzt.
Der Gastgeber des Weltklimagipfels, die Vereinigten Arabischen Emirate, liegt im Ranking ganz hinten zusammen mit Iran und Saudi-Arabien. Das Ölland hat den höchsten Pro-Kopf-Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase und bringt den Ausbau erneuerbarer Energien kaum voran.
Der Index vergleicht 63 Länder, die zusammen für mehr als 90 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich sind. In die Rangliste fließen Emissionen (zu 40 Prozent) und zu jeweils 20 Prozent der Ausbau erneuerbarer Energien, Energieverbrauch und die Klimapolitik der Regierungen ein. Die Untersuchung stützt sich unter anderem auf Zahlen der Internationalen Energieagentur (IEA) und der Welternährungsorganisation (FAO) sowie auf Interviews mit Expertinnen und Experten in den untersuchten Staaten.