Chinesischer Ballon USA bekräftigen Spionagevorwurf
Die US-Regierung hat mit neuen Einzelheiten zu dem abgeschossenen Ballon ihren Spionagevorwurf gegen China untermauert. Dieser sei Teil eines breitangelegten weltweiten Überwachungsprogramms Pekings. China spricht dagegen von einem "Informationskrieg".
Das US-Außenministerium hat mit neuen Details zu dem mutmaßlichen chinesischen Spionageballon den Vorwurf bekräftigt, das Objekt sei Teil eines umfangreichen Überwachungsprogramms. Dieses habe "die Souveränität von Ländern auf fünf Kontinenten verletzt", so Außenminister Blinken.
Das US-Militär hatte den weißen Ballon am Samstag abgeschossen, nachdem er über die USA gezogen war. Der Ballon hatte es vom US-Staat Alaska bis zum Atlantik an der Ostküste geschafft, bevor er vom Himmel geholt wurde.
Aus Kreisen der amerikanischen Bundespolizei FBI verlautete, bisher seien nur wenige Teile des Ballons im FBI-Labor in Quantico im US-Staat Virginia zur Untersuchung eingetroffen. Bisher hätten die Ermittler Teile der Ballonhülle, Kabel und "eine sehr kleine Menge an Elektronik" erhalten. Es sei noch zu früh, um zu beurteilen, wozu der Ballon gedient und wie er funktioniert habe.
Die Bemühungen zur Bergung der Ballonteile wurden wegen hohen Seegangs ausgesetzt, wie US-Vertreter sagten. Einige Trümmerteile seien intakt auf dem Meeresboden entdeckt worden, andere seien in den vergangenen Tagen von Tauchern an die Oberfläche geholt worden.
USA machten hochauflösende Bilder von Ballon
Das US-Außenministerium bezieht sich bei seiner Einschätzung auf Fotos des Ballons. Der abgeschossene chinesische Ballon habe über "mehrere Antennen" verfügt, sei mit Hilfe von Solarpaneelen betrieben worden und sei vermutlich in der Lage gewesen, geheimdienstlich relevante "Kommunikation zu sammeln und zu lokalisieren", heißt es in der Erklärung. Die USA hätten mit Hilfe von Aufklärungsflugzeugen hochauflösende Bilder gemacht, um die Fähigkeiten des Ballons zu bestimmen. Dessen Ausrüstung stimme nicht mit der von Wetterballons überein.
"Wir wissen, dass diese Ballons alle zu einer Flotte von Ballons der Volksrepublik China gehören, die für Überwachungszwecke entwickelt wurden", sagte der Vertreter des US-Außenministeriums weiter. Diese Art von Aktivitäten würden häufig auf Anweisung des chinesischen Militärs durchgeführt. "Wir sind sicher, dass der Ballonhersteller in direkter Beziehung zum chinesischen Militär steht", betonte er.
US-Medien forderten nun, die Bilder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Das "Wall Street Journal" nahm dabei ein historisches Ereignis zum Vorbild: "Ein lehrreicher (...) Präzedenzfall ist die Kubakrise von 1962, als amerikanische U-2-Spionageflugzeuge Fotos machten, die Vorbereitungen für die Stationierung von mehr und mehr sowjetischen Atomraketen 90 Meilen vor Florida zeigten." Die USA sollten die jetzt gemachten Bilder "der Weltöffentlichkeit zeigen, zusammen mit Experten, die erklären, was sie über die Pläne Chinas verraten. Es gehört alles auf die Bühne, nicht in die Keller des Pentagons!"
China spricht von "Informationskrieg" der USA
Bereits vor der Offenlegung dieser Einzelheiten - und als Reaktion auf Blinkens Äußerungen - hatte sich Peking bitterlich über die anhaltenden Spionage-Anschuldigungen aus Washington beklagt. "Ich denke, das ist Teil des Informationskrieges, den die USA gegen China führen", sagte die Sprecherin des Pekinger Außenministeriums, Mao Ning. Die internationale Gemeinschaft wisse genau, wer in Wirklichkeit "die Nummer Eins unter den Spionage- und Überwachungsimperien" sei.
Sie wiederholte zugleich die Darstellung, dass es sich um ein ziviles Luftschiff gehandelt habe, das aufgrund höherer Gewalt versehentlich in den US-Raum eingedrungen sei. "Obwohl wir das wiederholt klargestellt haben, haben die USA Gewalt angewendet, um es abzuschießen, was unverantwortlich ist", sagte sie.
US-Regierung: Mehr als 40 Länder im Visier von Chinas
Doch nach Angaben der US-Regierung hat China mit einer Flotte von Spionageballons mehr als 40 Länder auf fünf Kontinenten ins Visier genommen. Das erklärte ein hochrangiger Ministeriumsmitarbeiter. Die US-Regierung wende sich direkt an die Länder, um sie über den Umfang des chinesischen Überwachungsprogramms zu informieren.
Washington betonte gleichzeitig, ihr sei an offenen Kommunikationskanälen mit Peking gelegen und der abgesagte Besuch von Außenminister Blinken solle nachgeholt werden, sobald die Bedingungen dies zuließen.
Nach dem Abschuss des Ballons hatte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin nach Angaben des Pentagons ein Gespräch mit seinem chinesischen Amtskollegen Wei Fenghe erbeten. Die chinesische Seite habe dies jedoch ausgeschlagen.
US-Präsident Joe Biden bemühte sich am Mittwochabend in einem Interview mit dem Sender PBS, die Tonlage etwas zu mildern. Auf die Frage, ob die Beziehungen zwischen den USA und China durch den Abschuss einen schweren Schlag erlitten hätten, antwortete Biden mit einem klaren "Nein". Er könne dies sicher sagen, weil die beiden Länder miteinander im Austausch seien. Biden bekräftigte, dass die USA mit China im Wettbewerb stünden, aber keinen Konflikt suchten.
US-Repräsentantenhaus verurteilt mutmaßliche Spionage durch China
Am Donnerstag verurteilte das US-Repräsentantenhaus einstimmig das mutmaßliche chinesische Überwachungsprogramm im Zusammenhang mit dem abgeschossenen mutmaßlichen Spionageballon.
Die Republikaner und Demokraten in der Kongresskammer zeigten ungewöhnliche Übereinstimmung in ihrer Haltung. Sie stimmten mit 419 bei null Gegenstimmen dafür, das mutmaßliche Programm als Verstoß gegen die Souveränität der USA anzuprangern.