Krieg in Nahost ++ EU uneins über Israel-Sanktionen ++
Die EU-Außenminister sind uneins über Sanktionen gegen israelische Regierungsmitglieder. Die Lufthansa verlängert ihren Flugstopp nach Teheran und Tel Aviv. Der Liveblog vom Donnerstag zum Nachlesen.
- EU fordert Feuerpausen für Polio-Impfungen
- Lufthansa verlängert Flugstopp nach Tel Aviv
- Geisel-Angehörige durchbrechen Grenze zum Gazastreifen
- Israel tötet fünf Palästinenser im Westjordanland
- Guterres fordert Ende der Gewalt im Westjordanland
Ende des Liveblogs
Für heute beenden wir den Liveblog. Vielen Dank für Ihr Interesse!
USA kritisieren Israel nach Schüssen auf UN-Fahrzeug
Nach Schüssen auf ein UN-Fahrzeug im Gazastreifen haben die Vereinigten Staaten Druck auf ihren Verbündeten Israel ausgeübt. Israel habe den Vorfall mit einem Kommunikationsfehler zwischen den israelischen Streitkräften erklärt, sagte der stellvertretende amerikanische UN-Botschafter Robert Wood bei einer Sitzung des UN-Sicherheitsrates in New York. "Wir haben sie aufgefordert, die Probleme in ihrem System, die dies ermöglicht haben, unverzüglich zu beheben. Doch auch fast elf Monate nach Beginn dieses Konflikts sind Vorfälle wie der gestrige noch immer allzu häufig."
Die Vereinten Nationen hatten nach dem Vorfall von Dienstag Aufklärung von Israel gefordert. Das deutlich gekennzeichnete humanitäre UN-Fahrzeug sei Teil eines Konvois gewesen, dessen Fahrt vollständig mit der israelischen Armee koordiniert worden sei. Es sei zehnmal von israelischen Schützen beschossen worden. Israel hatte eine Untersuchung angekündigt.
"Humanitäre Feuerpausen enorm wichtig"
Mit Blick auf die nötige Polio-Impfquote von 90 Prozent spricht ARD-Korrespondent Arnd Henze von einem "Wettlauf mit der Zeit". Dass dafür nun Fenster geschaffen wurden, sei ein "großer Durchbruch".
Tote im Westjordanland
Im Zuge eines großangelegten israelischen Militäreinsatzes im nördlichen Westjordanland sind palästinensischen und israelischen Angaben zufolge bislang mindestens 16 Menschen getötet worden. Palästinensischen Berichten zufolge soll es sich bei den meisten von ihnen um Militante handeln. Sie seien seit Beginn der Operation in Dschenin, Tubas und Tulkarem ums Leben gekommen, teilte das Gesundheitsministerium in Ramallah mit.
Die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa meldete unter Berufung auf medizinische Kreise 17 Tote. Laut palästinensischen Berichten sollen zwei der Getöteten Zivilisten, mehrere wiederum Mitglieder des militärischen Arms der Hamas sowie anderer extremistischer Gruppierungen sein. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.
Israels Armee meldete bislang sieben getötete militante Palästinenser in Dschenin, fünf in Tulkarem sowie weitere vier getötete Bewaffnete in Faraa nahe Tubas. Zehn Personen seien festgenommen worden, hieß es weiter. Sicherheitskräfte entschärften den Angaben nach zudem Dutzende Sprengsätze und stellten Waffen sicher. Der Einsatz in dem Flüchtlingsviertel Faraa im Norden des Palästinensergebiets ist Militärangaben zufolge inzwischen beendet worden. Die Armee machte bislang keine Angaben dazu, wie lange sie noch in den anderen Orten gegen militante Palästinenser vorgehen wird. Israelischen Medien zufolge könnte er mehrere Tage andauern.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Kein EU-Konsens für Israel-Sanktionen
Für EU-Sanktionen gegen israelische Regierungsmitglieder gibt es im Kreis der Außenminister weiterhin keinen Konsens. Sie werden aber auf Vorschlag von Chefdiplomat Josep Borrell geprüft. Dabei geht es um Strafmaßnahmen gegen Finanzminister Bezalel Smotrich und Polizeiminister Itamar Ben-Gvir vor. Ihnen werden Menschenrechtsverletzungen und Aufstachelung zum Hass vorgeworfen.
Ungarn und Italien wiesen beim informellen Außenministertreffen in Brüssel den Vorschlag von Borrell zurück. Auch Deutschland hatte sich skeptisch gezeigt, Außenministerin Annalena Baerbock schloss allerdings eine deutsche Zustimmung zu den Plänen nicht aus. Sanktionsbeschlüsse in der Europäischen Union müssen einstimmig gefasst werden.
"Das Infektionsrisiko ist extrem groß"
Bezüglich der geplanten Polio-Impfungen seien Details ungeklärt, berichtet ARD-Korrespondentin Hanna Resch. "Denn die Feuerpausen beziehen sich ja nur auf gewisse Regionen im Gazastreifen." Trotzdem müssten 90 Prozent aller Kinder binnen drei Tagen geimpft werden - und zu den betreffenden Stellen gelangen.
Gallant: "Auftrag an der Nordfront ist klar"
Der israelische Verteidigungsminister Yoav Gallant hat die Rückkehr von Bewohnerinnen und Bewohnern nach Nordisrael als erweitertes Kriegsziel seines Landes gefordert. "Unser Auftrag an der Nordfront ist klar - die Bewohner der nördlichen Gemeinden müssen sicher in ihre Häuser zurückkehren", sagt Gallant. Um das zu erreichen, müsse Israel die Ziele des Krieges um diesen Punkt erweitern. "Dies wird unseren unabdingbaren Einsatz für die Zerschlagung der Hamas und die Rückkehr der Geiseln nicht schmälern."
WHO: Israel sagt begrenzte Feuerpausen für Polio-Impfungen zu
Israel hat nach Angaben der Vereinten Nationen für eine Polio-Impfkampagne täglichen Feuerpausen im Gazastreifen zugestimmt. In drei Teilen des Küstenstreifens sollen nacheinander an jeweils drei Tagen die Kämpfe von morgens bis nachmittags eingestellt werden. Der Vertreter der Weltgesundheitsorganisation WHO in Gaza, Rik Peeperkorn, berief sich dabei auf eine Zusage der für Palästinenserangelegenheiten zuständigen israelischen Behörde Cogat. Ziel sei es, Hunderttausende Kinder gegen Polio zu impfen. Beginnen sollen die Aktion demnach am Sonntag.
Viele Tote bei Kämpfen im Gazastreifen
Bei Kämpfen im Gazastreifen sind erneut Dutzende Menschen getötet worden. Laut der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde kamen innerhalb von 24 Stunden 68 Menschen ums Leben. Sie unterscheidet nicht zwischen Zivilisten und Kämpfern der Terrormiliz.
Das israelische Militär teilte mit: "Im Lauf des vergangenen Tages haben die Truppen im Nahkampf und durch Luftangriffe Dutzende Terroristen ausgeschaltet."
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
EU fordert Feuerpausen für Polio-Impfungen
Die EU fordert sofortige humanitäre Feuerpausen im Gazastreifen, damit in dem Gebiet alle jungen Menschen gegen das für Kinderlähmung verantwortliche Polio-Virus geimpft werden können. "Der Gazastreifen war in den vergangenen 25 Jahren poliofrei. Es ist alarmierend, dass das Polio-Virus entdeckt wurde", heißt es in einer am Rande eines EU-Außenministertreffens in Brüssel veröffentlichten Erklärung. Eine Epidemie sowie eine weitere internationale Ausbreitung müssten vermieden werden.
Laut der für Palästinenserangelegenheiten zuständigen israelischen Behörde Cogat wurden bereits Impfstoffe für 1,25 Millionen Menschen über den Grenzübergang Kerem Schalom in den Küstenstreifen transportiert.
Nach Angaben der EU sehen Planungen derzeit vor, in den kommenden Wochen mit Unterstützung der Weltgesundheitsorganisation und von UNICEF mehr als 640.000 Kinder den neuen oralen Polioimpfstoffs Typ 2 zu verabreichen. Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock sagte in Brüssel, die Bundesregierung arbeite mit Hochdruck mit Partnern vor Ort für eine humanitäre Feuerpause und tue alles dafür, dass die Polio-Impfungen jetzt auch verimpft werden könnte.
Scholz und Jordaniens König erneuern Forderung nach Waffenruhe
Bundeskanzler Olaf Scholz hat in einem Telefonat mit Jordaniens König Abdullah II. die Forderung nach einer Waffenruhe im Gazastreifen erneuert. Nach dem Telefonat teilte Scholz' Sprecher Steffen Hebestreit mit, beide seien sich einig gewesen, dass es jetzt "mehr denn je" darauf ankomme, "die destruktive Spirale von Vergeltungsgewalt in der Region zu durchbrechen". "König Abdullah und der Bundeskanzler unterstrichen die Bedeutung eines Abkommens zur Freilassung der Geiseln und eines Waffenstillstands im Gazastreifen", hieß es in der Mitteilung weiter.
Außerdem seien sie sich einig in "ihrer Ablehnung des illegalen Siedlungsbaus und in ihrer klaren Verurteilung extremistischer Siedlergewalt und jeden Versuchs der Vertreibung von Menschen aus den palästinensischen Gebieten". Scholz dankte Abdullah II. den Angaben zufolge in dem Telefonat auch für "die wichtige vermittelnde Rolle, die Jordanien einnimmt".
Angehörige sprechen Hamas-Geiseln über Lautsprecher Mut zu
Angehörige haben versucht, über Lautsprecher an der Grenze zum Gazastreifen den von der Hamas aus Israel verschleppten Geiseln Mut zuzusprechen. "Hersh, Hersh, hier ist Mama", rief Rachel Goldberg-Polin der Nachrichtenagentur AP zufolge ins Mikrofon. Ihr 23-jähriger Sohn Hersh war demnach einer der rund 250 Menschen, die von den palästinensischen Extremisten bei ihrem Terrorangriff am 7. Oktober entführt worden war. "Es ist Tag 328. Wir sind alle hier, alle Familien der verbliebenen 107 Geiseln. Hersch, wir arbeiten Tag und Nacht und wir werden nie aufhören", sagte Goldberg-Polin.
Jonathan Polin (Mitte-links) spricht ins Mikrofon: Er und seine Frau Rachel Goldberg-Polin (Mitte-rechts) bangen nun seit fast elf Monaten um ihren Sohn, der als Geisel gehalten wird.
US-Sicherheitsberater spricht von Fortschritten bei Gesprächen
Der nationale Sicherheitsberater der USA, Jake Sullivan, sieht Fortschritte bei den Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gazastreifen und die Freilassung von Geiseln. "Die Unterhändler arbeiten an den Details, was bedeutet, dass wir die Diskussionen bis zu einem Punkt vorangetrieben haben, an dem es ans Eingemachte geht, und das ist ein positives Zeichen", sagte Sullivan laut Nachrichtenagentur AP in Peking. Die Sache sei aber noch nicht in trockenen Tüchern. "Wir werden also so lange daran arbeiten, bis wir die Waffenruhe und das Geiselabkommen unter Dach und Fach haben", sagte er.
Vertreter der USA, Ägyptens, Katars und Israels haben in tagelangen Gesprächen versucht, einen aktualisierten Vorschlag auszuarbeiten, der der Hamas vorgelegt werden soll.
Sorge vor möglicher Umweltkatastrophe nach Huthi-Angriff
Knapp eine Woche nach dem Angriff von Huthi-Rebellen auf den griechischen Öltanker MV "Sounion" fürchten Experten und Diplomaten eine mögliche Umweltkatastrophe. Das Schiff hat eine Ladung von etwa 150.000 Tonnen Öl an Bord. "Es werden erhebliche diplomatische Anstrengungen unternommen, um eine mögliche ökologische Katastrophe zu verhindern", sagte der griechische Außenminister Giorgos Gerapetritis am Rande des EU-Außenministertreffens in Brüssel. Er habe in der Angelegenheit mit seinem Amtskollegen in Saudi Arabien gesprochen.
Das Schiff liegt im Roten Meer etwa 65 Kilometer von der Küste Eritreas entfernt. Die EU-Marinemission Aspides hatte am Mittwoch auf der Plattform X bestätigt, dass am Hauptdeck der "Sounion" seit dem 23. August mehrere Brände gesichtet worden seien. Es sei bisher kein Öl ausgetreten. Die Besatzung ist inzwischen nicht mehr an Bord.
Lufthansa verlängert Flugstopp nach Tel Aviv
Die Lufthansa hat ihren Flugstopp nach Teheran und Tel Aviv um weitere zwei Tage verlängert. Verbindungen in die iranische Hauptstadt und die israelische Mittelmeermetropole wird es vorerst bis zum 4. September nicht geben, wie die Lufthansa mitteilte. Der bisherige Flugstopp galt bis zum 2. September. Flüge nach Beirut im Libanon sind demnach sogar bis Ende September vorerst ausgesetzt.
Amman in Jordanien und Erbil im Nordirak hingegen fliegt die Lufthansa seit dem 27. August wieder an. Für die Flüge nach Erbil nutzen die Maschinen einen "nördlich gelegenen Korridor im irakischen Luftraum", wie die Lufthansa weiter mitteilte.
Irlands Außenminister: Israels Einsatz zielt auf Zivilisten
Der irische Außenminister Micheál Martin hat Israel vorgeworfen, bei der Militäroffensive im Gazastreifen gezielt die palästinensische Zivilbevölkerung und nicht allein die Terrorgruppe Hamas ins Visier zu nehmen. "Das ist ein Krieg gegen die Palästinenser, nicht nur gegen die Hamas", sagte Martin beim Treffen der EU-Außenminister in Brüssel.
"Es ist ein Krieg gegen die Bevölkerung", sagte Martin. Es habe keinen Zweck, zu versuchen, darum herumzureden. Martin mahnte, die EU solle ihre Beziehungen zur Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu auf den Prüfstand stellen. Ein jüngstes Urteil des Internationalen Gerichtshofs, wonach die israelische Besetzung des Gazastreifens und Westjordanlands illegal sei, zwinge die EU zum Handeln. Es könne nicht so weitergehen wie bisher.
Ungarn und Italien gegen Sanktionierung israelischer Minister
In der Europäischen Union zeichnet sich kein Konsens über Sanktionen gegen israelische Regierungsmitglieder ab. Ungarn und Italien wiesen beim informellen Außenministertreffen in Brüssel den Vorschlag des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell zurück, zwei israelische Minister wegen "inakzeptabler Hassbotschaften gegen Palästinenser" zu maßregeln.
Der ungarische Außenminister Peter Szijjarto sprach in einer Videobotschaft von einem "gefährlichen Vorschlag" Borrells. Er belaste die Beziehungen zu Israel und "würde die Sicherheit und die langfristige Stabilität des Nahen Ostens eindeutig gefährden".
Italiens Außenminister Antonio Tajani sagte, Sanktionen gegen israelische Minister lösten den Konflikt ebenso wenig wie eine theoretische Anerkennung Palästinas. "Ich glaube nicht, dass dies der richtige Weg ist, um Israel davon zu überzeugen, ein Abkommen mit den anderen Parteien in Kairo zu schließen", sagte er mit Blick auf die laufenden Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gazastreifen.
Zuvor hatte sich bereits Bundesaußenministerin Annalena Baerbock zurückhaltend geäußert und und auf die nötige Einstimmigkeit für einen Sanktionsbeschluss verwiesen.
Israelischer Oppositionsführer: Netanyahu war gewarnt
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu war nach Darstellung des Oppositionsführers vor dem Massaker am 7. Oktober vergangenen Jahres über die Gefährlichkeit der Hamas informiert. "Die Regierung war über die Absichten der Hamas im Bilde", sagte Jair Lapid vor Journalisten. "Es war klar, was sie wollen."
Der in der politischen Mitte angesiedelte Vorsitzende der Zukunftspartei sagte, er weise wiederholte Behauptungen der Regierung zurück, "dass die politische Spitze sich irgendwie dessen nicht bewusst war, dass die Hamas nicht mehr wie früher abgeschreckt ist". Er habe selbst in seiner Zeit als Regierungschef entsprechendes Geheimdienstmaterial gesehen, und dieses hätten "natürlich" auch sein Nachfolger Netanyahu und dessen Minister gesehen, sagte Lapid.
So habe bei einem Sicherheitstreffen am 21. August 2023 ein Militärberater über Warnungen an allen Fronten der iranischen "Achse des Widerstands" berichtet - darunter auch vor den Terrororganisationen im Gazastreifen und im Westjordanland. Sein persönlicher Eindruck sei gewesen, dass Netanyahu dabei "gelangweilt und gleichgültig" gewirkt habe, sagte Lapid, der demnach damals ebenfalls zugegen war. Auch in den folgenden Monaten habe es immer wieder Warnungen gegeben, denen zufolge Israel sich in erhöhter Gefahr befinde.
Netanyahus rechtskonservative Likud-Partei teilte daraufhin mit: "Jair Lapid lügt wieder." Netanyahu habe keinerlei Warnung vor dem 7. Oktober erhalten.
Professoren: Pro-Palästina-Proteste sind kein Antisemitismus
In einem Offenen Brief haben sich 40 Professoren, Dozenten und Forscher der Universität Göttingen gegen eine Kriminalisierung von propalästinensischen Demonstrationen auf dem Campus der Hochschule sowie deren Gleichsetzung mit Antisemitismus gewandt.
Die Unterzeichner stünden "geschlossen hinter dem Recht unserer Studierenden, friedlich zu demonstrieren und ihre Meinung zu den aktuellen Konflikten in Israel und Palästina zu äußern", heißt es in dem Schreiben.
Die Verfasser des offenen Briefes kritisieren mit ihrer Stellungnahme unter anderem die Reaktion der Universitätsleitung auf ein Ende Juni am Campus errichtetes Solidaritätscamp mit Palästina. Die Hochschule hatte erklärt, sie "missbillige" das Camp. Vier Professoren forderten unter Hinweis auf vermeintlichen Antisemitismus und Gewaltbereitschaft der Bewohner und ein von ihnen verbreitetes "Klima der Einschüchterung" eine Räumung des Zeltlagers.
Kommandeur des Islamischen Dschihads getötet
Beim jüngsten Militäreinsatz der israelischen Armee im Westjordanland ist nach Angaben der militanten Palästinensergruppe Islamischer Dschihad ein örtlicher Befehlshaber der Organisation getötet worden. Mohammed Dschaber, bekannt als Abu Schudschaa, Kommandeur der Al-Kuds-Brigaden im Flüchtlingslager Nur Schams in Tulkarem, sei "zusammen mit mehreren Brüdern seiner Brigade" nach Kämpfen gegen israelische Soldaten "gestorben", erklärte die Gruppe.
Die Al-Kuds-Brigaden sind der bewaffnete Arm des mit der militant-islamistischen Hamas verbündeten Islamischen Dschihads. Die islamistische Organisation erklärte weiter, dass Schudschaa in der Vergangenheit "Mordversuchen und Festnahmen" durch die israelische Armee entgangen sei.
Die israelische Armee beschuldigt Schudschaa unter anderem, "in mehrere Terroranschläge verwickelt" gewesen zu sein und "im Juni einen Schusswaffenangriff angeordnet zu haben, bei dem ein israelischer Zivilist getötet wurde".
Medien: Hamas ruft zu Selbstmordanschlägen auf
Als Reaktion auf Israels großangelegten Militäreinsatz im Westjordanland und die andauernden Angriffe im Gazastreifen hat die islamistische Terrorgruppe Hamas arabischen Medien zufolge zu einer Wiederaufnahme von Selbstmordanschlägen aufgerufen. Hamas-Führer Chaled Maschaal hat dem arabischen Sender Sky News Arabia zufolge bei einer Konferenz in der türkischen Millionenstadt Istanbul eine "Rückkehr der Selbstmordoperationen" gefordert.
Die aktuelle Situation verlange einen "offenen Konflikt", so Maschaal. Er rief die Anhänger der Hamas dazu auf, "sich an mehreren Fronten am tatsächlichen Widerstand gegen das zionistische Gebilde (Israel) zu beteiligen."
Baerbock für Prüfung von Vorwürfen an israelische Minister
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat sich zurückhaltend zur Forderung des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell geäußert, zwei israelische Minister zu sanktionieren. Baerbock betonte, es müsse "in jedem Einzelfall geprüft werden, was sind die Vorwürfe. Reichen diese Vorwürfe, um zu listen, um zu sanktionieren?".
Die Ministerin verwies zudem auf die nötige Einstimmigkeit einer solchen Entscheidung. Vor allem Ungarn, Tschechien und Österreich hatten israelkritische EU-Positionen zuletzt verhindert. Baerbock betonte, auch Deutschland kritisiere immer wieder scharf, wenn israelische Minister "internationales Recht verletzt haben, wenn sie die Oslo-Verträge verletzt haben oder gar wenn es Äußerungen auch von Ministern gab, die zu Gewalttaten aufgerufen haben".
In der Debatte geht es um Israels Finanzminister Bezalel Smotrich sowie um Sicherheitsminister Itamar Ben Gvir. Borrell betonte, jüngste Äußerungen der beiden verstießen gegen internationales Recht und seien ein Aufruf zu Kriegsverbrechen.
Israels Armee untersucht Vorfall mit UN-Fahrzeug
Israels Armee untersucht nach eigenen Angaben Vorwürfe, Soldaten hätten ein UN-Fahrzeug im Gazastreifen beschossen. Einem UN-Bericht zufolge war das Fahrzeug auf einem sogenannten humanitären Korridor unterwegs, als es von Schüssen getroffen wurde. "Der Vorfall wird untersucht", teilte das Militär mit.
Die Vereinten Nationen hatten nach dem Vorfall Aufklärung von Israel gefordert. Das deutlich gekennzeichnete Fahrzeug des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen sei Teil eines Konvois gewesen, dessen Fahrt vollständig mit der israelischen Armee koordiniert worden sei. Es sei zehnmal von israelischen Schützen beschossen worden, sagte Sprecher Stéphane Dujarric in New York.
Dunkle Flächen: besiedelte Gebiete, Schraffur: militärische Aktivitäten Israels
EU-Außenministertreffen in Brüssel
Tina Hassel berichtet vom EU-Außenministertreffen in Brüssel, auf dem unter anderem die jüngsten Forderungen des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell zur Sanktionierung zweier israelischer Minister diskutiert werden. Borell hatte gefordert, dass diese wegen "inakzeptablen Hassbotschaften gegen die Palästinenser" und Vorschlägen, "die eindeutig gegen internationales Recht verstoßen" mit EU-Sanktionen zu belegen seien.
Geiselangehörige durchbrechen Grenze zum Gazastreifen
Angehörige israelischer Geiseln der militant-islamistischen Hamas haben nach Medienberichten bei einem Protest den Grenzzaun zum Gazastreifen durchbrochen. Dutzende Menschen hätten sich zunächst an der Grenze versammelt, um mit Lautsprechern ihren entführten Liebsten auf der anderen Seite zuzurufen, in der Hoffnung, dass sie gehört werden, berichtete der israelische TV-Sender Channel 13.
Einige hätten dann die Grenze überquert und seien in Richtung Gazastreifen gerannt. Anschließend seien sie jedoch auf Aufforderung der Sicherheitskräfte wieder umgekehrt. Die Demonstranten trugen Schilder mit Bildern von Geiseln bei sich.
Auch 328 Tage nach ihrer Entführung befinden sich mehr als 100 Geiseln in der Gewalt der Terrororganisation. Wie viele von ihnen noch leben, ist unklar. Zuletzt hatte die Armee eine Geisel befreit und die Leiche eines entführten Soldaten geborgen.
WFP setzt Hilfslieferung im Gazastreifen aus
Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) hat seine Hilfslieferungen für die palästinensische Bevölkerung im Gazastreifen nach einem israelischen Beschuss ausgesetzt. Das meldet der Evangelische Pressedienst. Ein deutlich gekennzeichnetes Fahrzeug des WFP sei zehnmal von Israels Armee getroffen worden, darunter auch durch Kugeln auf die vorderen Fensterscheiben, erklärte UN-Sprecher Stéphane Dujarric.
Das Fahrzeug sei Teil eines Konvois gewesen, der mit den israelischen Streitkräften vollständig abgesprochen worden war. Die WFP-Exekutivdirektorin Cindy McCain verurteilte den Beschuss als absolut inakzeptabel. Glücklicherweise sei niemand verletzt worden. Schon zuvor habe es Sicherheitszwischenfälle gegeben. Alle Parteien des Nahostkonflikts müssten die Sicherheit der humanitären Helfer gewährleisten.
Huthi stimmen Hilfseinsatz für brennenden Tanker zu
Die jemenitischen Huthi-Rebellen haben Hilfseinsätzen für den von ihnen in Brand geschossenen griechischen Tanker "Sounion" zugestimmt. Mehrere Staaten hätten die Huthi um eine zeitweilige Waffenruhe gebeten, um Rettungsboote und Schlepper in das Meeresgebiet zu schicken, teilte die iranische UN-Vertretung in New York mit.
Die Huthi hätten aus humanitären und Umweltschutzgründen zugestimmt. Huthi-Sprecher Mohammed Abdul-Salam sagte, ohne ins Detail zu gehen: "Nachdem mehrere internationale Parteien, insbesondere europäische, mit uns Kontakt aufgenommen haben, wurde ihnen gestattet, das brennende Ölschiff 'Sounion' abzuschleppen."
Zuvor hatten es die Huthi nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums einer nicht genannten "dritten Partei" noch verwehrt, Schlepper zur "Sounion" zu schicken. Das mit 150.000 Tonnen Rohöl beladene Schiff war vergangene Woche auf dem Weg vom Irak nach Zypern im Roten Meer attackiert worden und in Brand geraten. Ein französischer Zerstörer nahm 29 Menschen an Bord und brachte sie nach Dschibuti.
Israel tötet fünf Palästinenser im Westjordanland
Am zweiten Tag eines großangelegten Militäreinsatzes im Westjordanland hat die israelische Armee eigenen Angaben zufolge fünf Palästinenser getötet. "Nach einem Feuergefecht schalteten die Einsatzkräfte fünf Terroristen aus, die sich in einer Moschee versteckt hatten", erklärte das Militär.
Demnach fand der Einsatz am Morgen in der Stadt Tulkarem statt. Gestern hatte das Militär eigenen Angaben zufolge bei dem Einsatz zur "Terrorismusbekämpfung" neun Kämpfer bei gleichzeitig stattfindenden Razzien in Tulkarem, Dschenin, Tubas und den dortigen Flüchtlingslagern getötet, wo die militanten Gruppen gegen Israel besonders aktiv sind.
Israels Armee hat nach eigenen Angaben in Tulkarem "fünf Terroristen" getötet.
Auslöser für die großangelegte Operation in dem seit 1967 von Israel besetzten Westjordanland war nach Angaben der israelischen Armee ein "deutlicher Anstieg terroristischer Aktivitäten im vergangenen Jahr". Dazu gehörten "mehr als 150 Schießereien und Sprengstoffanschläge", die allein von den nun anvisierten Gebieten ausgegangen seien.
Guterres fordert Ende der Gewalt im Westjordanland
UN-Generalsekretär António Guterres hat ein Ende des israelischen Militäreinsatzes im Westjordanland verlangt. Guterres fordere eine "sofortige Einstellung dieser Operationen", erklärte sein Büro in New York. Zuvor hatte Guterres' Sprecher Stéphane Dujarric mitgeteilt, der israelische Einsatz habe in unmittelbarer Nähe von vier Krankenhäusern stattgefunden. Zumindest einige von ihnen seien umschlossen worden, was die Bewegungsmöglichkeiten der medizinischen Kräfte beeinträchtigt habe.
Israel hatte in der Nacht zu Mittwoch einen großen Militäreinsatz im besetzten Westjordanland gestartet. Er richtet sich nach Armeeangaben gegen iranisch-islamistische Terror-Infrastruktur. Mehrere militante Palästinenser seien getötet worden. Im Westjordanland hat sich die Lage seit dem Beginn des Krieges zwischen Israel und der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas im Gazastreifen deutlich verschärft.
Borrell will Sanktionen gegen israelische Regierungsmitglieder
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat den Regierungen der 27 EU-Staaten einen Vorschlag für Sanktionen gegen israelische Regierungsmitglieder unterbreitet. Bestraft werden sollen demnach Finanzminister Bezalel Smotrich und Polizeiminister Itamar Ben-Gvir, wie mehrere EU-Beamte der Nachrichtenagentur dpa kurz vor einem EU-Außenministertreffen bestätigten. Sowohl Smotrich als auch Ben-Gvir sorgten zuletzt mit Äußerungen gegen Palästinenser für Empörung und sind rechtsextreme Koalitionspartner von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu. Zudem sind beide Verfechter der aus Sicht des höchsten UN-Gerichts illegalen Siedlungspolitik in besetzten Gebieten.
Dem Vorstoß von Borrell zufolge könnten die Sanktionen gegen Smotrich und Ben-Gvir wegen Aufstachelung zu Hass und Menschenrechtsverletzungen verhängt werden. Demnach müssten von ihnen in der EU vorhandene Vermögenswerte eingefroren werden und sie dürften nicht mehr in die EU einreisen.
Armee birgt Leiche von verschlepptem Soldaten
Die israelischen Behörden haben die Leiche eines Soldaten geborgen, der von der Hamas bei ihrem Terrorangriff auf Israel am 7. Oktober verschleppt und getötet wurde. Die Überreste des Mannes hatten sich seither im Gazastreifen befunden. Das israelische Militär und der Inlandsgeheimdienst Schin Beit bargen den Leichnam bei einer gemeinsamen Operation und brachten ihn nach Israel zurück, wie es in einer Mitteilung hieß.
Ministerpräsident Benjamin Netanyahu bedauerte den Tod des Soldaten. Er sei "in einem heldenhaften Kampf" am 7. Oktober gefallen, während er israelische Gemeinden nahe der Grenze verteidigt habe. Auf Bitten der Familie des Getöteten wurde dessen Identität nicht öffentlich gemacht.
Liveblog vom Mittwoch zum Nachlesen
Israelische Einsatzkräfte haben im Gazastreifen die Leiche eines am 7. Oktober getöteten Soldaten gefunden. Die US-Regierung hat Sanktionen gegen israelische Siedler im Westjordanland verhängt. Alle Entwicklungen vom Mittwoch zum Nachlesen.