US-Militärschlag angekündigt Eskaliert der Syrien-Konflikt?
Nach dem mutmaßlichen Giftgasangriff des syrischen Regimes wird der Ton zwischen den USA und Russland immer schärfer. Wie könnte ein Militärschlag in Syrien erfolgen? Und welche Rolle spielt Deutschland?
Nach der mutmaßlichen Giftgasattacke des Regimes auf die Rebellenhochburg Duma vor den Toren der Hauptstadt Damaskus am Wochenende attackierte US-Präsident Donald Trump Syriens Machthaber Bashar al-Assad und seine Verbündeten Russland und Iran. Er will Vergeltung und kündigte nun via Twitter einen Militärschlag in Syrien an.
Die Europäische Organisation zur Sicherung der Luftfahrt (Eurocontrol) mahnte internationale Fluggesellschaften wegen möglicher Luftangriffe bereits zu hoher Vorsicht im östlichen Mittelmeer.
Die syrischen Streitkräfte räumten offenbar bereits mehrere Stützpunkte und große Flugplätze, darunter auch die Militärbasis Dmeir, von der aus zuletzt die Luftangriffe der Regierung auf die belagerte Rebellenhochburg Ost-Ghuta ausgeführt wurden. Das berichtet die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in London.
Wie könnte ein US-Vergeltungsanschlag aussehen?
Denkbar ist ein begrenzter Angriff wie der im vergangenen Jahr. Damals hatte das US-Militär die syrische Luftwaffenbasis Al-Schairat mit Marschflugkörpern beschossen - als Reaktion auf den verheerenden Giftgasangriff mit Dutzenden Toten auf die Stadt Chan Scheichun, für den UN-Experten ebenfalls die Assad-Regierung verantwortlich machten. Der Angriff war aber weitgehend symbolisch und änderte an dem Kräfteverhältnis in Syrien nichts.
Die "New York Times" berichtete, Trumps Regierung erwäge diesmal einen heftigeren Angriff, um ein deutlicheres Signal zu setzen. Eine Möglichkeit wäre, dass das US-Militär mehrere Ziele angreift. Derzeit ist unter anderem der Zerstörer "USS Donald Cook" im Mittelmeer unterwegs. Er ist Berichten zufolge mit Marschflugkörpern vom Typ "Tomahawk" ausgerüstet. Fraglich ist aber, ob die USA wirklich eine offene Konfrontation mit Russland provozieren wollen.
Wie reagiert Russland?
Der Kreml und andere Vertreter der Führung senden seit Wochen unterschiedliche Signale: Mal wird für Zurückhaltung geworben, der mutmaßliche Giftgasangriff als Fake News abgetan, dann werden scharfe Warnungen ausgestoßen.
Die Geschosse sollten in Richtung Terroristen und nicht auf rechtmäßige Regierungen fliegen, teilte das Außenministerium heute in Moskau mit. Bereits Anfang der Woche hatte der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja in einer Sitzung des Weltsicherheitsrats in New York gewarnt, ein US-Angriff gegen die "gesetzmäßige syrische Regierung" würde "sehr negative Konsequenzen". Vor allem dann, falls auch die in Syrien stationierten russischen Streitkräfte betroffen wären.
Die Agentur Tass berichtet, dass der mutmaßliche Giftgas-Einsatz in Duma nach Ansicht des russischen Militärs von der syrischen Aktivistengruppe "Weißhelme"9 vorgetäuscht worden sei.
Welche militärischen Optionen hat Russland?
Ein Angriff dürfte die russische Raketenabwehr auf den Plan rufen, mit der Geschosse abgefangen werden könnten. Denkbar wäre aber auch, dass diejenigen Schiffe oder Flugzeuge angegriffen werden, von denen aus Ziele in Syrien beschossen werden. Als Schutzmacht von Syriens Machthaber Assad ist Russland in dem Bürgerkriegsland militärisch nach wie vor stark vertreten.
Wie positioniert sich die Bundesregierung?
Kanzlerin Angela Merkel hegt kaum einen Zweifel an einem Chemiewaffeneinsatz in Syrien. Es gebe schwere Indizien in Richtung syrisches Regime, sagte sie. Der Einsatz solcher Waffen sei aufs Schärfste zu verurteilen. Sie bedauere, dass es im UN-Sicherheitsrat zu keiner Einigung gekommen sei. Merkel verzichtete auf direkte Schuldzuweisungen in Richtung Russland. Gefragt nach ihrer Haltung zu einem möglichen Militärschlag gegen syrische Regierungstruppen sagte sie: "Über weitere Dinge möchte ich jetzt nicht spekulieren."
Zerstörte Häuser in der Stadt Duma, Ost-Ghouta. Bei dem mutmaßlichen Giftgas-Angriff sollen mindestens 42 Menschen getötet worden sein.
Kann Deutschland in den Konflikt hineingezogen werden?
Die Bundeswehr beteiligt sich seit Ende 2015 in Syrien und im Irak am Kampf gegen den IS - mit Tornado-Aufklärungsjets und einem Tankflugzeug. Die Tornados machen Bilder, mit deren Hilfe andere Verbündete wie die USA Luftangriffe gegen die Extremisten ausführen - aber eben nur gegen die Islamisten. Für eine Beteiligung an einem Angriff auf syrische Regierungstruppen fehlt der Bundeswehr die rechtliche Grundlage. Der Bundestag müsste also einen ganz neuen Einsatz beschließen oder das bestehende Mandat ausweiten.
Welche Rolle spielt Frankreich?
In der Syrien-Krise steuert Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron einen offensiven Kurs. Mehrfach bezeichnete der 40-Jährige den tödlichen Einsatz von Chemiewaffen als "rote Linie". Nun droht er mit Militärschlägen gegen die syrische Führung. Frankreich könnte Rafale-Jets von seiner Basis St. Dizier im Osten des Landes schicken, berichtet die Zeitung "Le Figaro". Flugzeuge seien auch in Jordanien und in den Vereinigten Arabischen Emiraten stationiert. Eine andere Option ist demnach auch die mit Marschflugkörpern bewaffnete Fregatte "Aquitaine" im Mittelmeer.
Welche Haltung hat London?
Großbritannien zieht zwar mit den USA und Frankreich nach außen an einem Strang, agiert aber vorsichtiger. Premierministerin Theresa May betonte, dass die Verantwortlichen für die mutmaßliche Giftgasattacke "zur Rechenschaft gezogen" werden müssen. Sie sprach aber nicht von möglichen "Angriffen" wie Macron.