Kritik an Haftbedingungen UN werfen Israel Folter von Palästinensern vor
Das UN-Menschenrechtsbüro lastet Israel Menschenrechtsverletzungen an. In einem Bericht werden die Bedingungen in israelischen Haftlagern scharf kritisiert - palästinensische Gefangene würden dort gefoltert.
Das Menschenrechtsbüro der Vereinten Nationen (OHCHR) erhebt erneut schwere Vorwürfe gegen Israel. Palästinenser, die seit dem Hamas-Angriff vom 7. Oktober von Israel festgehalten werden, werden laut einem Bericht misshandelt und gefoltert.
Die Zeugenaussagen deuteten auf eine Reihe entsetzlicher Handlungen hin, sagte der UN-Menschenrechtsbeauftragte Volker Türk. Diese stellten eine eklatante Verletzung der internationalen Menschenrechtsnormen und des humanitären Völkerrechts dar, so Türk.
Berichte von Elektroschocks und Schlafentzug
In dem Bericht heißt es etwa, Häftlinge wären laut eigener Aussage in käfigähnlichen Einrichtungen gehalten worden. Für längere Zeit hätten sie sich entblößen und Windeln tragen müssen. Zudem schilderten sie laut dem Report, dass ihnen zeitweise die Augen verbunden worden seien und ihnen Nahrung, Schlaf und Wasser vorenthalten worden seien.
Man habe sie auch mit Elektroschocks traktiert und brennende Zigaretten auf ihnen ausgedrückt. Auf einige seien Hunde losgelassen worden, andere hätten Waterboarding, also simuliertes Ertränken, erlitten. Einige Häftlinge habe man an den Händeln gefesselt und von der Decke baumeln lassen. Auch von sexualisierter und geschlechtsspezifischer Gewalt an Frauen und Männern sei die Rede gewesen.
Keine Informationen zu Verbleib von Inhaftierten
Der Bericht gebe begründeten Anlass zur Annahme, dass Israel und bewaffnete palästinensische Gruppen in Gaza seit dem 7. Oktober gegen das Recht auf Leben, Freiheit und Freiheit von Folter verstoßen sowie Misshandlungen und sexuelle Gewalt begangen hätten, "die alle auch Kriegsverbrechen darstellen können", so Türk.
Auch habe Israel nicht über den Verbleib von Inhaftierten informiert und dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz den Zugang zu Haftanstalten verwehrt. In dem Bericht hieß es zudem, Inhaftierten sei meist kein Grund für ihre Festnahme genannt oder kein Zugang zu Anwälten gewährt worden.
Im UN-Report hieß es zudem, dass die Palästinensische Autonomiebehörde, die Teile des israelisch besetzten Westjordanlands verwaltet, ebenfalls willkürliche Verhaftungen, Folter und Misshandlungen in dem Gebiet verübe, um Berichten zufolge Kritik und politischen Widerstand zu unterdrücken.
Türk rief alle Konfliktparteien dazu auf, eine Feuerpause zu vereinbaren, das internationale Recht zu respektieren und die Rechenschaftspflicht bei Verstößen und Missbräuchen sicherzustellen.
Rund 9.440 inhaftierte Palästinenser Ende Juni 2024
Das Dokument basiert auf Aussagen freigelassener Häftlinge und Zeugen von Menschenrechtsverletzungen, auf Analysen des UN-Büros sowie Angaben von israelischen und palästinensischen Regierungsstellen und Nichtregierungsorganisationen. Umfasst wird der Zeitraum vom 7. Oktober bis zum 30. Juni.
Ende Juni 2024 hielt der israelische Gefängnisdienst rund 9.440 Palästinenser fest, die Israel als "Sicherheitshäftlinge" einstuft, so OHCHR unter Berufung auf israelische Angaben. Vor dem 7. Oktober lag die Zahl demnach bei rund 5.000. Die betroffenen Häftlinge stammten aus dem Gazastreifen, Israel und dem Westjordanland, hieß es in dem Bericht. Mindestens 53 palästinensische Gefangene seien seit dem 7. Oktober in israelischem Gewahrsam gestorben.
Israelische Regierungsstellen lehnten laut Medienberichten eine Stellungnahme zu den Vorwürfen ab und verwiesen an die israelische Armee. Eine Reaktion der Armee gab es nicht. Sie hatte zuvor nach einer mutmaßlichen Misshandlung eines palästinensischen Häftlings in einem israelischen Gefangenenlager mehrere Soldaten festgenommen und eine Untersuchung eingeleitet.