Zuwanderung Migrationsabkommen mit Kenia vor Abschluss
Von Migrationsabkommen verspricht sich die Bundesregierung eine bessere Steuerung der Zuwanderung. Nun soll eines mit Kenia geschlossen werden. Unterdessen streiten die Parteien weiter über Zurückweisungen an der Grenze.
Die Bundesregierung will mit Vertretern Kenias ein Migrationsabkommen schließen. Die Unterzeichnung soll während des Besuchs des kenianischen Präsidenten William Samoei Ruto bei Bundeskanzler Olaf Scholz stattfinden. Das Abkommen soll die Anwerbung von Fachkräften aus Kenia fördern und die Rückführung abgelehnter Asylbewerber von Deutschland in das ostafrikanische Land erleichtern. Zudem plant die Bundesregierung ein ähnliches Abkommen mit Usbekistan. Dieses soll beim Besuch von Scholz am Sonntag und Montag in Samarkand geschlossen werden.
Migrationsabkommen werden derzeit mit mehreren Staaten ausgehandelt. Sie gelten als Schlüssel, um die Einwanderung nach Deutschland und die Rückführung abgelehnter Asylbewerber in geregelte Bahnen zu lenken. Das Abkommen mit dem ostafrikanischen Kenia soll von Innenministerin Nancy Faeser und dem kenianischen Außenminister Musalia Mudavadi unterzeichnet werden. Allerdings gehören weder Kenia noch Usbekistan zu den Hauptherkunftsländern von Asylbewerbern. Mit Indien, Georgien und Marokko gibt es solche Vereinbarungen oder Partnerschaften schon.
Um Länder dafür zu gewinnen, hat die Regierung eigens einen Sonderbevollmächtigten eingesetzt. FDP-Politiker Joachim Stamp führt dazu seit dem vergangenen Jahr Gespräche mit ausländischer Regierungen - unter anderem mit Moldau, Kirgisistan, Kolumbien, Ghana und den Philippinen, wie aus der Regierungsantwort auf eine Anfrage vom Juni hervorgeht.
Parteien streiten weiter
Der Parteienstreit über radikale Schritte in der Migrationspolitik geht derweil weiter. Nach dem Scheitern des Spitzentreffens von Regierung, Koalition, Bundesländern und Unionsfraktion schlug CDU/CSU-Fraktionschef Friedrich Merz vor, die von ihm geforderte Zurückweisung von Asylbewerbern an den Landgrenzen zumindest für drei Monate zu testen.
Dabei geht es darum, dass Deutschland ausschließlich von EU-Ländern und somit von sicheren Drittstaaten umgeben ist und von daher nach den EU-Regeln eigentlich nicht für die Asylverfahren dieser Migranten zuständig ist.
Merz wies den Vorwurf von Kanzler Scholz zurück, das Platzen des Migrationstreffens inszeniert zu haben. "Ganz im Gegenteil", sagte der CDU-Vorsitzende bei einer Veranstaltung am Abend in Berlin. Er habe namens der CDU und der Unionsfraktion angeboten, "dass wir Teil der Verantwortung werden, wenn es um die Lösung geht", betonte Merz. Das setze aber voraus, "dass wir Lösungen miteinander finden, die wenigstens ein hohes Maß an Wahrscheinlichkeit für sich haben, dass das Problem auch tatsächlich gelöst wird".
Faeser beharrt auf Regierungslinie
Innenministerin Faeser bleibt jedoch bei der Regierungslinie. "Sie wissen, was wir von dem Vorschlag halten. Er ist europarechtlich sehr schwer umsetzbar", sagte die SPD-Politikerin gestern Abend am Rande einer Veranstaltung in Berlin. In der ZDF-Sendung "Maybrit Illner" erläuterte sie warum: nämlich weil dieser Vorschlag die Ausrufung einer Notlage erfordere.
"Sie glauben doch nicht, dass ich erkläre, dass meine Polizei die Lage nicht mehr im Griff hat", sagte sie. So etwas mache Menschen Angst. Zudem seien Erstaufnahmeeinrichtungen teils nur zu 50 Prozent belegt. "Das heißt, Sie würden juristisch gar nicht belegen können, dass eine Notlage existiert."
Faeser warb für eine Rückkehr der Union an den Verhandlungstisch. Mehrfach betonte sie, wie schade sie den Abbruch der Gespräche finde. Auf die Vorhaltung, dass sie ihr eigenes Konzept auch ohne die Union mit der Koalitionsmehrheit im Bundestag beschließen könne, sagte sie: "Nein, ich brauche die Union in den Ländern."
Union verlangt "Kurswechsel"
Die Union betonte ihre weitere Gesprächsbereitschaft - aber ebenfalls ohne von ihrer Linie abzuweichen. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sagte in der Sendung, es gehe der Union nicht etwa um Wahlkampf vor der Brandenburg-Wahl, sondern um die Sache. "Deswegen sind wir bereit, jeden Tag miteinander zu reden - nur, es muss ein Kurswechsel sein. Und das, was jetzt passiert, ist kein grundlegender Kurswechsel."
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier rief im ARD-Morgenmagazin zu spürbaren Lösungen beim Vorgehen gegen die irreguläre Migration auf und nahm die Ampelkoalition in die Pflicht, Änderungen notfalls auch ohne die Union voranzutreiben. "Wenn das gemeinsame Bemühen gescheitert sein sollte, dann muss eben aus dem, was vereinbarungsfähig ist, in der Koalition etwas gemacht werden", sagte Steinmeier.
Die Bürgerinnen und Bürger müssten spüren, dass es eine Lösung für das Problem gibt. "Es ist jetzt an den Parteien der demokratischen Mitte, eine Lösung für die Themen zu präsentieren, die die Menschen umtreiben", so Steinmeier. Einige politische Akteure würden mit dem Thema Geschäfte betreiben, sagte er mit Blick auch auf die Wahlen in Ostdeutschland. "Es wird ein langer Weg sein, um diese Polarisierung Richtung Zusammenhalt und Mitmenschlichkeit zu bewegen", betonte der Bundespräsident.