Steinmeier und Lemke in Brasilien Charmeoffensive bei Lula
Unter Bolsonaro war Deutschlands Beziehung zu Brasilien schwierig. Nun, da Lula im Amt ist, versuchen der Bundespräsident und die Umweltministerin einen Neustart. Im Fokus: der Schutz des Regenwalds.
Am Anfang ist alles etwas chaotisch. Mehrmals wird der Abflug aus Berlin um einige Stunden verschoben. Der Grund: Bis zuletzt ist nicht klar, ob das Treffen von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit dem gewählten Präsidenten Brasiliens, Lula da Silva, noch einen Tag vor der Amtseinführung stattfinden kann, oder ob der Bundespräsident erst am folgenden Tag mit Lula sprechen wird.
Am Ende klappt der Termin noch im alten Jahr. Eine Stunde kann Steinmeier mit Lula als einer von wenigen schon vor der Amtseinführung sprechen.
Neustart in den Beziehungen
Deutschland startet eine Charmeoffensive. Nach schwierigen Jahren während der Bolsonaro-Präsidentschaft will die Bundesregierung einen Neustart der bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und der größten Volkswirtschaft Südamerikas.
Brasilien sei ein wichtiger Partner im Kampf gegen den Klimawandel. Deutschland habe großes Interesse daran, dass Lula erfolgreich sei, zum Beispiel in seinem Kampf gegen illegale und - noch - legale Abholzungen im Amazonas-Regenwald.
Lemke will Allianz zur Regenwaldrettung
Auf Einladung des Bundespräsidenten ist auch Umweltministerin Steffi Lemke bei der Reise dabei. Während Steinmeier Lula trifft, hat Lemke einen Gesprächstermin mit der designierten brasilianischen Umweltministerin Marina Silva. Der Termin soll eigentlich eine halbe Stunde dauern, doch die beiden Frauen haben sich offenbar viel zu sagen: Erst nach 90 Minuten gehen sie wieder auseinander.
Am Sonntag sagt Lemke, man wolle eine neue Allianz in der Zusammenarbeit mit Brasilien für die Rettung des Regenwaldes. Sie sei fest davon überzeugt, dass die neue Regierung hierfür ein "wirklich guter Partner" sein werde.
Zahlungen für Amazonienfonds
Deutschland geht schon vor dem Start der neuen Regierung in Vorleistung. Die Bundesrepublik unterstützt wieder den sogenannten Amazonienfonds. Dieser soll nachhaltige Projekte fördern. 2019 hatte Deutschland seine Zahlungen eingestellt, weil die damalige Regierung laut deutschen Quellen Abmachungen nicht eingehalten hatte. Jetzt werden die 35 Millionen US-Dollar des deutschen Beitrags wieder freigegeben.
Die Bundesumweltministerin ließ am Sonntag auch durchblicken, dass die Rettung des Regenwaldes nicht am internationalen Geld scheitern werde. Erstmal ist aber eh Geld genug da. Jetzt geht es darum, dieses auch sinnvoll einzusetzen.
Naturschutz und Klimawandel im Vordergrund
Der brasilianische Präsident will den Schutz des Amazonasgebietes und den Kampf gegen den Klimawandel in den Vordergrund seiner künftigen Regierungsarbeit stellen. Auf der Klimakonferenz im November hatte Lula gesagt, es gebe keine Klimasicherheit in der Welt ohne ein geschütztes Amazonasgebiet.
Auch in seiner Antrittsrede am Sonntag erwähnte der Präsident den brasilianischen Regenwald. Bei der Übergabe der Präsidentenschärpe hatte er erstmals auch einen Vertreter der indigenen Völker dabei. Sie sind untrennbar mit dem Amazonas-Regenwald verbunden.
Schutz des Amazonas wird Mammutaufgabe
Das brasilianische Amazonasgebiet gilt als wichtiger CO2-Speicher. Es erstreckt sich über neun brasilianische Bundesstaaten. Flächenmäßig hat es ungefähr die Größe von Westeuropa. Ihn zu schützen, wird eine Mammutaufgabe für die neue brasilianische Regierung.
Nicht nur die Rodung der Wälder ist ein großes Problem. Auch die weitgehend illegale Suche nach Gold gefährdet die Zukunft der Amazonas-Regenwälder. Schätzungen gehen von rund 100.000 illegalen Goldgräbern in der Region aus. Sie nutzen oft gefährliche Stoffe wie Quecksilber, um an das begehrte Gold zu kommen.
Der Schutz der Wälder wird daher nicht nur eine Frage von neuen Gesetzen. Sie müssen auch durchgesetzt werden. Auch das ist in diesem riesigen Gebiet ein schwieriges Unterfangen.
Deutschland will helfen
Bundespräsident Steinmeier sagte in Brasilia, es komme darauf an, dass die grüne Lunge der Erde, die Regenwälder des Amazonas, erhalten blieben. Deutschland wolle bei ihrem Schutz helfen.
Am dritten Tag seiner Reise besucht Steinmeier deshalb gemeinsam mit Lemke am Montag ein Zentrum zur Überwachung der Entwaldung in Manaus und die Forschungsstation ATTO im Regenwald.
Dort wollen sich Bundespräsident und Umweltministerin selbst ein Bild der Lage machen. Die Station wird gemeinsam von deutschen und brasilianischen Wissenschaftlern betrieben, die dort die komplizierten Wechselwirkungen zwischen dem Zustand des Regenwaldes und der Entwicklung des weltweiten Klimas erforschen.
Der Besuch in Brasilien ist aber nur der Auftakt einer deutschen Charmeoffensive für das wohl wichtigste Land in Südamerika. In wenigen Wochen will auch Bundeskanzler Olaf Scholz den neuen Präsidenten Lula besuchen und die deutsche Unterstützung für seine Vorhaben bekräftigen.