UN-Sicherheitsrat in New York
FAQ

Deutscher Vorsitz im Sicherheitsrat Zuständig für Weltfrieden und Sicherheit

Stand: 01.04.2019 03:21 Uhr

Von heute an übernimmt Deutschland für einen Monat den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat. Wie funktioniert dieses Gremium? Und was hat Deutschland vor?

Von Sandra Stalinski, ARD-aktuell

Wer sitzt eigentlich im UN-Sicherheitsrat?

Im UN-Sicherheitsrat sitzen insgesamt 15 Mitglieder, fünf ständige und zehn nicht-ständige. Die fünf ständigen Mitgliedsstaaten - USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich - werden auch "Veto-Mächte" genannt, denn sie können mit einem Veto Entscheidungen des Rates blockieren.

Die zehn nicht-ständigen Mitglieder werden von der Generalversammlung für je zwei Jahre nach einem informellen regionalen Schlüssel gewählt. Den westlichen Staaten, wozu auch Deutschland zählt, stehen zwei Sitze zur Verfügung, Lateinamerika und der Karibik ebenfalls. Insgesamt fünf Sitze gehen an Länder aus Afrika und Asien, wobei es sich in der Praxis so aufgeteilt hat, dass auf Afrika drei Sitze und auf asiatische Staaten zwei Sitze entfallen. Der zehnte Sitz der nicht-ständigen Mitglieder geht an ein osteuropäisches Land.

Derzeit arbeitet Deutschland neben den "Veto-Mächten" mit Belgien, der Dominikanischen Republik, Indonesien, Südafrika, Äquatorialguinea, der Elfenbeinküste, Kuwait, Peru und Polen zusammen.

Wie funktioniert der Vorsitz im UN-Sicherheitsrat?

Nach dem Rotationsprinzip übernimmt jeden Monat eines der 15 Mitglieder den Vorsitz und damit die Hauptverantwortung für die Aufrechterhaltung des Friedens auf der Welt. Und zwar in alphabetischer Reihenfolge der englischen Namen der Mitgliedstaaten. Hauptaufgabe des Vorsitzes ist es, die Tagesordnung des Sicherheitsrates zu bestimmen und die Sitzungen zu leiten. Der oder die Vorsitzende spricht im Namen des Sicherheitsrates mit den Medien. Im Krisenfall bekommt der jeweilige Vorsitzende politisches Gewicht, weil er rasch reagieren und womöglich Resolutionen beispielsweise über militärische Interventionen auf die Tagesordnung setzen kann.

Deutschland ist seit Januar 2019 für zwei Jahre wieder nichtständiges Mitglied und übernimmt formal den Vorsitz im April von Frankreich. Formal deshalb, weil beide Länder sich erstmals in der Geschichte des Sicherheitsrats darauf verständigt haben, ihren Vorsitz zu verknüpfen. Übergreifendes Thema: Wie das humanitäre System gestärkt werden kann. Beispielsweise, wie man humanitäre Helfer in Krisengebieten besser schützen und ihnen besseren Zugang gewähren kann.

Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz hatten der deutsche und der französische UN-Botschafter ihre gemeinsamen Themen vorgestellt und nannten das ganze "Jumelage". Bundesaußenminister Heiko Maas wird die erste Sitzung unter deutschem Vorsitz leiten. Wenn er gerade nicht in New York ist, werden die Sitzungen von UN-Botschafter Christoph Heusgen oder seinem Stellvertreter geleitet.

Welche Themen will Deutschland noch voranbringen?

Maas möchte unter anderem das Thema Abrüstung und Nichtverbreitung von Atomwaffen auf die Tagesordnung setzen. Gleich in der ersten Woche des deutschen Vorsitzes spricht der Sicherheitsrat über den Atomwaffensperrvertrag. Darüber hinaus will Deutschland das Zusammenspiel von Klimawandel und Sicherheit thematisieren: drohende Konflikte durch klimabedingte Phänomene wie Wasserknappheit oder Ernteausfälle. Auch die Lage von Frauen in Konfliktregionen, etwa der Schutz vor sexualisierter Gewalt, soll auf der Agenda stehen.

Daneben hält UN-Botschafter Heusgen den Jemen-Konflikt für das drängendste Problem. Dort seien "Hunderttausende Menschen dem Hungertod nahe". Zudem sei der Syrien-Konflikt nicht gelöst, und auch das "Iran-Problem" bleibe auf der Tagesordnung.

Philipp Rotmann, UN-Experte vom Global Public Policy Institute, vermisst bei der deutschen Themensetzung die konkreten Möglichkeiten der Bundesregierung, angemessene Beiträge zur Friedenssicherung zu leisten. "Das sind alles eher langfristige Diskussionen, die Deutschland heute nichts kosten", sagt er im Gespräch mit tagesschau.de. "Dort, wo es konkret um Geld oder Beteiligung an Friedenseinsätzen geht, hält Deutschland sich sehr zurück."

Was hat Deutschland bei den vorherigen Vorsitzen erreicht?

Die Bundesrepublik Deutschland wird bereits zum sechsten Mal Mitglied im Sicherheitsrat sein. Die bisherigen Mitgliedschaften waren 1977/78, 1987/88, 1995/1996, 2003/2004 und 2011/2012. Die DDR war 1980/81 nichtständiges Mitglied im Sicherheitsrat.

Themenschwerpunkte der bisherigen Vorsitze waren unter anderem Engagement für Friedensaufbau nach Konflikten und Konfliktprävention. "Beim vergangenen Vorsitz im Jahr 2011 hat Deutschland das Thema Polizei in UN-Friedenseinsätzen vorangebracht und dafür eine Unterstützungsstruktur geschaffen", sagt Rotmann. Für Aufsehen sorgte Deutschland 2011, als es sich bei der Abstimmung zu Luftschlägen der USA, Großbritanniens und Frankreichs gegen Libyen enthielt.

Könnte Deutschland irgendwann ständiges Ratsmitglied werden?

Deutschland bemüht sich gemeinsam mit Brasilien, Indien und Japan um eine Reform des Sicherheitsrats. Diese sogenannte G-4-Gruppe erhebt die Forderung, dass der vor dem Hintergrund der Weltlage von 1945 entworfene Sicherheitsrat die "geopolitischen Realitäten des 21. Jahrhunderts" widerspiegeln müsse. Dabei haben die vier Länder natürlich nicht zuletzt ständige Sitze für sich selbst im Blick. Angela Merkel hat vorgeschlagen, dass in Zukunft nicht mehr einzelne EU-Staaten die nicht-ständigen Sitze im Sicherheitsrat einnehmen, sondern diese zu "europäischen Sitzen" werden.

Mittelfristig wird das aber wohl nichts werden. Denn eine solche Neuregelung müsste in der UN-Vollversammlung mit Zwei-Drittel-Mehrheit angenommen werden. Doch insbesondere Russland und China wollen bislang keine Erweiterung des Sicherheitsrats.

Daneben stellt sich die knifflige Frage, welche Staaten neu in den Rang der ständigen Mitglieder aufsteigen sollen. Auf absehbare Zeit wird sich Deutschland also wie bisher alle acht Jahre um einen nicht-ständigen Sitz bewerben. In der Vergangenheit hat das verlässlich geklappt.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichteten am 01. April 2019 die tagesschau um 05:30 Uhr und Deutschlandfunk um 05:54 Uhr.