Bundeskanzler Scholz in Nahost Mit Diplomatie gegen die humanitäre Katastrophe
Die Sorge vor einer weiteren Eskalation in Nahost ist groß. In Jordanien und Israel will Kanzler Scholz nun vermitteln. Er warnt vor einer drohenden humanitären Katastrophe, sollte Israel seine Bodenoffensive in Rafah beginnen.
Beleuchtete Palmen, dazu die jordanische und die deutsche Fahne am Flughafen von Akaba. Am Samstagabend ist die Kanzlermaschine gelandet. Bundeskanzler Olaf Scholz geht über den roten Teppich zu den wartenden Fahrzeugen, während die Ehrengarde salutiert.
Die Stadt hat den einzigen Seehafen Jordaniens - zudem ist Akaba eigentlich ein beliebter Ort für Taucher am Roten Meer. Heute aber geht es dort um nicht weniger als den Versuch, eine humanitäre Katastrophe zu verhindern, betont Scholz. Er warnt vor der "Gefahr, dass es bei einer umfassenden Offensive in Rafah zu sehr vielen, furchtbaren Opfern kommt". Das müsse unbedingt vermieden werden.
Evakuierung der Menschen aus Rafah noch völlig unklar
Rafah liegt ganz im Süden des Gazastreifens - viele Menschen drängen sich dort auf engem Raum, viele sind aus dem Norden dorthin geflohen. Menschen, wie es Außenministerin Annalena Baerbock einmal sagte, die sich nun nicht in Luft auflösen könnten.
Trotz der scharfen Kritik selbst aus den USA hat das Büro von Israels Premierminister Benjamin Netanyahu erst diese Woche mitgeteilt, der Regierungschef habe eine Offensive gebilligt. Zwar sollen Zivilisten evakuiert werden. Unklar ist aber, wie das vonstattengehen könnte.
Graue Flächen: Bebaute Flächen im Gazastreifen, Schraffur: Israelische Armee
Treffen mit dem jordanischen König Abdullah II.
Einmal mehr betont der Kanzler noch kurz vor dem Abflug nach Jordanien, Deutschland stehe an der Seite Israels, das schließlich nur sich selbst verteidige. "Und Israel hat jedes Recht, sich gegen den Angriff der Hamas zur Wehr zu setzen", erklärt Scholz. Gleichzeitig gehe es darum, die Regeln des Völkerrechts zu beachten. Zivile Opfer müssten vermieden werden. Und es gehe darum, dass humanitäre Hilfe nach Gaza gelangt.
Am Vormittag trifft Bundeskanzler Scholz in Akaba den jordanischen König Abdullah II. in dessen Privatresidenz. Der König gilt als ein wichtiges Bindeglied zwischen der arabischen Welt und den westlichen Verbündeten Israels.
Scholz: Luftbrücke ist nicht der beste Weg
Seit diesem Wochenende beteiligt sich zudem die deutsche Luftwaffe von Jordanien aus mit zwei Transportmaschinen an Abwürfen von Hilfsgütern über dem Gazastreifen. Hilfsorganisationen warnen allerdings, das sei teuer, gefährlich und ineffizient. Es brauche mehr Lieferungen auf dem Landweg.
So sieht es auch Scholz. Natürlich sei dieses Verfahren nicht der beste Weg. Der wäre es, wenn es mehr Lastwagen auf dem Landweg in den Gazastreifen schaffen würden. Ein Besuch auf dem jordanischen Luftwaffenstützpunkt, von dem aus die Maschinen starten, ist nicht geplant.
Erst Mitte der Woche hatte Verteidigungsminister Boris Pistorius grünes Licht für die Beteiligung von zwei deutschen Transportmaschinen vom Typ "C-130 Hercules" gegeben. Dann ging es relativ schnell. Am Samstag startete eine Maschine zu ihrem ersten Einsatz, wie die Luftwaffe über den Onlinedienst X mitteilte: "Die Crews haben viel Erfahrung und sind für den nicht ungefährlichen Einsatz sehr gut vorbereitet." Die Maschine warf demnach vier Tonnen Lebensmittel ab. Die vier Paletten seien aus einer Höhe von etwa tausend Metern "punktgenau geliefert" worden.
Humanitäre Hilfen, Bodenoffensive in Rafah und Perspektiven
Mehr humanitäre Hilfen, keine Bodenoffensive in Rafah, eine langfristige Perspektive für die Region - alles Themen, die Scholz nach seinem Weiterflug von Jordanien nach Tel Aviv mit dem israelischen Premier Netanyahu besprechen will. Auch Gespräche mit dem Präsidenten Izchak Herzog und dem Oppositionspolitiker Benjamin Gantz aus dem sogenannten Kriegskabinett sind geplant.
Zudem trifft der Kanzler Angehörige von Entführungsopfern. Es gehe darum, ihnen beizustehen und ihre Sicht zu verstehen. Der erste Schritt, um die Geiseln freizubekommen, sei die Vereinbarung einer schnellen Waffenpause. Dafür müsse man Tempo machen, sagt Scholz.