Israels Regierungschef Netanyahu
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Krieg in Nahost ++ Netanyahu: Offensive in Rafah wird kommen ++

Stand: 17.02.2024 23:08 Uhr

Israels Premier Netanyahu hat bekräftigt, dass eine militärische Offensive Israels in Rafah kommen werde. Bei Angriffen im zentralen Abschnitt des Gazastreifens gab es nach palästinensischen Angaben zahlreiche Tote. Der Liveblog vom Samstag zum Nachlesen.

17.02.2024 • 23:08 Uhr

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17.02.2024 • 22:50 Uhr

Netanyahu gegen vorgezogene Wahlen

Der in Umfragen stark zurückgefallene israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu weist die Forderung nach Neuwahlen zurück. "Das Letzte, was wir jetzt brauchen, sind Wahlen, (...) denn das wird uns sofort spalten", sagte Netanyahu auf einer Pressekonferenz. "Wir brauchen jetzt Einigkeit."

In Tel Aviv waren am Abend nach Angaben lokaler Medien Tausende Menschen auf die Straßen gegangen, um für vorgezogene Wahlen zu demonstrieren. Der nächste reguläre Wahltermin wäre im Jahr 2026.

Trotz internationaler Warnungen hält der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu an der geplanten Militäroffensive in der Stadt Rafah im südlichen Gazastreifen fest. Wer Israel dazu auffordere, auf die Offensive zu verzichten, fordere im Grunde genommen, "den Krieg" gegen die radikalislamische Hamas zu "verlieren", sagte Netanyahu am Abend bei einer im Fernsehen übertragenen Pressekonferenz.

Er fügte hinzu, die Offensive werde auch im Falle eine Vereinbarung mit der Hamas über eine Freilassung der israelischen Geiseln stattfinden. Selbst wenn eine solche Einigung erzielt werde, "werden wir in Rafah einrücken", sagte der Regierungschef.

Angesprochen auf die Frage, ob ein palästinensischer Staat noch möglich sei, sagte Herzog auf der Münchner Sicherheitskonferenz: "Es wird nicht passieren, wenn wir keine wirklichen Lösungen für die Frage der Sicherheit Israels finden." 

Ein palästinensischer Staat erscheine wie eine Belohnung für den Krieg, den die Hamas gegen Israel begonnen habe, sagte Herzog. An Iran gerichtet sagte er: "Wenn wir gewinnen und den Sieg über das Reich des Bösen und seine Stellvertreter demonstrieren wollen, müssen wir uns in Richtung der Einbeziehungen Israels in der Region bewegen - mit einem großen Abkommen mit unseren regionalen Partnern, darunter Saudi-Arabien. In diesem müssen wir die richtige Formel für Frieden zwischen Israelis und Palästinensern finden."

17.02.2024 • 20:31 Uhr

Israel: "Gute Gespräche" mit Katar

Der israelische Präsident Herzog zeigte sich zuversichtlich nach einem gestrigen Treffen mit dem Premierminister von Katar, Mohammed bin Abdulrahman Al-Thani: "Es war ein gutes Gespräch. Und ich denke, er unternimmt große Anstrengungen", sagte Herzog auf der Münchner Sicherheitskonferenz, wie sein Büro mitteilte. Seine Aussage bezog sich offenbar auf einen weiteren Versuch, einen Waffenstillstand zu vermitteln.

Zuvor hatte Katars Premierminister die Verhandlungen als "nicht gerade vielversprechend" bezeichnet. Dennoch betonte Al-Thani, weiter optimistisch zu bleiben und zu drängen.

Der ägyptische Außenminister Sameh Shoukry hat vor den unkalkulierbaren Folgen einer Vertreibung der Palästinenser aus dem Gazastreifen gewarnt. Eine solche Vertreibung würde Konsequenzen haben, die es zu vermeiden gelte, sagte er am Abend bei der Münchner Sicherheitskonferenz. "Es wäre eine Bedrohung für unsere nationale Sicherheit." Auch für Israel bedeute dies neue Sicherheitsrisiken und es werde sicher neue Unruhe in der Region bringen. 

Aus ägyptischer Sicht werde sich zwar nicht proaktiv auf dieses Szenario vorbereitet, sollte es jedoch passieren, seien humanitäre Hilfen für die Zivilbevölkerung notwendig, sagte Shoukry. "Wir haben keinen Plan für weitere palästinensische Flüchtlinge."

Der saudische Außenminister Faisal bin Farhan Al Saud betonte, sein Land konzentriere sich bei den Verhandlungen auf einen Waffenstillstand und einen Rückzug der Israelis aus Gaza. Saudi-Arabien habe aber keine diplomatischen Beziehungen zu Israel. Der einzige Weg für mehr Sicherheit wäre ein palästinensischer Staat. "Das ist unser Fokus nach einem Ende der Kampfhandlungen." Zunächst müsse die humanitäre Katastrophe gelöst werden, sagte Al Saud.

Tausende Israelis haben in verschiedenen Städten gegen die Politik der rechtsreligiösen Regierung von Benjamin Netanyahu protestiert. Bei einer großen Kundgebung in der Metropole Tel Aviv wurde eine zentrale Straße gesperrt, wie die Nachrichtenseite ynet berichtete. 

Viele der Demonstranten forderten Neuwahlen. Andere sprachen sich für eine Waffenruhe im Gaza-Krieg und für einen raschen Deal mit der Hamas über die Freilassung weiterer Geiseln aus. Auch nahe der Villa Netanyahus in Caesarea kam es zu Protesten. Die Polizei teilte mit, die Demonstration in Tel Aviv sei nicht genehmigt gewesen. Einige Demonstranten hätten eine Straße in beide Richtungen blockiert und Fackeln angezündet.   

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hat trotz des Drucks der USA seinen bisherigen Kurs bekräftigt. Israel werde im Gazastreifen kämpfen, bis es alle seine Ziele erreicht habe, erklärte er in einer Stellungnahme. Wer Israels Militär sage, es dürfe nicht in der Stadt Rafah operieren, der sage Israel, dass es den Krieg verlieren werde. Die Forderungen der Hamas in den jüngsten Verhandlungen nannte Netanyahu "wahnhaft".

Der norwegische Regierungschef Jonas Gahr Støre hat die internationale Gemeinschaft aufgefordert, eine verstärkte humanitäre Hilfe für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen zu einer Priorität zu machen. "Dieses Thema, einer Bevölkerung in dieser verzweifelten Lage humanitäre Hilfe zur Verfügung zu stellen, muss ganz oben auf der Tagesordnung stehen. Und ich denke, dass es klar sein müsste, dass wir klarer mit einer Stimme dazu sprechen müssten", sagte er auf der Münchner Sicherheitskonferenz. 

Es sei richtig gewesen, die Israelis in ihrem Recht auf Verteidigung zu unterstützen, aber dann sei aus den Augen verloren, wie die Situation sich weiterentwickele, kritisierte der Norweger. Es müsse ein Gleichgewicht geben zwischen dem Recht auf Verteidigung und den Vorgaben des humanitären Völkerrechts. "Und meiner Ansicht nach sind sie zu weit gegangen. Das ist nicht wirklich angemessen und ich denke, das ist ein riesiges Problem, das sich jetzt ergibt", sagte er.

Die Verhandlungen zwischen Israel und der militant-islamistischen Hamas über eine Feuerpause im Gazastreifen verlaufen aktuell nach Angaben von Vermittler Katar schwierig. Er glaube zwar, dass "wir bald ein Abmachung sehen können", sagte Katars Premierminister Mohammed bin Abdulrahman Al-Thani auf der Münchner Sicherheitskonferenz.

Doch die Entwicklung der vergangenen Tage sei "nicht gerade vielversprechend." Al-Thani versicherte: "Wir werden immer optimistisch bleiben, wir werden immer weiter drängen."

Katar ist einer der wichtigsten Vermittler im aktuellen Konflikt zwischen Israel und der Hamas. Zusammen mit Ägypten und den USA bemüht sich das Land seit Wochen um Verhandlungen zur Freilassung der Hamas-Geiseln und für eine Waffenruhe. Bislang brachten die Gespräche jedoch nicht den erhofften Durchbruch.

Bei israelischen Angriffen im zentralen Abschnitt des Gazastreifens hat es nach palästinensischen Angaben zahlreiche Tote gegeben. Die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa berichtete, es seien mehrere Häuser von Kampfjets bombardiert worden, darunter in Deir al-Balah. Dabei seien acht Menschen getötet und Dutzende weitere verletzt oder verschüttet worden. Sanitäter sprachen sogar von 40 Menschen, die getötet worden seien. Viele Verletzte seien in ein Krankenhaus gebracht worden. Ein israelischer Armeesprecher sagte auf Anfrage, man prüfe die Berichte. 

Die Außenminister der G7-Staaten haben sich besorgt über die Gefahr einer gewaltsamen Vertreibung der palästinensischen Zivilbevölkerung aus dem Gazastreifen und die möglichen Folgen einer israelischen Militäroperation in der Region Rafah geäußert.

"Die G7 fordern dringende Maßnahmen zur Bewältigung der katastrophalen humanitären Krise im Gazastreifen, insbesondere der Notlage von 1,5 Millionen Zivilisten, die in Rafah Zuflucht suchen", heißt es in einer Erklärung Italien, das derzeit den Vorsitz der Gruppe innehat.

Die G7 äußerten ihre "tiefe Besorgnis über die potenziell verheerenden Folgen einer weiteren umfassenden Militäroperation Israels in diesem Gebiet für die Zivilbevölkerung". Die Außenminister der G7-Staaten erklärten nach einer Zusammenkunft bei der Sicherheitskonferenz in München, sich für eine "längere und dauerhafte Unterbrechung der Feindseligkeiten" einsetzen zu wollen.

Israel hat nach Angaben des US-Sondergesandten für den Nahen Osten, David Satterfield, keine konkreten Beweise für seinen Vorwurf vorgelegt, die Terrororganisation Hamas im Gazastreifen stehle UN-Hilfsgüter. Auch für eine Umleitung solcher Hilfen habe er keine spezifischen Belege gesehen, sagte Satterfield der Carnegie-Stiftung für internationalen Frieden.

Die Hamas habe allerdings ein Interesse daran, andere Hilfskanäle zu nutzen, um festzulegen, wohin und an wen die Hilfen gehen. Israel hat der Hamas immer wieder vorgeworfen, UN-Hilfsgüter und Treibstoff umzuleiten, wenn diese erst einmal im Gazastreifen sind. UN-Behörden bestreiten das.

Ungarn hat offenbar einen gemeinsamen Appell der EU-Staaten an die israelische Regierung verhindert. Wie die Nachrichtenagentur dpa unter Berufung auf mehrere Diplomaten berichtet, wollte das Land nicht akzeptieren, dass der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell im Namen aller 27 EU-Staaten Israel dazu auffordert, keine neue Militäroffensive im Süden des Gazastreifens zu starten. Borrell konnte die Erklärung deswegen am Samstag nur in seinem eigenen Namen abgeben. 

In dem Text heißt es, die EU sei sehr besorgt über die Pläne der israelischen Regierung für eine mögliche Bodenoperation in Rafah. Man fordere die israelische Regierung deswegen auf, in der Stadt Rafah keine militärischen Maßnahmen zu ergreifen, die die bereits katastrophale humanitäre Lage verschlimmern und die dringend benötigte Bereitstellung einer Grundversorgung und humanitärer Hilfe verhindern würden. Es sei wichtig, im Einklang mit dem humanitären Völkerrecht jederzeit den Schutz aller Zivilisten zu gewährleisten.

Der Chef des in die Kritik geratenen Palästinenserhilfswerks der Vereinten Nationen (UNRWA), Philippe Lazzarini, hat Israel eine gezielte Kampagne gegen die UN-Agentur vorgeworfen. Diese ziele darauf ab, "die UNRWA zu zerstören", sagte Lazzarini in einem Interview mit der Schweizer Mediengruppe Tamedia.  "Es ist ein langfristiges, politisches Ziel, weil man glaubt, dass, wenn das Hilfswerk abgeschafft wird, der Status des palästinensischen Flüchtlings ein für alle Mal geklärt sein wird - und damit auch das Rückkehrrecht", sagte er.

Israel habe zahlreiche Maßnahmen gegen das Palästinenserhilfswerk ergriffen, kritisierte Lazzarini in dem Interview mit Tamedia. Er verwies auf Bestrebungen zur Aufhebung der Mehrwertsteuerbefreiung des Hilfswerks und Anordnungen an Auftragnehmer im israelischen Hafen Aschdod, "bestimmte Lebensmittellieferungen für UNRWA nicht mehr abzuwickeln". Alle diese Initiativen seien von der israelischen Regierung ausgegangen.

Seit Beginn des Kriegs zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen seien außerdem mehr als 150 Einrichtungen des Palästinenserhilfswerks bei Angriffen getroffen worden.  Den von Israel wegen des Fundes eines Hamas-Tunnels unter dem UNRWA-Hauptquartier im Gazastreifen geforderten Rücktritt lehnt Lazzarini weiterhin ab. Der Tunnel liege in 20 Metern Tiefe, als Hilfsorganisation habe das Palästinenserhilfswerk nicht die nötigen Fähigkeiten, dies zu untersuchen, sagte der UNRWA-Chef.

Die Afrikanische Union hat auf ihrem Gipfel in Addis Abeba das Vorgehen Israels im Krieg im Gazastreifen scharf kritisiert. "Seien Sie versichert, dass wir diese Angriffe, die in der Geschichte der Menschheit beispiellos sind, auf das Schärfste verurteilen", sagte der Vorsitzende der AU-Kommission, Moussa Faki, im Beisein des palästinensischen Premierministers Mohammed Shtayyeh. Israel rotte die Bewohner des Gazastreifens aus, so Faki.

Der Präsident der Komoren, der scheidende AU-Vorsitzende Azali Assoumani, warf Israel vor, es begehe unter "unseren Augen in Palästina Völkermord". Er lobte die Klage Südafrikas, das Israel vor dem Internationalen Gerichtshof Völkermord an den Palästinensern vorwirft und eine einstweilige Verfügung beantragt hatte, die den Einsatz stoppen sollte, mit dem Israel auf den Terrorangriff vom 7. Oktober reagiert hat. "Die internationale Gemeinschaft kann ihre Augen nicht vor den Gräueltaten verschließen, die nicht nur in Palästina Chaos verursacht haben, sondern auch in der übrigen Welt katastrophale Folgen zeigten", sagte Assoumani.

US-Außenminister Antony Blinken sieht im Nahost-Krieg auch eine Möglichkeit, die Region dauerhaft zu befrieden. "Es gibt die Chance, ein für allemal diesem Teufelskreis zu entfliehen", sagte Blinken auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Es gebe Bemühungen, die Palästinensische Autonomiebehörde zu reformieren, damit sie ein verlässlicher Partner Israels werde. Und es sei dringlicher denn je, einen palästinensischen Staat zu schaffen, auch um die Sicherheit Israels zu erhöhen. "Das ist ein Weg, der schwierig ist, aber der möglich ist", so Blinken. "Die Alternative wäre, den Teufelskreis immer und immer wieder zu wiederholen."

Bei Kämpfen und israelischen Angriffen im Gazastreifen sind nach Angaben der von der islamistischen Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde binnen 24 Stunden erneut Dutzende Palästinenser getötet worden. In dem Zeitraum seien 83 Palästinenser getötet und 125 weitere verletzt worden, teilte die Behörde mit. 

Damit stieg die Zahl der Palästinenser, die seit Beginn des Krieges am 7. Oktober getötet wurden, den Angaben zufolge auf 28.858. Rund 68.700 weitere seien verletzt worden. Nach UN-Schätzungen handelt es sich bei einem Großteil der Getöteten um Frauen und Minderjährige. 

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

US-Außenminister Antony Blinken hat in München deutlich gemacht: "Wir sind der Sicherheit Israels verpflichtet, das war immer klar und bleibt es." Israel müsse gewährleisten, dass sich das Massaker vom 7. Oktober nicht wiederhole, sagte er. Dabei sei entscheidend, auf welche Art und Weise Israel dies erreiche. Zivilisten im Gazastreifen müssten geschützt werden, und die Hilfe, die die Menschen dort brauchten, müsse auch ankommen.

China dringt auf ein Ende des Krieges im Gazastreifen und die Gründung eines unabhängigen Palästinenser-Staates. Nur so könne es ein friedliches Zusammenleben in der Region geben, sagte der chinesische Außenminister Wang Yi auf der Münchner Sicherheitskonferenz laut offizieller Übersetzung. China habe eine klare Haltung zu dem Konflikt und stehe auf der Seite der Gerechtigkeit. Das Leid der Palästinenser müsse beendet werden.

Die militant-islamistische Palästinenserorganisation Hamas macht Israel für die stockenden Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gazastreifen verantwortlich. Es hänge an Israel, dass es zu wenig Fortschritte bei den Verhandlungen gebe, teilte Hamas-Chef Ismail Hanijeh mit. Die Hamas akzeptiere "nichts weniger als eine vollständige Beendigung der Aggression, den Rückzug der Besatzungsarmee aus Gaza und die Aufhebung der ungerechten Belagerung".

Zudem müsse Israel bei einem neuen Abkommen zur Freilassung von Geiseln der Hamas im Austausch auch palästinensische Gefangene freilassen, die zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden seien.

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) beklagt die eingeschränkten Möglichkeiten für Helfer im Gazastreifen. "Unser Spielraum verengt sich tagtäglich und wir können kaum noch etwas ausrichten", sagte IKRK-Chefin Mirjana Spoljaric im Deutschlandfunk. Die mehr als 120 Mitarbeiter in dem umkämpften vor Ort versuchten, zu tun, was sie könnten. Wegen des israelischen Militäreinsatzes sei es derzeit aber nicht möglich, mehr auszurichten. "Wir kommen nirgendwo hin, um einigermaßen die Bedürfnisse der Menschen decken zu können." 

Teams des IKRK seien in den vergangenen Monaten bereits zwei Mal unter Beschuss geraten. "Das darf natürlich nicht sein", so Spoljaric weiter. Es müsse mehr getan werden, um den Schutz der unbewaffneten und neutralen Helfer im Gazastreifen zu gewährleisten.

Die Situation für die Bevölkerung sei nicht mehr zu beschreiben. Die Menschen seien zusammengepfercht auf engstem Raum, ohne Dach über den Kopf. Der Zugang zu Medizin sei kaum noch vorhanden und der Zugang zu Wasser massiv eingeschränkt. Für die Menschen in dem Küstenstreifen sei es zudem schwierig, sich von einem Ort zum anderen zu bewegen, auch weil das Gebiet vermint sei. "Es gibt auch kaum noch einen Ort, an dem sich die Menschen in Sicherheit bringen können", sagte Spoljaric weiter. Für das IKRK sei es schwierig nachzuvollziehen, wie der Schutz der Zivilbevölkerung im Falle einer Offensive in Rafah gewährleistet werden könne.

Die israelische Luftwaffe hat nach Militärangaben in der Nacht ein Waffenlager der syrischen Armee im Süden des Nachbarlands angegriffen. Als Reaktion auf vorherige Angriffe aus Syrien auf die von Israel besetzen Golanhöhen habe israelische Artillerie den Ursprung des Feuers beschossen. Die Geschosse aus Syrien seien allerdings noch im eigenen Gebiet eingeschlagen. Nach Angaben der in London ansässigen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden in Syrien auch Waffenlager proiranischer Milizen in der Gegend von Daraa im Südwesten des Bürgerkriegslandes von Israel angegriffen. Es habe dabei Sachschaden gegeben. 

Karte mit Israel, Gazastreifen, Westjordanland, Jordanien, Syrien, Golanhöhen, Libanon

Ägypten hat Berichte über die Errichtung eines Lagers zur Unterbringung von Palästinensern zurückgewiesen. Kairo sei gegen eine Vertreibung von Palästinensern und auch gegen das freiwillige Verlassen des Gazastreifens, teilte der Leiter des Staatsinformationsdiensts (SIS), Diaa Raschwan, mit. Ägypten habe aber schon lange vor Beginn des israelischen Militäreinsatzes in dem Küstenstreifen auf seiner Grenzseite eine Pufferzone und Zäune gebaut, hieß es in der Erklärung vom Abend weiter.

Gestern hatte das "Wall Street Journal" unter Berufung auf ägyptische Beamte und Sicherheitsanalysten berichtet, Ägypten plane in der Wüste nahe der Grenze auf einer Fläche von 20 Quadratkilometern ein Auffanglager zu bauen, in dem mehr als 100.000 Menschen untergebracht werden könnten. Auch die Nachrichtenagentur dpa schreibt das aus ägyptischen Sicherheitskreisen erfahren zu haben.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat die israelische Regierung gemahnt, Übergriffe radikaler jüdischer Siedler im Westjordanland zu verhindern und keine neue Front im Norden des Landes an der Grenze zum Libanon aufzumachen. Weiter sagte er: "Es sollte unmöglich sein, dass Iran diese Situation ausnutzt, um seinen Einfluss in der Region auszudehnen." Deutschland stehe aber klar an der Seite Israels. Man bitte die israelische Regierung darum, sich an das humanitäre Völkerrecht zu halten.

In der israelischen Küstenstadt Aschkelon hat es erneut Raketenalarm gegeben. Auch in einem anderen Ort nördlich des Gazastreifens heulten die Warnsirenen, wie die israelische Armee mitteilte. Es gab bisher keine Angaben zu möglichen Opfern oder Sachschäden. 

Die mit dem Iran verbündete Huthi-Miliz im Jemen hat sich auch zu dem jüngsten Angriff auf ein Schiff im Roten Meer bekannt. Sie habe in einer "gezielten Operation" den britischen Öltanker "Pollux" am Vortag mit Raketen beschossen, teilte die Miliz mit. Das US-Außenministerium hatte gestern erklärt, dass der unter panamaischer Flagge fahrende Tanker mit Rohöl für Indien an Bord von einer Rakete an der Backbordseite getroffen worden sei. Laut der auf Seesicherheit spezialisierten britischen Firma Ambrey wurde der Tanker dabei leicht beschädigt. Die Besatzung blieb demnach unverletzt.

Karte: Jemen, Suezkanal, das Rote Meer und der Indische Ozean

Die israelische Armee hat bei ihrem Einsatz im Nasser-Krankenhaus in Chan Yunis im Süden des Gazastreifens bisher etwa 100 Menschen festgenommen. Es handele sich um "Personen, die verdächtigt werden, an Terroraktivitäten beteiligt gewesen zu sein", teilte das Militär mit. 

Israelische Spezialeinheiten setzten nach Darstellung der Armee "ihren Einsatz gegen die Terrororganisation Hamas innerhalb des Nasser-Krankenhauses in Chan Yunis fort". Auch im Umkreis der Klinik seien Terroristen getötet worden. Bei weiteren Einsätzen in der Stadt sowie im zentralen Abschnitt des Gazastreifens seien mehrere weitere bewaffnete Palästinenser getötet worden. Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde kamen bisher fünf Patienten auf der Intensivstation wegen eines Stromausfalls im Zuge des israelischen Einsatzes ums Leben. Ihre Sauerstoffversorgung sei unterbrochen worden.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Die USA bereiten im Gaza-Krieg einem Medienbericht zufolge trotz Drängens auf eine Feuerpause die Lieferung weiterer Bomben und Waffen an Israel vor. Wie die Zeitung "Wall Street Journal" unter Berufung auf amtierende und ehemalige US-Beamte berichtete, werden die Pläne innerhalb der Regierung von US-Präsident Joe Biden derzeit geprüft und könnten sich im Detail noch ändern, bevor sie dem US-Kongress zur Genehmigung vorgelegt werden.

Die israelische Regierung habe um eine "rasche Beschaffung dieser Güter zur Verteidigung Israels gegen andauernde und neue regionale Bedrohungen" gebeten. Israel plant im Süden des Gazastreifens eine Bodenoffensive auf die Stadt Rafah, wo mehr als eine Million Palästinenser Schutz suchen.

Dem britischen Außenminister David Cameron zufolge sollte China seinen Einfluss auf den Iran gegen die Huthi-Angriffe im Roten Meer nutzen. Wie das britische Außenministerium erklärte, hatte sich Cameron am Freitag mit dem chinesischen Außenminister Wang Yi auf der Münchner Sicherheitskonferenz getroffen. Dabei sagte er seinem Amtskollegen, China solle seinen Einfluss auf den Iran nutzen, um die militante Huthi-Miliz aus dem Jemen unter Druck zu setzen.

Der israelische Präsident Izchak Herzog hat sich am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz einem Medienbericht zufolge heimlich mit Katars Ministerpräsidenten und Außenminister Mohammed bin Abdulrahman Al Thani getroffen. Wie die Nachrichtenseite "Axios" unter Berufung auf informierte Kreise berichtete, wollten beide die schwierigen Verhandlungen über die Freilassung der im Gazastreifen weiter festgehaltenen Geiseln besprechen.

Das ungewöhnliche Treffen zwischen den Spitzenpolitikern Israels und Katars erfolgte zu einem kritischen Zeitpunkt in den Geiselverhandlungen, wie es hieß. Die Vermittler versuchten, die Gespräche trotz großer Differenzen voranzutreiben.

Israel und die islamistische Hamas verhandeln unter der Federführung von Vermittlern aus Ägypten, Katar und den USA über eine befristete Waffenruhe in dem seit mehr als vier Monaten andauernden Gaza-Krieg. Die Feuerpause soll dazu führen, dass die noch mehr als 130 israelischen Geiseln in der Gewalt der Hamas in Phasen gegen palästinensische Häftlinge in israelischen Gefängnissen ausgetauscht werden. Zur letzten Gesprächsrunde in Kairo am Donnerstag entsandte jedoch Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu wegen der aus seiner Sicht überzogenen Forderungen der Hamas keine Delegation.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat die Anerkennung eines möglichen palästinensischen Staates in Aussicht gestellt. "Unsere Partner in der Region, vor allem Jordanien, arbeiten daran und wir arbeiten mit ihnen daran. Wir sind bereit, dazu beizutragen, in Europa und im Sicherheitsrat. Die Anerkennung eines palästinensischen Staates ist für Frankreich kein Tabu", sagte Macron an der Seite von Jordaniens König Abdullah II. in Paris.

"Wir sind es den Palästinensern schuldig, deren Bestrebungen schon zu lange mit Füßen getreten wurden. Wir schulden es den Israelis, die das größte antisemitische Massaker unseres Jahrhunderts miterlebt haben. Wir sind es einer Region schuldig, die sich danach sehnt, den Verursachern des Chaos und denen, die Rache säen, zu entkommen", sagte er weiter.

Es ist das erste Mal, dass ein französischer Staatschef einen derartigen Vorschlag macht. Die bloße Anerkennung durch Frankreich würde ohne echte Verhandlungen wenig an der Situation vor Ort ändern, wäre aber symbolisch und diplomatisch wichtig.

17.02.2024 • 03:39 Uhr

Liveblog vom Freitag zum Nachlesen

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 17. Februar 2024 um 11:00 Uhr in den Nachrichten.