NATO-Gipfel in Washington Unterstützung für Ukraine, Vorkehrung für Trump
Die NATO hat der Ukraine beim Gipfel in Washington weitere umfassende Unterstützung zugesagt - und will die künftig von Wiesbaden aus koordinieren. Auch für den Fall einer Wiederwahl Trumps hat sich das Bündnis gerüstet.
Nun ist es endgültig beschlossen: Von Wiesbaden aus koordiniert die NATO künftig den Großteil der Waffenlieferungen an die Ukraine und die Ausbildung ukrainischer Soldaten. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg bestätigte die Entscheidung zum Abschluss des zweiten Gipfeltags.
Insgesamt sollen in Wiesbaden rund 700 NATO-Mitarbeiter im Einsatz sein, bis zu 40 davon aus Deutschland.
Militärhilfe und Kampfjets für Ukraine
Damit geht die Koordination der militärischen Unterstützung der Ukraine von den USA zur NATO insgesamt über - auch um im Fall einer zweiten Amtszeit des Bündnis-skeptischen Donald Trump als US-Präsident möglichst viel Kontinuität zu wahren.
Ebenfalls beim Gipfel beschlossen: Der Umfang der Militärhilfen für die Ukraine soll innerhalb des nächsten Jahres 40 Milliarden Euro betragen. Wichtig für die kommenden Monate: Neben weiteren Flugabwehrsystemen sollen auch F-16-Kampfflugzeuge an die Ukraine gehen.
Keine Beitrittseinladung an Kiew, aber...
Eine Einladung zum Bündnis-Beitritt gibt es auch bei diesem Gipfel nicht. "Während die Ukraine wesentlich Reformen vorantreibt, werden wir sie weiter unterstützen auf ihrem unumkehrbaren Weg zur NATO-Mitgliedschaft", formulierte es Stoltenberg.
US-Präsident Joe Biden warnte vor einer dauerhaften neuen Aufrüstung Russlands im Zuge des Ukraine-Kriegs. Russland "beschleunigt die Produktion von Waffen, Munition und Fahrzeugen erheblich" - und tue das mit der Hilfe von China, Nordkorea und dem Iran, so Biden. Er fügte hinzu: "Wir können uns als Bündnis nicht erlauben, hier zurückzufallen."
Scholz betont deutsche Vorreiterrolle
Biden ist innenpolitisch angeschlagen, auch der französische Präsident Emanuel Macron ist durch Wahlergebnisse geschwächt - viele Augen der Bündnispartner richten sich derzeit auf Deutschland. Bundeskanzler Olaf Scholz betonte in Washington, auch bei den neuen Luftabwehrsystemen für die Ukraine habe Deutschland eine Vorreiterrolle: "Ohne dass Deutschland vorangegangen wäre, würde dieser Schritt jetzt nicht erfolgen."
Auf die Frage, ob er auch im Fall eines Wahlsiegs von Trump und möglicherweise sinkender NATO-Beiträge der USA bereit sei, die Rolle einer Führungskraft auszufüllen und zusätzliche Beiträge zu leisten, sagte Scholz:
Deutschland ist das größte Land in Europa innerhalb des NATO-Bündnisses. Daraus erwächst uns eine ganz besondere Verantwortung. Und das kann ich hier ganz klar und deutlich sagen: Wir werden - ich werde - dieser Verantwortung gerecht werden.
Biden vor der Presse unter besonderer Beobachtung
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock überraschte am Rande des Gipfels mit der Ankündigung, keine erneute Kanzlerkandidatur für die Grünen anzustreben. Angesichts des russischen Angriffskriegs und der dramatischen Lage im Nahen Osten wolle sie sich ganz ihrer aktuellen Aufgabe widmen, so Baerbock im Interview mit dem Fernsehsender CNN. Es brauche "nicht weniger, sondern mehr Diplomatie, sonst würden andere die Lücke füllen", so Baerbock.
Am letzten Gipfeltag wird es noch einmal im Schwerpunkt um die Zukunft der Ukraine gehen. Und US-Präsident Biden hat eine Pressekonferenz angekündigt, bei der sich die Fragen voraussichtlich vor allem darum drehen, ob er mit Blick auf die Präsidentschaftswahl im November im Rennen bleibt.