Russischer Kriegsbefürworter Ultranationalist Girkin in Moskau festgenommen
Der Militärblogger Girkin forderte ein härteres Vorgehen gegen die Ukraine, auch Kremlchef Putin machte er zuletzt immer wieder Vorwürfe. Nun wurde er wegen Extremismus-Vorwürfen festgenommen und sitzt in Untersuchungshaft.
Der für seine Kritik an der russischen Militärführung bekannte Ultranationalist Igor Girkin ist in Moskau festgenommen worden. Ein Gericht setzte Untersuchungshaft gegen ihn bis zum 18. September an. Dem 52-Jährigen wird demnach vorgeworfen, zu extremistischen Aktivitäten aufgerufen zu haben.
Russische Medien veröffentlichten Fotos und Videos, die Girkin in einem Glaskasten vor Gericht zeigen. Über die Festnahme hatte zuvor seine Frau Miroslawa Reginskaja auf dem Telegram-Kanal des Militärbloggers berichtet. Kommentatoren sprachen von einer weiteren Säuberungsaktion des Sicherheitsapparats, der seit Tagen verschärft gegen Kritiker der Militärführung vorgeht, darunter auch gegen Generäle.
Vorwürfe an Putin
Girkin ist unter dem Pseudonym Igor Strelkow bekannt. Er gilt als klarer Befürworter des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, kritisierte aber zunehmend scharf die Kriegsführung Russlands. So warf er der militärischen Führung in Moskau Inkompetenz und Korruption vor, zudem forderte er ein noch härteres und rücksichtsloseres Vorgehen in der Ukraine.
Kritisierte er anfangs vor allem Generalstabschef Waleri Gerassimow und Verteidigungsminister Sergej Schoigu, so richteten sich seine Vorwürfe zuletzt auch zunehmend gegen Präsident Wladimir Putin. Girkin warf ihm Schwäche und Unentschlossenheit in Bezug auf die Ukraine vor. Er plädierte für eine komplette Mobilmachung, damit Russland in der Ukraine gewinnen könne. Putin bezeichnete er als "feige Mittelmäßigkeit".
Am Dienstag hatte er auf Telegram geschrieben, dass in Russland seit 23 Jahren ein "Versager" an der Macht sei und dass das Land nicht "weitere sechs Jahre dieses Feiglings an der Macht" ertragen werde. Den Namen Putins nannte er dabei nicht. In Russland soll im kommenden Jahr eine Präsidentschaftswahl abgehalten werden.
Fotos zeigten Girkin in einem Glaskasten vor Gericht
Internationaler Haftbefehl
Girkin ist Ex-Geheimdienstoffizier. 2014 hatte er den Aufstand der vom Kreml gelenkten Separatisten im ukrainischen Donbass-Gebiet geleitet. Gegen ihn liegt ein internationaler Haftbefehl wegen seiner Beteiligung am Abschuss des Passagierflugzeugs MH17 im Jahr 2014 über dem Donbass vor.
Sein Anwalt Alexander Molochow sagte der Nachrichtenagentur AFP, er arbeite daran, Zugang zu seinem Mandanten zu erhalten. Dem russischen Internetportal RBK zufolge wurde auch eine Hausdurchsuchung durchgeführt. Die Festnahme erfolgte demnach auf die Klage eines früheren Söldners der Privatarmee Wagner hin. Wagner kämpfte in der Ukraine lange an der Seite regulärer Moskauer Truppen.
Konflikt mit Wagner-Chef Prigoschin
In den vergangenen Monaten hatte Girkin einen scharfen Konflikt mit dem Chef der Wagner-Truppe, Jewgeni Prigoschin, ausgetragen. Nach dem von Prigoschin geleiteten kurzzeitigen Aufstand gegen die Militärführung warf er diesem Hochverrat vor. Zwar hatte auch Kremlchef Putin am Tag des Aufstands und dem Marsch von Wagner-Truppen Richtung Moskau von "Verrat" gesprochen, später sicherte er aber den Beteiligten nach Verhandlungen und dem von Prigoschin angekündigten Rückzug Straffreiheit zu. Zuletzt wurde zudem bekannt, dass Putin Prigoschin und 35 hochrangige Offiziere der Wagner-Truppe noch nach dem Aufstand im Kreml empfangen hat.
Viele Söldner sind inzwischen in Belarus, dessen Machthaber Alexander Lukaschenko sich während der Revolte als Vermittler eingeschaltet hatte. Girkin hatte dies als Fahnenflucht kritisiert.