EU-Gipfel Wie weiter mit Timmermans?
Die Suche nach einem neuen Präsidenten der EU-Kommission geht weiter. Bis in die frühen Morgenstunden führt Ratspräsident Tusk Gespräche mit den Staats- und Regierungschefs. Dabei kamen wohl mehrere Namen zur Sprache.
In Brüssel wollen die Staats- und Regierungschefs der EU eine Lösung finden, wer die neu zu besetzenden Spitzenämter bekleiden soll. Der Sondergipfel hatte am Abend mit mehr als dreistündiger Verspätung begonnen. Kurz nach Beginn hatte Ratspräsident Donald Tusk die Sitzung unterbrochen, um zunächst bilaterale Gespräche zu führen. Diese zogen sich bis in den frühen Morgen hin.
Auf dem Tisch liegt ein Vorschlag, wonach der niederländische Sozialdemokrat Frans Timmermans Kommissionspräsident werden soll - und nicht der CSU-Politiker Manfred Weber. In diesem Szenario könnte Weber Präsident des EU-Parlaments oder Vizechef der Kommission werden. Gegen Weber als Kommissionschef hatte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron massive Vorbehalte.
Aufgrund des Widerstands gegen Timmermanns brachte Tusk Medienberichten zufolge in den bilateralen Gesprächen auch andere Namen für den Posten des Kommissionspräsidenten ins Spiel. Dabei nannte er drei Politiker der konservativen EVP-Parteienfamilie: die bulgarische Weltbank-Chefin Kristalina Georgieva, den irischen Ministerpräsidenten Leo Varadkar und den französischen EU-Brexit-Chefunterhändler Michel Barnier. Die Reaktionen seien aber eher zurückhaltend ausgefallen, hieß es von EU-Diplomaten.
Breiter Widerstand gegen Timmermans
Dass es auf Timmermans hinausläuft, ist alles andere als sicher. Die osteuropäischen Staaten lehnen ihn ab - und auch aus der Europäischen Volkspartei (EVP) gibt es Widerstand.
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban schrieb in einem Brief an den Präsidenten der EVP, es wäre "erniedrigend", diesen Posten als Wahlsieger einer anderen Partei zu überlassen. Zudem würde dies die Autorität und Glaubwürdigkeit der EVP in der internationalen Politik sowie dem Ansehen bei den Wählern schaden. Als Vizechef der EU-Kommission war Timmermans bisher für den Schutz der Rechtsstaatlichkeit zuständig. Dabei war er häufiger mit Ungarn und anderen östlichen EU-Staaten aneinander geraten.
Kritik auch aus der CDU
CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak sagte im Bericht aus Berlin, Weber habe die größte Fraktion im Europaparlament hinter sich, die Wähler hätten ein klares Votum abgegeben, alle hätten sich zum Spitzenkandidatenprozess bekannt. "Deshalb hat Manfred Weber den Anspruch, Kommissionspräsident zu werden. Alles andere wäre unverständlich", ergänzte er.
Für den Posten des Kommissionspräsidenten müssen die Staats- und Regierungschefs eine Einigung finden, die von mindestens 21 Staaten mitgetragen wird, die 65 Prozent der Bevölkerung repräsentieren. Zu besetzen sind insgesamt fünf Spitzenposten: die Präsidenten der Kommission, des Rats, des Europaparlaments und der Europäischen Zentralbank (EZB) sowie der EU-Außenbeauftragte.