US-Bundesstaat Arizona Gericht erlaubt Abtreibungsverbot von 1864
Selbst in Fällen von Vergewaltigung oder Inzest sollen Abtreibungen in Arizona künftig strafbar sein: Der Oberste Gerichtshof des US-Bundesstaats erklärte ein Verbot von 1864 wieder für gültig. US-Präsident Biden übte scharfe Kritik.
In Arizona könnte schon bald ein 160 Jahre altes Abtreibungsverbot mit extrem strengen Vorschriften wieder in Kraft treten. Das Oberste Gericht des US-Bundesstaats entschied, dass ein Gesetz von 1864 Anwendung finden dürfe, wonach Schwangerschaftsabbrüche selbst in Fällen von Vergewaltigung oder Inzest untersagt sind. Ausnahmen gelten nur, sollte das Leben der betroffenen Frau in Gefahr sein.
Inwieweit das Gesetz vollstreckt werden wird, ist allerdings unklar. So setzten die Richterinnen und Richter zunächst eine 14-tägige Frist, um möglicherweise noch offene verfassungsrechtliche Fragen vor einer unteren Instanz klären zu lassen. Innerhalb dieser Zeitspanne tritt das Gesetz erst einmal nicht in Kraft. Wegen einer separat laufenden Klage könnte diese Zeitspanne dann noch einmal um weitere 45 Tage verlängert werden.
Generalstaatsanwältin will Gesetz nicht vollstrecken
Zudem kündigte die Generalstaatsanwältin von Arizona an, das Gesetz nicht vollstrecken zu wollen. "Ich sage deutlich: Solange ich Generalstaatsanwältin bin, wird in diesem Bundesstaat keine Frau oder kein Arzt wegen dieses drakonischen Gesetzes strafrechtlich verfolgt", teilte die in ihr Amt gewählte Demokratin Kris Mayes mit.
Strafverfolgungsbehörden auf lokaler Ebene würde dies aber nicht unbedingt davon abhalten, dem Gesetz Folge zu leisten, hieß es in US-Medien. Abtreibungsbefürworter warnten davor, dass allein diese Unsicherheit schon zu einem stark eingeschränkten Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen in dem Bundesstaat führen werde. Demnach würden Kliniken die Prozedur aus Angst vor strafrechtlicher Verfolgung schlichtweg nicht mehr durchführen. Bereits jetzt ist Abtreibung in Arizona ab der 15. Schwangerschaftswoche verboten, es sei denn, das Leben der Mutter ist in Gefahr.
Lange Haftstrafen drohen
Das Verbot aus dem 19. Jahrhundert kriminalisiert nicht direkt die Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch wünschen, sondern Personen, die ihnen dabei helfen. So könnte etwa ein Arzt oder eine Ärztin zu einer Haftstrafe von bis zu fünf Jahren verurteilt werden. Zwar war das Gesetz 1973 mit dem landesweit verfassungsmäßig geschützten Recht auf Abtreibung in den USA ungültig geworden, es wurde aber nie wirklich abgeschafft. Rund 50 Jahre später - im Juni 2022 - kippte der Supreme Court dann das wichtige Grundsatzurteil zum landesweiten Abtreibungsrecht. Seitdem liegt die Hoheit über die Gesetzgebung wieder bei den einzelnen Bundesstaaten. Es ist ein rechtlicher Flickenteppich entstanden.
Wichtiges Wahlkampfthema
Das Recht auf Abtreibung ist ein wichtiges Wahlkampfthema vor der Präsidentschafts- und Kongresswahl im November. Der demokratische Präsidentschaftsbewerber und Amtsinhaber Joe Biden verurteilte das Urteil umgehend. Er warf den Republikanern vor, "den Frauen die Freiheit wegnehmen" zu wollen. Eine Stellungnahme des republikanischen Bewerbers Donald Trump gibt es bislang nicht. Trump hatte kürzlich für Unmut unter Erzkonservativen gesorgt mit der Weigerung, sich für den Fall eines Wahlsiegs zu einem nationalen Abtreibungsverbot zu bekennen.