Kampagne gegen sexualisierte Gewalt "Sehen Sie hin, hören Sie zu"
Familienministerin Paus hat eine Kampagne gestartet, um Kinder besser vor sexualisierter Gewalt zu schützen. Sie richtet sich an Erwachsene - denn diese sieht Paus in der Verantwortung.
Bundesfamilienministerin Lisa Paus will Kinder besser vor sexualisierter Gewalt schützen. Dazu stellte sie in Berlin die an Erwachsene gerichtete Kampagne "Schieb deine Verantwortung nicht weg" vor. "Ein aufgeklärtes, wachsames Umfeld schützt Kinder und Jugendliche viel besser vor Gewalt", sagte die Grünenpolitikerin.
Die Kampagnenbotschaften sollen unter anderem über Fernsehspots, Plakate, Informationsmaterialien und die sozialen Medien verbreitet werden. Zudem ist die Stärkung lokaler Netzwerke und kommunaler Initiativen geplant. "Mit der Kampagne appellieren wir ganz klar an das Verantwortungsgefühl von Erwachsenen", sagte Paus dazu. Die Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM), Kerstin Claus, ergänzte: "Wir Erwachsenen sind es, die hier in der Verantwortung stehen." Es gehe darum, dass jede und jeder den Unterschied ausmachen könne.
Zweite Kampagne
Die Ministerin hatte unter dem Motto "Schieb den Gedanken nicht weg" vor rund einem Jahr die erste Phase der Kampagne gestartet. Dabei ging es darum, das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen oft im eigenen Umfeld stattfindet. Die nun gestartete zweite Phase soll unter anderem darüber aufklären, auf welche Signale geachtet werden sollte und wo es Hilfe- und Beratungsangebote gibt.
Gleichzeitig kündigte Paus an, sie wolle noch im November Schritte unternehmen, um das Amt der Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung gesetzlich zu verankern und zu stärken. Auch eine unabhängige Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in Deutschland und eine Berichtspflicht an den Bundestag seien geplant. Das Kabinett könnte den Gesetzentwurf Anfang kommenden Jahres beschließen und danach in den Bundestag einbringen, kündigte Paus an.
Missbrauch vor allem im familiären Umfeld
Dem aktuellen Lagebild des Bundeskriminalamtes zufolge gab es 2022 etwa 17.000 Fälle sexualisierter Gewalt gegen Kinder - das seien im Schnitt täglich mindestens 45 Betroffene. Die Dunkelziffer liege weit höher, hieß es. In fast jedem siebten Fall hatte das Kind dabei das sechste Lebensjahr noch nicht erreicht.
Das Lagebild erschüttere und sei schwer zu ertragen, sagte Paus. Die meisten Täter seien den betroffenen Kindern vertraut und nutzten dieses Vertrauen aus - vor allem innerhalb der Familie und des näheren Umfeldes komme es zu Gewalttaten. Dies habe zum Start der Kampagne im vergangenen Jahr geführt.