Sturm auf Kongress in Brasilien 1200 Bolsonaro-Anhänger festgenommen
Nach dem Sturm auf Regierungsgebäude in Brasilia sind etwa 1200 Anhänger des ehemaligen Präsidenten Bolsonaro festgenommen worden. Der Gouverneur des Bundesbezirks rund um die Hauptstadt wurde suspendiert.
Nach dem Sturm radikaler Anhänger des brasilianischen Ex-Präsidenten Jair Bolsonaro auf das Regierungsviertel in Brasília sind etwa 1200 Unterstützer des früheren rechtsextremen Staatschefs vorläufig festgenommen worden.
Sicherheitskräfte räumten ein Camp der Bolsonaro-Anhänger vor dem Hauptquartier der Streitkräfte in der brasilianischen Hauptstadt und setzten die Aktivisten vorübergehend fest, wie das Nachrichtenportal G1 berichtete. Sie wurden in etwa 40 Bussen zum Sitz der Bundespolizei gebracht, wie im Fernsehen zu sehen war. Der Oberste Gerichtshof hatte zuvor angeordnet, das Lager innerhalb von 24 Stunden zu räumen.
Am Sonntag hatten aufgebrachte Bolsonaro-Anhänger den Kongress, den Obersten Gerichtshof und den Regierungssitz Palácio do Planalto gestürmt und in den Gebäuden erhebliche Schäden angerichtet. Erst nach Stunden brachten die Sicherheitskräfte die Lage wieder unter Kontrolle. Die Demonstranten hatten sich zuvor an dem Zeltlager vor dem Militärhauptquartier gesammelt und waren dann in das Regierungsviertel gezogen.
Lula spricht von "faschistischen Vandalen"
Heute machte sich Bolsonaros Nachfolger Luiz Inácio Lula da Silva vor Ort ein Bild von der Lage und begutachtete die Schäden. Auf Bildern des Fernsehsenders TV Globo war Lula im Gespräch mit Richtern vor dem Obersten Gerichtshofs zu sehen. Der Oberste Gerichtshof war ebenso wie der Kongress und der Präsidentenpalast angegriffen worden.
Die Schäden an Kongressgebäude, Präsidentenpalast und Oberstem Gericht scheinen beträchtlich zu sein. Die Gebäude gelten als Ikonen der modernen Architektur, in ihnen befinden sich zahlreiche Kunstwerke. Unter anderem war auf in Online-Netzwerken veröffentlichten Fotos zu sehen, dass ein im Präsidentenpalast ausgestelltes Gemälde des Künstlers Emiliano Cavalcanti mehrere Löcher aufwies.
Präsident Lula, der sich zum Zeitpunkt des Angriffs in der 2022 bei Überschwemmungen verwüsteten südöstlichen Stadt Araraquara aufhielt, nannte den Angriff "beispiellos in der Geschichte Brasiliens". Die Geldgeber hinter den Protesten würden für die "unverantwortlichen und undemokratischen Handlungen bezahlen". Die Angreifer nannte er "faschistische Vandalen".
Gouverneur des Bundesbezirks suspendiert
Als Reaktion auf die Ausschreitungen wurde am Montag der Gouverneur des Bundesbezirks rund um die Hauptstadt vorübergehend seines Amtes enthoben worden. Ibaneis Rocha werde zunächst für 90 Tage suspendiert, ordnete der Oberste Gerichtshof an.
Trotz deutlicher Hinweise auf gewalttätige Aktionen habe der Gouverneur nichts unternommen, um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten, sagte Richter Alexandre de Moraes. "Die Amtsenthebung ist daher vernünftig, angemessen und verhältnismäßig, um die öffentliche Ordnung zu gewährleisten und die wiederholte kriminelle Praxis zu beenden." Zuvor hatte Gouverneur Rocha bereits um Entschuldigung gebeten und seinen Sicherheitschef, Bolsonaros ehemaligen Justizminister Anderson Torres, entlassen.
Im Fernsehen war zu sehen, wie Polizisten die Bolsonaro-Anhänger vor dem Angriff ins Regierungsviertel eskortierten und sich dabei mit Handys filmten. Als der Mob schließlich den Kongress stürmte, stellten sich ihm nur wenige Beamte entgegen, die schnell zurückgedrängt wurden.
Meta löscht Kommentare zur Unterstützung der Krawalle
Der US-Konzern Meta kündigte inzwischen an, dass im Nachklang der Attacke Kommentare zur Unterstützung des Angriffs in seinen sozialen Netzwerken wie Facebook und Instagram gelöscht werden. "Wir werten das als gewalttätiges Ereignis und werden Inhalte löschen, die diese Aktion unterstützen oder loben", bestätigte ein Sprecher der Deutschen Presse-Agentur.
Zuvor hatte der Oberste Gerichtshof die Löschung von Kanälen angeordnet, die die Krawalle organisiert oder unterstützt haben sollen. Richter Alexandre de Moraes verlangte die Sperrung von 17 Konten auf den Plattformen Facebook, Instagram, TikTok und Twitter. Zumindest einige Accounts waren aber auch am Montag noch aktiv.
Ersten Ermittlungen zufolge hatten die sozialen Netzwerke bei der Organisation des Angriffs auf das Regierungsviertel eine wichtige Rolle gespielt.
Auch Bolsonaro selbst verurteilte Angriff
Neben scharfer internationaler Kritik an den Krawallen verurteilte auch Bolsonaro selbst den Angriff. "Öffentliche Gebäude zu plündern und in sie einzudringen, wie heute geschehen", verstoße gegen die "Regel für friedliche Demonstrationen", schrieb er auf Twitter. Er selbst wehre sich gegen die "unbelegten Vorwürfe" Lulas. Dieser wirft Bolsonaro vor, die Angreifer "ermutigt" zu haben.
Bolsonaro hatte Brasilien zwei Tage vor dem Ende seiner Amtszeit verlassen und hält sich seither im US-Bundesstaat Florida auf. Lula, der seit Jahren als Idol der lateinamerikanischen Linken gilt, hatte sich am 30. Oktober in der Stichwahl um das Präsidentenamt mit hauchdünnem Vorsprung gegen Bolsonaro durchgesetzt. Bolsonaro und seine Anhänger erkennen den Wahlsieg Lulas nicht an.