Pläne der Bundesregierung Ist Cannabis-Legalisierung mit EU-Recht vereinbar?
Cannabis ist in der EU verboten - eigentlich. Aber in mehreren Ländern werden die Gesetze lasch bis gar nicht eingehalten. Was bedeutet das für die deutschen Legalisierungspläne?
Wenn Gesundheitsminister Karl Lauterbach seine Eckpunkte zur Cannabis-Legalisierung nach Brüssel schickt, wird die EU-Kommission prüfen, ob die Pläne mit Europas Gesetzen vereinbar sind. Sie kann dabei streng juristisch vorgehen, sie kann aber pragmatisch an das Problem herangehen. Den Ball in die Mitgliedsstaaten zurückspielen und sie auffordern, ihren Umgang mit Cannabis zu vereinheitlichen.
Juristisch ist die Lage ziemlich eindeutig: Der Verkauf von Drogen ist verboten, ebenso der Anbau und die Herstellung und das gilt bisher ausdrücklich auch für Cannabis. Ein EU-Rahmenbeschluss hat das 2004 so festgelegt und einige Jahre später haben die Schengen-Staaten einschließlich Deutschland das noch einmal verschärft und hinzugefügt: Auch der grenzüberschreitende Handel mit Cannabis muss strafrechtlich verfolgt werden.
Legaler Verkauf, illegale Beschaffung
Die Wirklichkeit hat sich aber in mehreren EU-Ländern längst von den strengen Vorschriften entfernt. In den Niederlanden zum Beispiel. Da wird der Verkauf von sogenannten weichen Drogen seit den 1970er-Jahren toleriert. Man kann Cannabis in Coffeeshops kaufen, jedenfalls in kleinen Mengen bis zu fünf Gramm.
Allerdings ist der Anbau in den Niederlanden verboten. Das bringt die Coffeeshops in die schwierige Lage, dass sie sich das Cannabis auf kriminellen Wegen und über Dealer besorgen müssen. Dann aber ganz legal verkaufen dürfen.
Belgien: Mehr oder weniger geduldet
Zu den Ländern, die Cannabis eigentlich nicht erlauben aber auch nicht richtig verbieten, gehört Tschechien. Der Stoff ist illegal - aber wer mit kleineren Mengen für den Eigengebrauch erwischt wird, muss in der Regel nicht mit einer Strafverfolgung rechnen.
Auch in Belgien wird Cannabis-Konsum mehr oder weniger geduldet. Die Polizei könnte theoretisch ein Bußgeld verhängen, in Höhe von 25 Euro. Aber das Risiko ist gering. Und eine Strafverfolgung findet in der Regel nicht statt.
Eine vorsichtige Liberalisierung unter strengen Auflagen?
Trotz solcher laschen Auslegungen von EU-Gesetzen hat die Brüsseler Kommission bisher gegen kein einziges Land ein Vertragsverletzungverfahren eingeleitet. Das droht jetzt auch Deutschland nicht. Es ist ja noch kein Gesetz, das Lauterbach nach Brüssel schickt, sondern nur die Eckpunkte für ein Gesetz. Das könnte die Kommission zum Anlass nehmen, europäisches Recht der Wirklichkeit in den Mitgliedsländern anzupassen.
Ganz praktisch würde das so aussehen, dass die Tür zu einem kontrollierten Freizeitkonsum von Cannabis einen Spalt breit geöffnet wird. Eine vorsichtige Liberalisierung unter strengen Auflagen also, das können sich auch konservative Abgeordnete im EU-Parlament vorstellen. Unter der Bedingung, dass eine solche neue Regel dann EU-weit gilt und auch eingehalten wird.