Nach Militärputsch in Niger USA ziehen Teile des Botschaftspersonals ab
Angesichts des Militärputsches in Niger ziehen die USA und Großbritannien Regierungsmitarbeiter aus dem Land ab. Der Druck auf die Junta nimmt weiter zu - auch durch Nachbarstaaten. Die Weltbank stellt Zahlungen ein.
Die USA haben angekündigt, Teile ihres Botschaftspersonals aus Niger auszufliegen und reagieren damit auf die sich verschärfende Lage in dem westafrikanischen Land. In einer Erklärung hieß es, das US-Außenministerium habe die Ausreise nicht wesentlicher Regierungsangestellter und ihrer Familien angeordnet.
Demnach reduziert die US-Botschaft in der nigrischen Hauptstadt Niamey vorübergehend ihr Personal und stellt routinemäßige Dienstleistungen ein. Die US-Vertretung sei nur noch in der Lage, ihren Staatsbürgern in Niger in Notfällen zu helfen, hieß es.
Blinken versichert Bazoum Unterstützung
US-Außenminister Antony Blinken erklärte, er habe innerhalb von zwei Tagen zwei Mal mit dem gestürzten Präsidenten Mohamed Bazoum gesprochen und ihm versichert, dass seine Sicherheit und die seiner Familie "an erster Stelle" stünden.
Die USA hatten den Putsch zwar scharf verurteilt, US-Bürger wurden aber lediglich vor Reisen in das westafrikanische Land gewarnt. Anders als mehrere europäische Länder haben die USA bisher keine Evakuierungen angeordnet.
Großbritannien zieht Botschaftspersonal ab
Auch Großbritannien zieht einen Teil seines Botschaftspersonals aus dem Niger ab. Die britische Botschaft in der Hauptstadt Niamey werde aufgrund der Sicherheitslage vorübergehend ihr Personal verringern, teilte das Außenministerium in London mit.
In dem westafrikanischen Land habe "eine militärische Machtübernahme stattgefunden, die zu Protesten und Unruhen geführt hat", hieß es in den am Donnerstagmorgen aktualisierten Reisehinweisen für den Niger. Das Außenministerium verwies in diesem Zusammenhang zudem auf mögliche "gewalttätige Proteste" und "eine Situation, die sich ohne Vorwarnung schnell ändern" könne.
Evakuierungen dauern an
Am Mittwoch hatten mehrere Länder mit der Evakuierung ihrer Staatsbürger begonnen. Auch die ersten Deutschen konnten an Bord französischer Maschinen das westafrikanische Land verlassen. Frankreich brachte mit vier Evakuierungsflügen bereits 992 Personen in Sicherheit, wie Außenministerin Catherine Colonna am späten Mittwochabend auf Twitter schrieb.
Geplant sei noch ein fünfter und letzter Flug am Donnerstag. Mit den Evakuierungsflügen Frankreichs sind bislang mehr als 40 Deutsche aus dem Land ausgereist. In Niger halten sich knapp 100 deutsche Zivilisten auf.
Weltbank stellt Zahlungen ein
Insgesamt nimmt der Druck auf die Junta zu. Nach Deutschland, der EU und anderen internationalen Partnern hat auch die Weltbank ihre Zahlungen an Niger eingestellt. Die Bank habe die Auszahlungen für alle ihre Tätigkeiten bis auf Weiteres ausgesetzt, hieß es in der Erklärung. Ausnahme seien Partnerschaften mit dem Privatsektor, die mit Vorsicht fortgesetzt würden.
Die UN-Organisation hatte im vergangen Jahr 1,5 Milliarden Dollar - umgerechnet 1,37 Milliarden Euro - und im laufenden Jahr bisher 730 Millionen Dollar für Projekte ausgezahlt. Niger mit seinen rund 26 Millionen Einwohnern ist eines der ärmsten Länder der Welt.
Der Internationale Währungsfonds (IWF), dessen Hilfsprogramme an regelmäßig überprüfte Bedingungen geknüpft sind, hat seine Zahlungen bisher nicht eingestellt. Die UN-Sonderorganisation sei aber beunruhigt von den Ereignissen in Niger und verfolge die Lage aufmerksam, erklärte ein IWF-Sprecher gegenüber der Nachrichtenagentur AFP.
ECOWAS-Ultimatum bis Sonntag
Auch die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) erhöhte den Druck auf die Militärregierung im Niger. Die Militärchefs des Bündnisses betonten, ein militärisches Eingreifen werde weiter als "letzte Option" in Betracht gezogen.
Die ECOWAS-Staaten hatten eine Wirtschaftsblockade gegen den Niger angeordnet und gefordert, den gestürzten Präsidenten innerhalb von sieben Tagen wieder einzusetzen. Dieses Ultimatum läuft am Sonntag aus.
"Einmischung ist nicht akzeptabel"
In einer Fernsehansprache reagierte der neue Machthaber Nigers, General Abdourahamane Tiani, auf die ECOWAS-Sanktionen. Die Junta lehne diese entschieden ab. "Wir lassen uns nicht einschüchtern. Wir weigern uns, den Drohungen nachzugeben - egal, woher sie kommen." Eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten Nigers sei nicht akzeptabel. Die Sanktionen seien zynisch, ungerecht und darauf ausgerichtet, die Verteidigungs- und Sicherheitskräfte sowie das Land zu "demütigen" und "unregierbar" zu machen, sagte der General.
Seine Landsleute rief er zudem auf, sich auf eine Verteidigung des Landes vorzubereiten. Zugleich versprach Tiani, die Bedingungen für einen friedlichen Übergang für Wahlen zu schaffen.
Unterstützung von Mali und Burkina Faso
Rückhalt haben die Putschisten unter anderem von den Machthabern in Mali und Burkina Faso. Die Militärregierungen der Länder hatten mitgeteilt, "jegliche Militärintervention gegen den Niger wird als Kriegserklärung gegen Burkina Faso und Mali betrachtet". Ein militärisches Eingreifen könnte katastrophale Folgen haben, die die gesamte Region destabilisieren könnten.
In Niger hatten Offiziere der Präsidialgarde in der vergangenen Woche den demokratisch gewählten Präsidenten Bazoum festgesetzt und für entmachtet erklärt. Der Kommandeur der Eliteeinheit, Tiani, ernannte sich im Anschluss selbst zum neuen Machthaber. Kurz nach Tianis Machtübernahme setzten die Putschisten die Verfassung außer Kraft und lösten alle verfassungsmäßigen Institutionen auf.
Nach Militärputschen in Mali und Burkina Faso seit 2020 war der Niger das letzte der drei Nachbarländer in der Sahelzone, das von einer demokratisch gewählten Regierung geführt wurde.