Neues Diskussionspapier Kontroverse um Faesers Abschiebepläne
Bundesinnenministerin Faeser will die Abschieberegeln für abgelehnte Asylbewerber verschärfen. Einigen gehen die Vorschläge nicht weit genug, andere kritisieren sie als zu hart - auch innerhalb der Koalition.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser hatte am Mittwoch Vorschläge zur Verschärfung der Abschieberegeln vorgelegt - und stößt damit nun auf gemischte Reaktionen.
Zuspruch kam etwa von der FDP: Die geplanten Erleichterungen bei den Verfahren seien ein wichtiges Signal, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer Stephan Thomae der Nachrichtenagentur dpa. Noch immer scheiterten viel zu viele Abschiebungen: "Das muss sich schleunigst ändern. Der Staat muss dafür sorgen, dass seine Entscheidungen auch vollstreckt werden können."
Weiter sagte Thomae, für eine echte Rückführungsoffensive müssten Bund, Länder und Kommunen Hand in Hand arbeiten: "Dafür muss der Bund für mehr Kompetenzen der Bundespolizei in Bezug auf Rückführungen sorgen. Die Länder müssen dafür sorgen, dass deutlich mehr Abschiebehaftplätze zur Verfügung stehen und die Kommunen ihre Ausländerbehörden stärken."
ProAsyl sieht Grundrechte von Schutzsuchenden verletzt
Die Grünen-Politikerin Lamya Kaddor warf Faeser unterdessen vor, gegen Absprachen in der Ampelkoalition zu verstoßen. Die Innenpolitikerin kritisierte in den Zeitungen der Funke Mediengruppe, dass Faeser trotz eines abgestimmten Verfahrens für das sogenannte Migrationspaket II nun "restriktive Aspekte" herausgreife. "Wir erwarten von der Bundesinnenministerin, dass sie Vereinbarungen einhält - unabhängig von der Kandidatur", sagte Kaddor.
Auch Organisationen wie Pro Asyl geht das Vorhaben zu weit. Debatten über Abschiebungen führten nicht dazu, "dass mehr Menschen abgeschoben werden, sondern dass die Abschiebepraxis härter wird und dadurch Grundrechte von Schutzsuchenden verletzt werden", erklärte die Organisation.
DPolG fordert mehr Befugnisse
Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) bezeichnete Faesers Pläne hingegen als "nicht zielführend". Der stellvertretende Bundesvorsitzende der DPolG, Heiko Teggatz, forderte, dass die Bundespolizei die Befugnis erhalte, auch an den Binnengrenzen zurückweisen zu dürfen. "Dadurch kämen diejenigen, deren Bleibeperspektive gen Null läuft, gar nicht erst in langwierige Verfahren." Er wertete Faesers Papier als "Mogelpackung".
Teilweise Zuspruch von Kommunen
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund begrüßte die Vorschläge zwar als "ersten Schritt", aber auch ihm geht das vorgelegte Disskussionpapier nicht weit genug. Es brauche dringend eine Beschleunigung der Gerichtsverfahren bei aufenthaltsrechtlichen Fragen, sagte der Hauptgeschäftsführer des kommunalen Spitzenverbands, Gerd Landsberg, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Zudem drang er darauf, Tunesien, Marokko, Algerien und Georgien als sichere Herkunftsstaaten einzustufen.
Der Deutsche Landkreistag begrüßte es gegenüber der Nachrichtenagentur AFP, dass die "Rückführungsoffensive" Gestalt annehme. "Sinnvoll" sei auch, "dass die vorherige Ankündigung geplanter Rückführungen künftig weitgehend entfallen soll", so Präsident Reinhard Sager.
Throm wirft Faeser "Wahlkampfmanöver" vor
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann bezeichnete die Verlängerung der Abschiebegewahrsams als grundsätzlich richtig. Die Union habe das schon lange angemahnt, sagte er dem Sender Welt. Er warf Faeser aber vor, zu langsam zu agieren. Zudem forderte er, mehr Rücknahmeverträge mit afrikanischen Staaten abzuschließen.
Der innenpolitische Sprecher der Union im Bundestag, Alexander Throm, warf Faeser, die bei der Landtagswahl in Hessen am 8. Oktober als Spitzenkandidatin der SPD antritt, in der Funke Mediengruppe ein "Wahlkampfmanöver" vor.
Ausreisegewahrsam soll länger möglich sein
Derzeit ist der Ausreisegewahrsam bis zu zehn Tage lang möglich, Faeser schlägt eine Erweiterung auf bis zu 28 Tage vor. Damit sollen die Behörden mehr Zeit bekommen, um eine Abschiebung vorzubereiten. Auch sollen Widerspruch und Klage gegen Einreise- und Aufenthaltsverbote keine aufschiebende Wirkung mehr haben.
Diese und weitere Maßnahmen sollen nun mit Ländern und Kommunen diskutiert werden, bevor ein Gesetzgebungsverfahren eingeleitet wird.
Der Ausreisegewahrsam soll verhindern, dass sich jemand einer in naher Zukunft bevorstehenden Abschiebung entzieht. Daneben gibt es auch die Abschiebungshaft, die sich allerdings über Monate erstrecken kann.
2022 wurden nach Angaben der Bundesregierung knapp 13.000 ausreisepflichtige Personen aus Deutschland abgeschoben. Laut Ausländerzentralregister waren Ende 2022 insgesamt gut 304.000 Menschen ausreisepflichtig, davon etwa 248.000 mit einer Duldung.
Neben abgelehnten Asylbewerbern können auch Touristen, Arbeitnehmer und ausländische Studenten ausreisepflichtig werden, wenn ihr Visum beziehungsweise ihre Aufenthaltserlaubnis abgelaufen ist.
Geduldete sind Menschen, die zwar ausreisepflichtig sind, aber aus bestimmten Gründen nicht abgeschoben werden können. Das kann beispielsweise daran liegen, dass sie keine Ausweisdokumente haben, krank sind oder ein minderjähriges Kind haben, das eine Aufenthaltserlaubnis besitzt.