Kabinett zu Gesetzesreform Mehr Spielraum bei Finanzierung der Schiene
Das deutsche Schienennetz ist marode - was nicht zuletzt an der Zuständigkeit für die Instandhaltung liegt. Mit einer Gesetzesreform will Verkehrsminister Wissing dem Bund nun mehr Spielraum für Investitionen geben.
Der Zustand des deutschen Schienennetzes ist schlecht: Es ist nicht nur hoch ausgelastet, sondern stellenweise auch marode. Um verschlissenen Bahnstrecken und dadurch unpünktlichen Zügen entgegenzuwirken, will Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) jetzt die Investitionen des Bundes in das deutsche Schienennetz vorantreiben.
Konkret soll die Regierung mehr Spielraum bei der Finanzierung der Schieneninfrastruktur bekommen. Das Bundeskabinett brachte jetzt einen entsprechenden Entwurf für die Änderung des Bundesschienenwegeausbaugesetzes auf den Weg, der eine größere Handlungsfreiheit staatlicher Investitionen ermöglichen soll.
Mehr Finanzierungsfreiheit dank Gesetzesänderung
Die bisherige Ausgestaltung des Gesetzes habe sich laut Bundesverkehrsministerium zunehmend als Hemmnis erwiesen. Es galt die Regel: "Instandhaltung ist Sache der Bahn, Neubau hingegen Sache des Bundes." Dies habe Anreize geschaffen, Streckenabschnitte zu vernachlässigen, bis sie vom Bund in Gänze neu gebaut wurden, erklärte Wissing. Das Netz müsse jetzt "schnellstmöglich wieder in Schuss kommen, damit die Schiene ihre Wirkung als klimafreundlicher Verkehrsträger endlich voll entfalten kann".
Investitionen und Ausbaumaßnahmen sollen dank der Gesetzesänderung künftig schneller, optimierter und auch gebündelt umgesetzt werden. So könnte sich der Bund künftig an Kosten der Unterhaltung und Instandhaltung beteiligen - und nicht nur wie bisher an den Kosten von Bauprojekten. Für die Fahrgäste werde dies schnell spürbare Auswirkungen haben, sagte ein Sprecher Wissings.
Die neue Form der Finanzierung erlaube es außerdem, umfassende Generalsanierungen besonders vielbefahrener Strecken umzusetzen, etwa die des sogenannten Hochleistungskorridores zwischen Mannheim und Frankfurt. Dort soll 2024 in einem Zuge die gesamte Strecke instand gesetzt werden. Dafür zahlt der Bund auch an Stellen, für die eigentlich die Bahn zuständig wäre.
"Der erste Schritt der versprochenen Bahnreform"
Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, begrüßte die angestoßene Änderung: "Die Gesetzesnovelle ist der erste Schritt der versprochenen Bahnreform. Bislang hörte die Finanzierungsverantwortung des Bundes an der Bahnsteigkante auf."
Nun könnten Bundesmittel auch für Warteräume in Bahnhöfen oder für den Denkmalschutz ausgegeben werden. "Das sind Verbesserungen, die in den kommenden Jahren bei den Menschen ankommen werden. Der Druck auf die Deutsche Bahn AG, 'unrentable' Bahnhofsgebäude abzustoßen, wird endlich reduziert", erklärte Flege.
Kritik von den Ampel-Partnern
Die geplanten Änderungen stehen in einem engen Zusammenhang mit der beabsichtigten Gründung einer gemeinwohlorientierten Infrastruktursparte innerhalb der Deutschen Bahn AG. Zum 1. Januar 2024 sollen die DB Netz AG und die DB Station und Service AG verschmolzen werden. Die Erträge dieser neuen Gesellschaft sollen dann der Infrastruktur zugute kommen.
SPD-Bundestagsfraktionsvize Detlef Müller reicht diese Maßnahme nicht aus: "Es herrscht noch immer Unklarheit darüber, wie das Ministerium die Finanzierung und Entscheidungsstrukturen der Gesellschaft so aufstellen will, dass Ausbau und Instandsetzung des Schienennetzes endlich an Fahrt gewinnen."
Auch der Grünen-Bahnpolitiker Matthias Gastel dringt auf eine umfassendere Reform: "Wissing droht mit seinen Vorschlägen deutlich zu kurz zu springen und zentrale Reformziele zu verfehlen."