US-Schuldenstreit Repräsentantenhaus sagt "Ja" zum Kompromiss
Der Weg für den Gesetzentwurf zur Aussetzung der Schuldengrenze ist frei: Das US-Repräsentantenhaus stimmte dafür, den Entwurf dem Senat vorzulegen. Wirklich zufrieden ist mit der Lösung aber keiner.
Joe Biden schwebte buchstäblich über den Dingen, an Bord der Air Force One, während in der Hauptstadt Washington der vorletzte Schritt genommen wurde, um die drohende Zahlungsunfähigkeit der USA noch abzuwenden.
Kurz vor dem Abflug Richtung Colorado gab sich der Präsident zuversichtlich, dass das Repräsentantenhaus den mühsam ausgehandelten Kompromiss absegnen würde: "So Gott will, hat das Haus bis zu meiner Landung gehandelt - und wir sind einen Schritt weiter."
Und so kam es auch: Mit einer klaren überparteilichen Mehrheit von 314 Ja- zu 117 Nein-Stimmen votierte das Haus für das sogenannte "Fiskalische Verantwortungsgesetz".
Neue Schulden, weniger Ausgaben
Kernpunkt des Gesetzes: Die Biden-Regierung darf erst einmal neue Schulden aufnehmen. Die Obergrenze wird ausgesetzt, und zwar bis Anfang 2025 - also nach der nächsten Präsidentschaftswahl. Allerdings darf die Regierung im kommenden Jahr nicht mehr Geld ausgeben als in diesem. Und 2025 nur einen Prozent mehr. Ausgenommen ist der Verteidigungshaushalt, er steigt weiter.
Weil die Inflationsrate deutlich höher ist, bedeutet das Gesetz de facto Ausgabenkürzungen in vielen Bereichen. Und genau diesen Punkt betonte der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, vor der Abstimmung immer wieder: "Washingtons Sucht nach Geldausgeben ist unverantwortlich und falsch - und muss gestoppt werden."
"Ein schlechter Deal"
Die Debatte am Abend war auf nur eine Stunde angesetzt worden. Kritiker des Gesetzes kamen gar nicht mehr zu Wort. Dabei sind vor allem die ultrakonservativen Mitglieder des Kongresses gar nicht zufrieden. Einer ihrer Wortführer, Chip Roy aus Texas, hatte seine Parteifreunde schon vor der Abstimmung dazu aufgerufen, mit Nein zu stimmen: "Weil dies ein schlechter Deal ist."
Am Ende stimmten 70 Republikaner gegen den Kompromiss. Aber auch 46 Demokraten - weil nun beispielsweise Studierende nach einer langen Covid-Pause ihre Kredite wieder abzahlen müssen und weil die Altersgrenze für den Bezug von Lebensmittelhilfen angehoben wird.
Die Nein-Stimmen seien letztlich auch gut für das Weiße Haus, so die Vorsitzende der progressiven Parlamentariergruppe, Pramila Jayapal. Schließlich müssten die Demokraten ihrer Basis sagen können, dass sie für sie gekämpft hätten.
Zahlungsunfähigkeit droht schon am Montag
Nach dem Repräsentantenhaus muss jetzt noch der Senat abstimmen. Aber auch dort sind die Mehrheitsverhältnisse sehr knapp - und auch dort nicht alle zufrieden. Auch weil das Gesetz beispielsweise die Genehmigung einer umstrittenen Gas-Pipeline beschleunigen soll - offenbar das Zugeständnis an einen einzelnen Senator, Joe Manchin aus West Virginia, der immer wieder mit der Biden-Regierung in Energie- und Klimafragen über Kreuz liegt.
Sein ebenfalls demokratischer Kollege Tim Kane aus dem Nachbarstaat Virginia kündigte schon Widerstand an: Schließlich ging es doch eigentlich um die Schuldenobergrenze - und damit habe die Pipeline ja nun gar nichts zu tun. Theoretisch bis Montag hat der Senat noch Zeit, das Gesetz zu verabschieden. Dann, so die Warnung von Finanzministerin Yellen, geht der US-Regierung das Geld aus.