Mitarbeiter des Straßenbauamts unterziehen die Brücke auf der B108 über die Radegast einer Prüfung.
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Einsturz in Dresden So werden Deutschlands Brücken geprüft

Stand: 11.09.2024 19:36 Uhr

Korrosion könnte für den Teileinsturz der Carolabrücke in Dresden verantwortlich sein. Wie sicher sind Brücken in Deutschland? Sie werden regelmäßig getestet, aber Tausende Brücken müssen dringend saniert werden.

Für die in der Nacht auf Mittwoch teilweise eingestürzte Carolabrücke in Dresden galten - wie für alle Brücken in Deutschland - Sicherheitsbestimmungen. Jede Brücke muss alle sechs Jahre eine Hauptuntersuchung durchlaufen. Diese erfolgt in der Regel bei laufendem Verkehr und umfasst die Überprüfung aller Bauteile. Drei Jahre danach erfolgt jeweils ein weniger aufwendiger Test.

Der Bereichsleiter Technik und Gesellschaft beim Verein Deutscher Ingenieure, Dieter Westerkamp, hält diesen Zyklus für ausreichend. "Angesichts der niedrigen Zahl an Vorkommnissen bei rund 130.000 Brücken in Deutschland scheint sich dieser Rhythmus zu bewähren".

Zustandsnoten für Bundesbrücken

Jede der knapp 40.000 Brücken in der Verantwortung des Bundes erhält regelmäßig eine Note auf Basis dieser Tests. Im jüngsten Übersichtsbericht der Bundesanstalt für Straßenwesen erhielten knapp 2.300 Brücken die Note sehr gut für ihren Zustand. Etwa 200 wurden als ungenügend bewertet. Der Großteil der Bundesbrücken befindet sich in einem guten oder befriedigenden Zustand.

"Wenn bei der Bauwerksprüfung eine Beeinträchtigung der Standsicherheit oder Verkehrssicherheit festgestellt wird, so werden selbstverständlich sofort entsprechende Maßnahmen getroffen, um die erforderliche Sicherheit weiterhin zu gewährleisten", heißt es in dem Bericht.

Die Bundesanstalt für Straßenwesen testet auch die strukturelle Leistungsfähigkeit von Brücken, also inwiefern sie den verkehrlichen Belastungen standhalten können. Insbesondere im Westen Deutschlands haben diesen Überprüfungen zufolge zahlreiche Bauwerke ihre Lebenszeit überschritten.

Zweifel am Sanierungszeitplan

Verkehrsminister Volker Wissing verkündete Anfang 2022 deshalb ein Maßnahmenpaket für eine schnellere Brückenmodernisierung. Von rund 28.000 Autobahnbrücken müssten demnach langfristig 8.000 modernisiert werden. Der Bundesrechnungshof hat im Januar Zweifel angemeldet, ob der Sanierungszeitplan des Bundes zu halten ist.

Insbesondere die Sperrung prominenter Autobahnbrücken hatte den Bund in den vergangenen Jahren zum Handeln gezwungen. Für Schlagzeilen sorgte etwa die Autobahnbrücke Rahmede an der Sauerlandlinie, die wegen schwerer Schäden vollständig gesperrt werden musste und inzwischen gesprengt wurde. Geplant ist nun ein Neubau.

Bei den rund 67.000 Brücken in kommunaler Verantwortung gibt es ebenfalls Sanierungsbedarf. Auf Basis einer Befragung der Kommunen geht das Deutsche Institut für Urbanistik in einem Bericht aus dem vergangenen Jahr davon aus, dass jede zweite Straßenbrücke in keinem guten Zustand ist. Damit wäre ihr Zustand schlechter als bei den Bundesbauten. Hinzu kommen rund 3.000 modernisierungsbedürftige Brücken in der Zuständigkeit der Länder. Eine zentrale Erfassung der Brückenzustände gibt es auf Landes- oder kommunaler Ebene allerdings nicht.

Korrosion als mögliche Ursache für den Einsturz

Auch die Carolabrücke in Dresden hatte Sanierungsbedarf: Zwei ihrer Brückenzüge wurden in den vergangenen Jahren bereits modernisiert, eingestürzt ist nun der dritte Teil, der im nächsten Jahr saniert werden sollte. "Das ist ein Risiko, mit dem wir uns seit vielen Jahren auseinandersetzen", sagte Holger Kalbe, verantwortlich für die Sicherheit aller Brücken in Dresden. Bundesverkehrsminister Wissing sagte, die Brücke stehe in kommunaler Verantwortung. "Man sieht an dieser Brücke, wie gefährlich es ist, wenn in Infrastruktur nicht sorgfältig investiert wird", so Wissing.

Die Ermittlungen zur Unglücksursache laufen noch, aber Kalbe vermutet, Korrosion könne verantwortlich sein - eine Folge von mangelhafter Wartung in der Vergangenheit. Es sei denkbar, dass an der Einbruchstelle Chloride eingedrungen sind und dort im Inneren der Brücke zu Korrosion führten - also einer Zersetzung des Materials.

Die Carolabrücke ist eine Spannbetonbrücke aus dem Jahr 1971, eine der ersten größeren Bauwerke dieser Art in der DDR. Auch Brückenbauexperte Steffen Marx von der TU Dresden vermutet, Korrosion habe einen wesentlichen Beitrag zum Einsturz geleistet. "Ein besonders tragisches Defizit ist, dass die Brücke keine Redundanzen hat, das heißt: Wenn irgendwas ist, folgt der Einsturz", erläuterte er.

Michael Hüther, Direktor Institut der Deutschen Wirtschaft, zur Sicherheit der deutschen Infrastruktur

tagesthemen, 11.09.2024 22:15 Uhr

Brücken der Bahn oft mehr als 100 Jahre alt

Bei der Deutschen Bahn läuft ebenfalls ein Sanierungsprogramm. Fast die Hälfte der rund 25.700 Brücken der Bahn sind mehr als 100 Jahre alt. Bis 2029 will die Bahn insgesamt 2.000 Brücken vollständig oder teilweise erneuert haben. "Die Brücken der Deutschen Bahn sind sicher, sie werden regelmäßig und systematisch inspiziert und geprüft", teilte das Unternehmen mit.

Mit Informationen der Nachrichtenagentur dpa

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 11. September 2024 um 18:00 Uhr.