Angriffe auf Schiffsverkehr "Huthi setzen ein iranisches Projekt um"
Militärisch dürfte die Huthi-Armee im Jemen einer westlichen Militärmission unterlegen sein. In der Region aber haben die Huthis an Ansehen gewonnen - und hinter ihnen steht der Iran, der eigene Ziele verfolgt.
Kinder und Jugendliche in Uniform exerzieren auf dem Deck des gekaperten Frachters Galaxy Leader, der vor der Küste des Jemen vor Anker liegt. Bilder der Huthi Propaganda im Netz zeigen Ausflüge für den Nachwuchs, die die Miliz zum entführten Schiff organisiert und wie bereits Kinder kämpferische Parolen verbreiten. "Wir sagen unsern Brüdern in Palästina, ihr seid nicht allein", so dieser Teenager, "wir sind an eurer Seite bis zum letzten Blutstropfen".
Seit Wochen versuchen sich die Huthi im Jemen als Kämpfer für die palästinensische Sache zu profilieren, indem sie Frachtschiffe im Roten Meer beschießen und eines sogar entführt haben. Die Huthi fordern Hilfslieferungen für die Menschen im Gazastreifen und ein Ende der Kämpfe im Gazastreifen. Nur dann werde der Raketenbeschuss gestoppt, heißt es.
Die Huthi zelebrieren ihren Erfolg und organisieren inzwischen Ausflüge auf die gekaperte Galaxy Leader.
Droht nun erst recht eine Eskalation?
Nachdem zahlreiche Reedereien verkündet hatten, das Rote Meer zu meiden, gründeten die USA im Dezember mit anderen Staaten zusammen eine Marinemission, um die internationalen Frachter zu schützen. Erst ging es nur um das Abfangen von Raketen im Roten Meer. Doch Mitte Januar entschlossen sich die USA und ihre Verbündeten zum Gegenschlag. Stellungen der Huthi im Jemen wurden bombardiert.
Dadurch drohe nun erst recht eine Eskalation, befürchten einige Beobachter. Die Huthi seien zwar nur 200.000 Mann mit Raketen, damit könnte die US-geführte Koalition leicht zurechtkommen, so Frank Ledwidge von der Portsmouth University vor kurzem bei DW TV. "Aber die Huthi sind nicht dumm und sie sind äußerst gut vernetzt. Denken Sie nur, was passieren wird, wenn auch nur ein einziger US-Soldat getötet wird - dann würden die USA in den nächsten Nahostkrieg hineingezogen und das in einem Wahljahr". Das sei letzte, was sie wollten, analysiert Lewidge, aber es könne schnell dazu kommen.
Das ist ein Grund warum viele EU Staaten, darunter Deutschland, zurückhaltend sind. Wenn es um eine Beteiligung an der US- Marinemission geht, macht die EU jetzt ihr eigenes Ding. Einen direkten Krieg gegen die Huthi wollen die meisten Akteure um jeden Preis vermeiden. Denn auch wenn die Miliz militärisch unterlegen wäre, hat sie doch einen mächtigen Verbündeten - den Iran.
Was der Iran demonstrieren will
Die Huthi zählen zu der sogenannten iranischen Achse des Widerstands gegen Israel, zusammen mit der Hisbollah im Libanon, der Hamas im Gazastreifen und schiitischen Milizen im Irak. Von allen Seiten gibt es Angriffe gegen Israel und US-Stützpunkte. Der Iran hat die Huthi militärisch aufgerüstet. Steckt auch er hinter den Attacken im Roten Meer?
Die Huthi hätten weder die Fähigkeit noch die Entscheidungskraft, ein solches Unterfangen alleine auszuführen, so der jemenitische Politikbeobachter Faras al Beel im Fernsehsender Al-Hadath. "Es ist völlig klar, dass die Huthi nur ein iranisches Projekt umsetzen, das noch nicht mal wirklich was mit der palästinensischen Sache zu tun hat. Es geht dem Iran darum, zu zeigen, dass er die Region um Israel herum kontrolliert."
Offiziell weist der Iran eine Beteiligung an den Aktionen der Huthi von sich. Und die Huthi verfolgen durchaus auch eigene Interessen. Sie wollen sich profilieren, beliebt sein, sowohl innerhalb des Jemen als auch in der Region. Und das scheint ihnen zu gelingen.
Kaum Kritik aus der Region
Kritik aus der Region bleibe weitestgehend aus, beobachtet der ägyptische Militärexperte Samir Ragheb. "Ägypten, obwohl es massiv von der Eskalation im Roten Meer betroffen ist, hat das Vorgehen der Huthi nicht verurteilt, wohl aber die amerikanischen Luftschläge, ebenso Saudi-Arabien. Es kritisiert die Huthi nicht, obwohl sie eigentlich Feinde sind, weil jeder, der Kritik an den Huthi übt, sofort als Unterstützer Israels gesehen wird."
Um nicht als Verräter an der Sache der Palästinenser dazustehen, lassen die anderen arabischen Staaten die Huthi bislang gewähren. Und das, obwohl zum Beispiel Ägypten die Folgen des kriegerischen Nebenschauplatzes empfindlich zu spüren bekommt. 40 Prozent weniger Schiffe als zuvor steuern den Suezkanal an - Einnahmen, die Ägypten dringend bräuchte.
"Jeden Tag bin ich aufs Neue besorgt", sagt der Chef der Suezkanal-Behörde, Ussama Rabie, bei On TV. "Eigentlich sollten 70 Schiffe pro Tag durch den Suezkanal fahren, aber jetzt sind wir bei 40. Wir stehen in engem Kontakt mit den Reedereien und fragen, ob wir etwas für sie tun können. Wir hoffen nur, dass sich die Dinge schnell wieder normalisieren."
Ob und wann sich die Lage im Roten Meer entspannt, ist nicht absehbar. Bis dahin nehmen viele Schiffe weiterhin den deutlich längeren Umweg über Südafrika und das Kap der Guten Hoffnung.