Humanitäre Hilfe für Gazastreifen Lkw-Konvois stecken weiter in Ägypten fest
Nach wie vor warten die Menschen im Gazastreifen auf humanitäre Hilfen. Am Grenzübergang Rafah stauen sich die Lkw, wann sie endlich rollen können, bleibt unklar. UN-Generalsekretär Guterres spricht von Auflagen, die die Öffnung verhindern.
Auf der ägyptischen Seite des Grenzübergangs Rafah stauen sich weiterhin die Lkw mit den im Gazastreifen dringend benötigten Hilfslieferungen. Trotz der Zusage Ägyptens - und auch Israels - dass die Hilfsgüter den Grenzübergang passieren könnten, verzögert sich der Beginn.
Nach Aussage von UN-Generalsekretär Antonio Guterres, der sich derzeit in der Region aufhält, sind Auflagen, die an die Öffnung des Grenzpostens und die Weiterleitung zu den Bedürftigen gestellt wurden, der Grund für die Verzögerung. Er nannte unter anderem Verifikationsprozesse - vermutlich geht es dabei um Kontrollen, dass mit den Lastwagen nichts außer humanitärer Hilfe über die Grenze gebracht wird.
"Wir müssen dafür sorgen, dass diese Lastwagen so schnell wie möglich in Bewegung gesetzt werden, und so viele wie möglich", sagte er. Guterres verlangte eine humanitäre Waffenruhe in dem Krieg zwischen der palästinensischen Hamas und Israel, um die Voraussetzungen für die Lieferungen zu schaffen. Die UN arbeiteten aktiv mit Ägypten, Israel und den USA, um sicherzustellen, dass die Hindernisse für die Transporte überwunden werden könnten. "Hinter diesen Mauern haben wir zwei Millionen Menschen, die enorm leiden."
Neben den Sicherheitsauflagen verzögerten laut Medienberichten auch ägyptische Reparaturarbeiten an dem beschädigten Grenzübergang die Öffnung von Rafah.
Ägypten beschuldigt Israel
Ägypten machte Israel für den geschlossenen Grenzposten verantwortlich. Westliche Medien sollten Israel zur Verantwortung ziehen, weil es die Gegend um den Übergang beschossen habe und keine Hilfe durchlasse, schrieb der Sprecher des ägyptischen Außenministeriums, Ahmed Abu Seid, auf der Plattform X. Er betonte außerdem, dass Ägypten keine Menschen aus Drittländern an der Ausreise aus dem Gazastreifen hindere, so wie Israel das darstelle.
Nach Einschätzung der Vereinten Nationen dürften erste Lieferungen frühestens am Samstag über den Grenzposten Rafah rollen.
Israels Militärsprecher: "Es gibt keine sicheren Zonen"
Unterdessen versuchen nach UN-Angaben immer mehr Palästinenser, nach ihrer Flucht in den Süden wieder in ihre Häuser im Norden des Gazastreifens zu gelangen. Denn auch im Süden seien sie israelischen Luftangriffen ausgesetzt, sagte die Sprecherin des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte, Ravina Shamdasani. "Die Angriffe, gepaart mit extrem schwierigen Lebensbedingungen im Süden, haben offenbar einige dazu gebracht, in den Norden zurückzukehren, trotz des nach wie vor heftigen Bombardements dort."
Israel hatte die Zivilbevölkerung im Gazastreifen aufgefordert, im Süden des Gazastreifens Schutz zu suchen, während die Luftangriffe vor allem im Norden weitergingen. Unter anderem am Freitagmorgen kam es aber auch zu heftigen Angriffen auf Chan Yunis im Süden.
Der israelische Militärsprecher Nir Dinar gab jedoch jüngst zu, dass es im Süden des Gebiets keine "sicheren Zonen" gäbe. Er widersprach damit indirekt Premierminister Benjamin Netanyahu, der nach der israelischen Aufforderung an die Palästinenser, den Norden des Gazastreifens zu verlassen, sehr wohl von "sicheren Zonen" im Süden gesprochen hatte.
Das israelische Militär teilte mit, es habe bei seinen jüngsten Angriffen mehr als 100 Ziele mit Verbindungen zur Terrororganisation Hamas getroffen, darunter einen Tunnel und Waffenlager.
Stromversorgung im größten Krankenhaus auf Sparflamme
Nach Aussage des von der Hamas geführten Gesundheitsministeriums im Gazastreifen starben durch die israelischen Angriffe insgesamt mindestens 4.137 Menschen. Mindestens 13.162 weitere seien seit Kriegsbeginn verletzt worden.
Die Gesundheitsversorgung im Gebiet steht kurz vor dem Kollaps. Die größte Klinik in Gaza, das Schifa-Krankenhaus, arbeitet nach Angaben des Direktors mittlerweile mit so wenig Strom wie möglich. Nur die wichtigsten Abteilungen würden noch versorgt, die anderen arbeiteten im Dunkeln, sagte Mohammed Abu Selmia. Vorrang hätten Intensivpflege, die Kinderstation, die Dialyse, Sauerstoffversorgung, Geburtshilfe und Gynäkologie, die Herzstation und die Blutbank. "Ich weiß nicht wie lange das hält", sagte Selmia. "Wir bewerten die Situation jeden Tag neu."
Israel will nach dem Krieg keine Verantwortung für Gaza
Während das israelische Militär weiter Ziele im Gazastreifen angreift, wies Verteidigungsminister Joav Galant Befürchtungen zurück, wonach das Militär das Gebiet nach der Bodenoffensive dauerhaft kontrollieren wolle. Nachdem die militant-islamistische Hamas besiegt sei, werde Israel die "Verantwortung für das Leben im Gazastreifen" aufgeben, sagte Galant zu Abgeordneten.
Israel geht laut dem Minister von drei Phasen in dem Krieg aus. Zunächst werde die Hamas im Gazastreifen aus der Luft und vom Boden aus angegriffen. Danach werde man Widerstandsnester mit Extremisten attackieren und in einem dritten Schritt dann die Verantwortung für das Leben im Gazastreifen aufgeben.