Brexit-Gespräche Neue Verhandlungen, aber wenig Zeit
Die EU-Staaten haben zwar grünes Licht für intensive Gespräche über ein Brexit-Abkommen mit Großbritannien gegeben. Die Zeit für einen Kompromiss vor dem geplanten EU-Austritt am 31. Oktober wird jedoch knapp.
In Brüssel hält man ein versöhnliches Ende des Brexit-Streits immer noch für möglich. Jedenfalls möchte man nicht schuld an einem Scheitern sein. Nach einem knapp zweistündigen Arbeitsfrühstück mit seinem britischen Konterpart Steve Barclay sprach EU-Chefunterhändler Michel Barnier von einem "konstruktiven Treffen".
Einzelheiten eines möglichen Deals mit der Regierung Johnson behielt Barnier jedoch zunächst für sich. Gefragt seien jetzt "Wachsamkeit, Entschlossenheit und Geduld", orakelte der Franzose. Wenig später wurde dann allerdings bekannt: Die Vertreter der 27 EU-Mitgliedsstaaten hätten dem Diplomaten grünes Licht für weitere Verhandlungen gegeben.
Tusk: "Jede Chance nutzen"
Auch EU-Ratspräsident Donald Tusk, der im Laufe der Woche den Druck auf die britische Seite erhöht hatte, verbreitete per Twitter ein wenig Zuversicht: Es gebe "positive Signale", selbst die kleinste Chance müsse genutzt werden, schrieb er im Kurznachrichtendienst.
Ursprung des Hoffnungsschimmers am Horizont, nach einer besonders düsteren und von gegenseitigen Schuldzuweisungen geprägten Brexit-Woche, war das Treffen des britischen Premiers Boris Johnson mit seinem irischen Kollegen Leo Varadkar. In dessen Verlauf sei Johnson der EU bei einigen kritischen Punkten entgegengekommen. So auch beim Kernstreitpunkt Grenzkontrollen. Varadkar hatte daraufhin geäußert, er halte eine Vereinbarung auf Basis des existierenden Austrittsvertrags noch vor Ende Oktober für möglich. Zumindest sehe er einen Weg für ein Brexit-Abkommen in den nächsten Wochen.
Das Treffen des irischen Premier Leo Varadkar mit seinem britischen Kollegen Boris Johnson bahnte den Weg für weitere Brexit-Verhandlungen der EU mit Großbritannien.
Zeit für Kompromiss wird knapp
Selbst wenn der plötzliche Optimismus begründet sein sollte: Die Zeit für einen Kompromiss, quasi kurz vor Torschluss, wird knapp. Das aktuelle Brexit-Datum ist der 31. Oktober. Eine weitere Verschiebung des Austritts, und sei es nur für technische Zwecke, müsste Premier Johnson erst beantragen. Die 27 EU-Mitgliedsstaaten müssten sie dann einstimmig billigen.