EU-Innenministertreffen Kein guter Tag fürs Brückenbauen
Die EU-Innenminister treffen sich in Innsbruck - mal wieder geht es um Migration. Der Ton in der Asylpolitik ist bereits rau und für Seehofer bleiben viele Fragen.
Innsbruck - ein Ortsname, in dem der Begriff "Brücke" steckt. Und damit wie gemacht ist für ein Treffen der EU-Innenminister. Schließlich will Österreich in den sechs Monaten seines Ratsvorsitzes "Brücken bauen", erklärte Bundeskanzler Sebastian Kurz unlängst. Symbolik kommt in der EU immer gut an. Und Brücken schlagen klingt auch irgendwie nach Konflikte lösen. Die Frage ist nur: Wer darf über die Brücken und für wen bleiben sie versperrt?
Keiner will Ausschiffungsplattform sein
Dazu ein Blick in das Programm des Treffens. Es gehe bei den Gesprächen der Innenminister etwa darum, die Schlussfolgerungen aus dem letzten Ratsgipfel in Brüssel vor rund zwei Wochen zu ziehen. Da war von einem besseren EU-Außengrenzenschutz die Rede, ebenso von kontrollierten Einrichtungen in Europa oder gar von Ausschiffungsplattformen außerhalb Europas. Also von Orten, an denen Migranten solange untergebracht werden sollen, bis klar ist, ob sie in Europa ein Recht auf Schutz haben oder nicht.
Soweit die Theorie. Die Realität: Bislang hat sich noch kein Land zu solchen Einrichtungen bereit erklärt. Es gäbe also in der Tat viel zu besprechen.
Kickls Abschreckungs-Vision
Die Regierung in Wien jedenfalls will im kommenden Halbjahr offenbar noch mehr erreichen: eine deutlich rigidere EU-Asylpolitik. Dabei sieht sie sich durch die Beschlüsse des EU-Rats zunächst einmal bestätigt. In Brüssel sei jetzt "einiges in Bewegung gekommen", heißt es bei einer Informationsveranstaltung am Abend. Sogar von einem "Paradigmenwechsel in der Asylpolitik" ist die Rede. Nur was heißt das für die Zukunft Europas?
Der österreichische Innenministers Herbert Kickl von der rechtsgerichteten FPÖ hat eine Vision: Irgendwann soll in es in der EU nicht mehr möglich sein, Asylanträge zu stellen, sondern nur noch von außerhalb der EU. Zwar könne man so einen Beschluss nicht von heute auf morgen fassen, heißt es in Innsbruck. Man könne ja nicht den zehnten vor dem zweiten Schritt machen. Aber es sei eben eine Vision. Und wo bleibt die Humanität? Wie ist diese Vision mit europäischen Werten in Einklang zu bringen? All das spielt in Innsbruck und Wien derzeit offenbar keine große Rolle.
Rund um das Innenministertreffen kontrolliert Österreich die Grenzen, so wie hier am Brennerpass.
Lösung bei Binnenmigration bis Ende Juli
Horst Seehofer, Kickls Amtskollege aus Deutschland, ist nach Innsbruck gekommen, um auch für bilaterale Abkommen zu kämpfen, etwa mit Italien. Flüchtlinge, die zuerst in Italien einen Asylantrag gestellt hatten und nach Deutschland weiterreisen wollen, sollten mit Hilfe einer Vereinbarung nach Italien zurückgeführt werden können. Für Kickl ist der sogenannte Masterplan Seehofers aber nur eine "Komponente" - im Vergleich zu seiner Vision.
Und noch nicht einmal hier kann Seehofer Erfolge vorweisen, mag man aus österreichischer Sicht denken. Nach dem ersten Treffen von Seehofer mit dem italienischen Innenminister Matteo Salvini gibt es kein konkretes Ergebnis. Nur so viel: Die beiden haben einen Dialog-Prozess mit Zeitlimit vereinbart: Mitarbeiter der beiden Innenministerien sollen beim strittigen Thema Binnenmigration eine Lösung erarbeiten - möglichst bis Ende Juli.
Stützt Seehofer den Kurs von Salvini?
Wenn es bis August dauern sollte, ginge das "auch in Ordnung", so Seehofer. Auffallend dabei: Es soll eben nicht nur darum gehen, unter welchen Bedingungen Italien Flüchtlinge aus Deutschland zurücknimmt, die zuerst in Italien einen Asylantrag gestellt hatten. Diese Frage wollen die beiden Minister ausdrücklich mit einem zweiten Thema verknüpfen: der Seenotrettung. "Beide Themen werden gemeinsam diskutiert", so Seehofer. Erhofft sich Salvini also aktive Unterstützung aus Deutschland bei seinem rigiden Kurs, möglichst keine Rettungsschiffe mehr an italienischen Häfen anlegen zu lassen?
Bisher lässt das Treffen in Innsbruck die Beobachter mit vielen Fragen zurück. Aber auch dem Eindruck, dass der rigidere Kurs in der Asylpolitik der Geist dieses EU-Innenministertreffens ist - und womöglich der ganzen österreichischen Ratspräsidentschaft. Auf jeden Fall war es kein guter Tag für das Brückenbauen.