Widerstand der Klimabewegung Ausgerechnet Kohle
Wegen der drohenden Energiekrise soll eine Reihe von Kohlekraftwerken aus der Reserve wieder hochgefahren werden - mit entsprechenden Auswirkungen auf den CO2-Ausstoß. Widerstand kommt aus der Klimabewegung.
Es ist eine der bittersten Nachrichten, die Klimaschützer in diesen Tagen zu verkraften haben: Die Bundesregierung setzt ausgerechnet auf die klimaschädliche Kohle, um der Gaskrise entgegenzuwirken.
Und ausgerechnet ein grüner Klimaschutzminister läutet das Comeback der Kohle ein. "Das ist kein Schritt, der mir leicht fällt, aber ein notwendiger Schritt, der jetzt gegangen wird", so Robert Habeck.
Das Ziel: Gas einsparen, indem zum Beispiel Strom durch Kohle statt durch Gas erzeugt wird.
Wie CO2-Ausstoß ausgleichen?
Manche Klimaschützer haben für Habecks Entscheidung Verständnis. "Wenn wir jetzt die Kohle als ein ganz kurzfristiges Mittel verstehen, um über den nächsten Winter zu kommen, dann ist das für uns schmerzhaft, aber eine vertretbare Option", meint Pauline Brünger von Fridays for Future.
"Solange man sich eben als Bundesregierung Gedanken darüber macht, wie man diese zusätzlich entstehenden Emissionen direkt wieder ausgleicht." Und genau an dieser Stelle endet das Verständnis für den Minister. Denn mehr Kohle wird wohl mehr CO2-Ausstoß bedeuten.
"Das was mir gerade wirklich ein ungutes Bauchgefühl macht, ist, dass es überhaupt keine Pläne gibt, wie diese zusätzlichen Emissionen, die dadurch ausgestoßen werden, langfristig wieder eingespart werden. Von daher ist das nichts, was wir uns klimapolitisch leisten können", sagt Brünger.
Zerstörung von Landschaften
Für die Jugendorganisation des Bundes für Umwelt- und Naturschutz ist das Hochfahren der Kohlekraftwerke ein Albtraum - zum einen wegen der Emissionen, zum anderen wegen der Zerstörung von Dörfern und Landschaften hierzulande und in der ganzen Welt.
"Wir erleben jetzt schon, was für Folgen der Klimawandel hat und wir wissen, wir müssen eigentlich gestern gehandelt haben. Und da können wir uns jetzt nicht als schnelle Reaktion auf eine weitere Krise erlauben, weitere Kohle zu verfeuern", sagt Alexandra Struck aus dem Bundesvorstand. "Kohle ist eigentlich ein Energieträger, der schon sehr lange weg vom Fenster gehört."
Stärker aufs Energiesparen setzen
Die Ampelkoalition müsse viel stärker aufs Energiesparen setzen, fordern die jungen Klimaschützer. Nicht in Form von Habecks Appellen, freiwillig weniger zu duschen, sondern in Form klarer gesetzlicher Vorschriften - für die Industrie und die Verbraucher.
"Wir müssen Energie sparen. Denn die nachhaltigste Energie, ist die, die nicht produziert wird", sagt Struck. Sie und viele aus der Klimaschutzbewegung sind von der Bundesregierung enttäuscht.
"Von den Grünen hätte ich es am wenigsten erwartet, dass sie den Weg einschlagen. Aber ich hätte auch einer SPD oder einer FDP durchaus Verantwortung für zukünftige Generationen erwartet."
Klimaschutzbewegung kündigt neue Proteste an
Und diese Enttäuschung hat Folgen: Die Euphorie nach der Bundestagswahl sei verflogen. Stattdessen breiten sich Frust und Unmut aus, beobachtet Struck.
"Ich will nicht wissen, was mit jungen Menschen passiert, die jahrelang auf die Straße gehen und sich für ihre Interessen einsetzen, was mit denen passiert, wenn sie politisch immer noch nicht gehört und einbezogen werden. Das kann schon gefährlich werden für eine Demokratie, wenn man die Jugend verliert."
Viele in der Klimaschutzbewegung wollen ihre Füße nicht mehr stillhalten. Fridays for Future ruft bereits zu Demonstrationen auf. Ab Ende September wollen sie ihren Protest wieder auf die Straße bringen.