Großbritannien vor der Krönung Suppenküchen statt Goldkutschen
100 Millionen Pfund soll die Krönung Charles' III. kosten - Geld, das für andere Zwecke eingesetzt werden sollte, meinen Kritiker. Die ohnehin beträchtlichen sozialen Unterschiede sind zuletzt noch größer geworden.
Nachts wird derzeit geprobt. Auf der Mall - der Prachtstraße vor dem Buckingham-Palast - wird geritten, marschiert und musiziert. Denn der Countdown läuft.
Zur Krönung wird das britische Königshaus seinen ganzen Prunk zur Schau stellen: goldene Kutschen, Juwelen, Throne, edelste Gewänder. Nicht alles gehört den Royals persönlich, aber vieles.
Oktober 2019: Königin Elizabeth II. fuhr in der Diamond Jubilee State Coach, gezogen von sechs Pferden, zum Buckingham Palace. Mit diesem Gefährt soll nun Charles (rechts im Bild) zu seiner Krönungsfeier gebracht werden.
Die Zeitung "The Guardian" hat in einer großen Investigativrecherche dem Besitz des Königs nachgespürt und schätzt sein privates Vermögen auf 1,8 Milliarden Pfund. Ländereien, Immobilien, Juwelen, Kunst, Pferde, Autos, Kapitalanlagen: Da kommt einiges zusammen.
Trotzdem: Selbst in dieser Preisklasse hat der König noch jede Menge Gesellschaft. Der "Sunday Times Rich List" zufolge gibt es aktuell 177 Milliardäre in Großbritannien. Deren Vermögen soll allein zwischen 2020 und 2022 um fast 150 Milliarden Pfund gewachsen sein. Auch der britische Premier Rishi Sunak zählt zu den reichsten Männern des Landes.
Lebenshaltungskosten extrem gestiegen
Gleichzeitig gehen viele Briten aus Verzweiflung auf die Straße. In zahlreichen Branchen haben die Beschäftigten über Jahre hinweg reale Einkommensverluste hinnehmen müssen, jetzt kommen sie angesichts der extrem gestiegenen Lebenshaltungskosten nicht mehr klar.
Der Monarchiekritiker Graham Smith, der der Kampagnenorganisation Republic vorsteht, findet es inakzeptabel, dass Schätzungen zufolge 100 Millionen Pfund für die Krönung ausgegeben werden.
Man könnte das Geld etwa für Obdachlose und Arme einsetzen, meint er. Stattdessen werde es nun für eine Parade eines Mannes ausgegeben.
"Es könnte jeden von uns erwischen"
"Es gibt viele Beschäftigte im öffentlichen Dienst, die sich abmühen, eine Gehaltserhöhung zu bekommen", sagt Smith. Krankenhäuser kämpften, um über die Runden zu kommen, Schulen kämpften um Ressourcen für die Kinder, sagt er. "Mit 100 Millionen kommt man da nicht sehr weit, aber sie könnten trotzdem viel Gutes für viele Menschen bewirken."
Gleichzeitig schlägt der Trussel Trust, der mehr als 1200 Tafeln im Land unterstützt, Alarm. Noch nie habe er so viele Lebensmittelpakete ausgegeben wie in den vergangenen zwölf Monaten: Fast drei Millionen seien es gewesen - 37 Prozent mehr als im Jahr davor. Auf die Tafel angewiesen ist auch Sharyn, eine Witwe und Mutter in Cardiff: "Es ist beschämend, manchmal entwürdigend", sagt sie. "Aber wohin sollte ich sonst gehen?"
Die Betreiberin der Tafel spricht in der BBC über ihre Beobachtung. "Es hat eine ziemlich große Veränderung gegeben", bilanziert sie. "Was ich bemerke, ist - abgesehen davon, dass mehr Leute kommen - wie viele Menschen kommen, die eine Arbeitsstelle haben. Es könnte jeden von uns erwischen!" Der Trussel Trust kritisiert zu niedrige Einkommen und ein Sozialsystem, das seiner Aufgabe nicht gerecht wird.