Entwurf für Abschlusserklärung Weg der Ukraine in die NATO "unumkehrbar"
In der geplanten Abschlusserklärung ihres Gipfels sichert die NATO erneut Milliardenhilfen für die Ukraine zu. Die Lieferung weiterer F-16-Kampfjets ist bereits angelaufen. Auch die Zukunft der Ukraine als Bündnismitglied soll untermauert werden.
Die NATO sieht die Ukraine als potenzielles künftiges Mitglied. Das will das Bündnis in der Abschlusserklärung des Gipfels in den USA ausdrücklich festschreiben. Doch eine formelle Einladung für einen Beitritt werden die Mitglieder wohl trotzdem nicht aussprechen.
Beschlossen werden soll die Abschlusserklärung erst am Donnerstag. Doch schon jetzt ist klar: In dem Text werden der Ukraine für ihren Verteidigungskampf gegen Russland weitere Hilfen zugesichert - im Umfang von 40 Milliarden Euro. Und es soll weiterhin festgehalten werden, dass sich die Ukraine auf einem "unumkehrbaren Weg" befinde - hin "zur vollständigen Euro-Atlantischen Integration, einschließlich der NATO-Mitgliedschaft".
Formelle Einladung bleibt Streitthema
Der erste Schritt für die Ukraine hinein in die NATO wäre eine formelle Einladung, in das Bündnis einzutreten. Und der müssten alle Mitgliedsstaaten zustimmen. Bislang ist das aber ein Streitthema innerhalb des Bündnisses. Auch die USA und Deutschland lehnen es derzeit ab, die formelle Einladung auszusprechen. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte hierfür wiederholt das Ende des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine zur Voraussetzung gemacht. Mit der Begründung, so eine weitere Eskalation mit Russland zu vermeiden. Schon vor Kriegsbeginn hatte Russland eine mögliche Osterweiterung des NATO-Territoriums als akute Bedrohung für den eigenen Staat abgelehnt. Immerhin hatten sich die NATO-Staaten bereits 2008 im Grundsatz darauf geeinigt, dass die Ukraine in Zukunft in das Bündnis aufgenommen werden soll.
Andere NATO-Staaten argumentieren, eine formelle Einladung wäre ein weiteres Zeichen des starken Rückhalts für die Ukraine. Russland müsse klar und deutlich aufgezeigt werden, dass es die Aufnahme der Ukraine in die NATO nicht werde verhindern können.
Der Kompromiss zwischen den beiden Lagern wird im Entwurf der Abschlusserklärung mit dem Ziel festgeschrieben, eine formelle Einladung solle dann ausgesprochen werden, "wenn die Verbündeten sich einig und Voraussetzungen erfüllt sind".
Scholz: Klarheit für die Ukraine schaffen
Kurz bevor der Entwurf für die Abschlusserklärung bekannt wurde, hatte bereits Kanzler Scholz zugesichert, "dass mit den Beschlüssen, die wir in Bezug auf die Perspektiven der Ukraine hier fassen, auch für die Ukraine das Maß an Klarheit entsteht", auf welches das Land setzen können müsse.
Er gehe vom Gipfel als "einen großen Erfolg" aus und dass von ihm in Bezug auf den Rückhalt für die Ukraine "ein Zeichen der Geschlossenheit" ausgehen werde.
Dänemark und Niederlande liefern F-16-Kampfflugzeuge
Beim Punkt der militärischen Unterstützung konnte US-Außenminister Antony Blinken noch vor Abschluss des Gipfels bekannt geben, dass weitere Kampfjets des Typs F-16 auf dem Weg in die Ukraine seien. Geliefert werden sie von Dänemark und den Niederlanden.
"Während wir hier miteinander sprechen, läuft die Verlegung von F-16-Flugzeugen", sagte Blinken. Noch in diesem Sommer würden sie "am Himmel über der Ukraine" im Einsatz sein können. Wie viele Kampfjets die Ukraine von den beiden EU-Staaten erhalten soll, ließ Blinken offen. "Aus Sicherheitsgründen können wir zum jetzigen Zeitpunkt keine weiteren Einzelheiten bekanntgeben", sagte er.
In einer gemeinsamen Erklärung betonten die USA, Dänemark und die Niederlande jedoch, sie seien "entschlossen, die Luftstreitkräfte der Ukraine weiter auszubauen". Dazu gehörten "auch Staffeln moderner F-16-Mehrzweckflugzeuge der vierten Generation". Die Koalition unterstütze die Instandhaltung und Bewaffnung dieser Flugzeuge und fördere die Ausbildung der Piloten.
Selenskyj: "Brauchen mindestens 128 Kampfjets"
Dänemark und die Niederlande hatten schon vor rund einem Jahr angekündigt, die Kampfjets aus amerikanischer Produktion an die Ukraine liefern zu wollen. Im Mai des vergangenen Jahres hatten die USA zugestimmt, dass andere Länder die Kampfflugzeuge dieses Typs für die Ukraine bereitstellen dürfen.
Doch die eigentliche Auslieferung hatte sich immer weiter verzögert. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj drängt seit Längerem, dass die Streitkräfte seines Landes auf die Lieferung von F-16-Kampfjets angewiesen seien. Vor Beginn des Gipfels hatte er in einer Rede vor der Ronald-Reagan-Stiftung abermals gemahnt, das ukrainische Militär brauche mindestens 128 Kampfflugzeuge dieser Art im Verteidigungskampf gegen Russland. Die russische Armee könne täglich 300 Flugzeuge einsetzen, um die Ukraine anzugreifen. Beim Kurznachrichtendienst X dankte Selenskyj den USA, den Niederlanden und Dänemark für die praktische Unterstützung für sein Land.
Auch Belgien und Norwegen haben angekündigt, F-16-Kampfjets in die Ukraine liefern zu wollen. Vom norwegischen Ministerpräsidenten Jonas Gahr Støre hieß es, die ukrainischen Streitkräfte sollten von Norwegen insgesamt sechs Flugzeuge des Typs erhalten. Wann genau die Lieferung erfolgen soll, sagte der Regierungschef nicht. Das Ziel sei es, noch in diesem Jahr mit der Auslieferung zu beginnen.
Deutschland setzt auf "Patriot"-Lieferung anderer NATO-Mitglieder
Schon zum Auftakt des Gipfels in Washington D.C. hatte US-Präsident Joe Biden den Fokus auf die Unterstützung für die Ukraine gelegt. Zusammen mit Deutschland, Rumänien, den Niederlanden und Italien wolle man "zusätzliche strategische Luftverteidigungssysteme zur Verfügung stellen, darunter zusätzliche 'Patriot'-Batterien, die von den Vereinigten Staaten, Deutschland und Rumänien gespendet wurden."
Aus Deutschland hat die Ukraine bisher drei "Patriot"-Flugabwehrsysteme erhalten - mehr sollen aus der Bundesrepublik vorerst nicht folgen. Stattdessen setzt die Bundesregierung nun darauf, dass andere NATO-Staaten die Systeme an die Ukraine liefern werden. "Deutschland hat einen großen Schritt gemacht, das anzuregen, andere davon zu überzeugen, dass das notwendig ist", sagte Scholz am Rande des Gipfels. Bei einem gemeinsamen Treffen dankte Selenskyj Scholz für die erhaltene Ausrüstung für die Luftverteidigung.