US-Präsident Donald Trump salutiert auf einem Balkon des Weißen Hauses.
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Trumps Bilanz im Weißen Haus Der Herr der Lügen

Stand: 05.11.2020 14:49 Uhr

Mehr als 22.000 Falschaussagen, glatte Lügen und irreführende Behauptungen: Unter Donald Trump ist das Weiße Haus zu einem Hotspot der Desinformation geworden. Eine Bilanz.

Von Patrick Gensing, ARD-aktuell

Faktencheck-Projekte in den USA haben in der Amtszeit von Donald Trump alle Hände voll zu tun, um Aussagen des Präsidenten zu prüfen. Die "Washington Post" pflegt sogar eine Datenbank, um die Ergebnisse zu dokumentieren: Demnach hat Trump in seiner Amtszeit mehr als 22.000 irreführende oder falsche Behauptungen verbreitet. Die Daten zeigen, wie die Zahl dieser Aussagen von 2016 bis 2020 sogar weiter gestiegen ist.

Ein Grund dafür: Trump wiederholt falsche oder irreführende Aussagen immer wieder. Einige Behauptungen haben sich mittlerweile zu echten Klassikern entwickelt. So hatte Trump mehr als 260 mal versprochen, die Mauer zu Mexiko sei bald fertig. Fast 200 mal reklamierte der Präsident für sich, das US-Militär komplett neu aufgebaut zu haben - was Faktenchecker ebenfalls als falsch bewerten. Mehr als 400 mal behauptete Trump, er habe die erfolgreichste Wirtschaft der Geschichte geschaffen. Auch dies lässt sich durch Fakten nicht belegen - insbesondere nicht seit der Pandemie.

Treiber der "Infodemie"

Die Corona-Pandemie mit bislang mehr als 230.000 Todesfällen in den USA begleitete Trump dann mit Hunderten irreführenden oder falschen Aussagen. Eine Studie kam sogar zu dem Schluss, der Präsident der Vereinigten Staaten sei mutmaßlich zum größten "Treiber" von Falschmeldungen und Verschwörungslegenden geworden.

Auch die Mythen der QAnon-Bewegung verbreitete Trump immer wieder: mehr als 260 Mal twitterte der Präsident Inhalte, Codes oder Symbole von QAnon. Das FBI stufte die Bewegung im vergangenen Jahr als potenzielle terroristische Bedrohung ein. Einige Anhänger wurden wegen verschiedener Gewaltdelikte festgenommen.

Mehrfach mit Negativpreis ausgezeichnet

In den Jahren 2015, 2017 und 2019 zeichnete das Projekt PolitiFact Aussagen von Trump mit dem Negativpreis "Lüge des Jahres" aus. Zudem stufte Politifact 146 Aussagen von Trump als glatte Lüge ("Pants on fire") ein, 330 weitere als falsch, 186 als überwiegend falsch, 119 als halbwegs korrekt, 84 als überwiegend richtig und 35 als richtig.

Politifact-Faktenchecks zu Trump
Kategorie Anzahl Anteil
True 35 3%
Mostly True 84 9%
Half True 119 13%
Mostly false 186 20%
False 330 36%
"Pants on fire" 146 16%

Falschbehauptungen über Europa

Auch der ARD-faktenfinder hat bislang Dutzende Beiträge zu Trumps Behauptungen veröffentlicht. So beispielsweise zu seinen Vorwürfen gegen den damaligen FBI-Direktor James Comey, oder zu Äußerungen nach einem Anschlag in Barcelona. Der US-Präsident hatte mit einem Tweet für Empörung gesorgt, in dem er an eine Massenexekution von Muslimen auf den Philippinen erinnert. Doch die hatte nie stattgefunden. Aber auch Spekulationen über Trumps Gesundheit thematisierte der ARD-faktenfinder, weil diese höchst fragwürdig waren.

2018 schaltete sich Trump in Debatten über Kriminalität in Deutschland ein und behauptete ohne Belege, Behörden würden Straftaten von Flüchtlingen verheimlichen. Mehrfach behauptete der US-Präsident, sein Vater sei in Deutschland geboren worden. Vor Jahren hatte Trump angegeben, seine Familie stamme aus Schweden. Beide Aussagen sind falsch.

Schweden spielte in Trumps Äußerungen erstaunlich oft eine Rolle, so unter anderem, als er 2017 auf vermeintliche Geschehnisse verwies - aber in Schweden niemand wusste, was der Präsident damit eigentlich meinte. Das Schlagwort #LastnightinSweden trendete daraufhin international.

Im eigenen Land witterte Trump immer wieder Verschwörungen; der Präsident behauptete beispielsweise, eine Studie übertreibe die Anzahl der Opfer nach einem Hurrikan, um ihm zu schaden. Ähnliche Unterstellungen verbreitet Trump im Kontext der Corona-Pandemie.

Immer wieder versuchte Trump, bestimmte Gruppen für Ausschreitungen verantwortlich zu machen, obwohl es keine Belege dafür gab. Im Juni 2020 kündigte er an, "die Antifa" als inländische Terrorgruppe einstufen zu lassen, was rechtlich gar nicht möglich ist.

Trump will Auszählung stoppen

Seine kontinuierlich vorgetragenen Behauptungen zu einem drohenden Wahlbetrug - wiederum ohne Belege - gipfelten nun in seinen Anschuldigungen, die Wahl solle gestohlen werden - und er sei der Sieger der Abstimmung. Mit diesen Äußerungen und den angekündigten juristischen Schritten gegen die weitere Auszählung von Stimmen sorgte Trump im In- und Ausland für Empörung und Entsetzen.

Nach Tausenden irreführenden und falschen Aussagen könnte dies der Schlusspunkt seiner Präsidentschaft gewesen sein - oder aber der Auftakt für viele weitere Lügen und gezielte Falschmeldungen in einer weiteren Amtszeit.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk Kultur am 02. November 2020 um 18:30 Uhr.