Pkw-Maut-Ausschuss Scheuer hat es fast geschafft
Er ist der letzte Zeuge im Maut-U-Ausschuss. Bereits zum zweiten Mal muss Verkehrsminister Scheuer heute Rede und Antwort stehen. Den Gefallen, zurückzutreten, dürfte er der Opposition aber wohl kaum tun.
Ein Prestige-Projekt für die CSU sollte die Pkw-Mau" einst werden - doch letztlich hat sie den zuständigen Minister viel Prestige gekostet. Wenn auch nicht das Amt. Zum letzten Mal bekommt die Opposition nun die Gelegenheit, mit Andreas Scheuer persönlich ihre lange Liste an Vorwürfen durchzugehen.
Steuermillionen verzockt, gegen Haushalts- und Vergaberecht verstoßen und den Bundestag belogen zu haben - das sind nur einige der Punkte, die sie dem Minister bei der gescheiterten Pkw-Maut zur Last legt.
"Fakt ist, dass wir nach Recht und Gesetz gehandelt haben", bekräftigte Scheuer gestern Abend im BR und bleibt damit seiner Linie treu: Er habe keine Fehler gemacht.
Hat Scheuer die Unwahrheit gesagt - oder nicht?
Beim letzten Mal, am 1. Oktober 2020, war es draußen bereits stockdunkel, als der Minister um kurz vor Mitternacht den Sitzungssaal betrat. Und immer noch tiefschwarze Nacht, als er ihn um 4.30 Uhr morgens wieder verließ. Wirklich Erhellendes hatte der nächtliche Auftritt aus Sicht der SPD-Obfrau im Ausschuss, Kirsten Lühmann, damals nicht zu bieten. "Es gibt keinen Beweis, dass Herr Scheuer das Parlament belogen hat. Er ist aber auch nicht endgültig entlastet."
So sagt es eine zwiegespaltene SPD-Politikerin. Hat Scheuer im Bundestag die Unwahrheit gesagt? Das war damals und ist bis heute, bis zum letzten Ausschusstag, eine der Schlüsselfragen.
Unstrittig ist eines: Der Verkehrsminister hatte als glühender Verfechter der Pkw-Maut alle warnenden Stimmen - von der CSU auch gern "Mautmauler" genannt - überhört. Oder überhören wollen. Er hatte politisch Gas gegeben und Ende 2018 die Verträge mit den Betreiberfirmen unterzeichnet. Obwohl das abschließende Urteil des Europäischen Gerichtshofs noch gar nicht ergangen war.
Ein teurer Totalschaden
Das kam dann im Sommer 2019 und bedeutete eine unsanfte Vollbremsung für die CSU-Pläne. "Politisch gesehen ist die Pkw-Maut damit leider vom Tisch", stellte Scheuer damals fest. Ein politischer Totalschaden - und ein teurer womöglich noch dazu, weil die Betreiber heute Schadensersatz in Höhe von 560 Millionen Euro wollen. Ein Schiedsgericht ist damit befasst, die Ansprüche zu klären.
Aber warum der Vorwurf der Lüge? Am 29. November 2018, also vor der Vertragsunterzeichnung, traf sich Scheuer mit den Chefs der Betreiberfirmen zum Frühstück. Bei dieser Begegnung, sagen die Unternehmer selbst, hätten sie auf der Bremse gestanden und angeboten, mit der Unterzeichnung der Verträge doch zu warten, bis es Rechtssicherheit gebe. "Ich werde niemals sagen, dass jemand lügt. Ich kann nur über mich sagen und über Herrn Schulenberg: Wir sagen die Wahrheit", gab Georg Kapsch zu Protokoll, dessen Firma mit der von Klaus-Peter Schulenberg ein Bieter-Tandem bildete.
Aussage gegen Aussage
Scheuer jedoch sagte auf Nachfrage im Bundestag: Einen solchen Vorschlag, die Verträge zu verschieben, hätten die Betreiber nie gemacht. Und dabei bleibt er: "Nach seiner Erinnerung" gab es ein solches Angebot nicht, erklärte Scheuer dann auch in der Ausschusssitzung. Und so steht denn seitdem Aussage gegen Aussage. "Dem Minister ist eine Lüge nicht nachzuweisen. Man sollte ein totes Pferd nicht weiter reiten", empfiehlt SPD-Politikerin Lühmann. Doch dass die Opposition die Zügel in dieser Schlüsselfrage locker lässt, ist nicht zu erwarten.
Die Chancen, dass Scheuer den Ausschuss nicht erst in den frühen Morgenstunden verlässt, stehen diesmal deutlich besser. Dass er noch ganz neue, erhellende Fakten beisteuert oder gar Reue zeigt, wie die Opposition es fordert, ist hingegen eher unwahrscheinlich.
Der FDP-Verkehrsexperte Oliver Luksic glaubt zu wissen, mit welcher Haltung Scheuer in die Sitzung geht: "Die Taktik ist ganz klar: Noch diesen einen Tag überstehen. Und dann hoffen, dass andere Themen das politische Berlin dominieren."
Scheuer dürfte im Amt bleiben
Passiert keine Riesen-Überraschung, dann dürfte Scheuer - ist er auch noch so angeschlagen - auch weiterhin im Amt bleiben. Mitten in der Corona-Krise und dazu noch im Wahljahr den Minister auswechseln - daran haben bislang weder der CSU-Chef Markus Söder noch Kanzlerin Merkel irgendein Interesse gezeigt.
Doch die gescheiterte Pkw-Maut könnte Scheuer auch über den letzten Ausschusstag hinaus heimsuchen. Eines Tages wird das Schiedsgericht verkünden, wie viel das CSU-Lieblingsprojekt die Steuerzahler kostet.