Autoschlangen an der russisch-georgischen Grenze
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Krieg gegen die Ukraine ++ Behörden bestätigen mehr Ausreisen ++

Stand: 24.09.2022 23:47 Uhr

Russische Behörden haben erstmals eine "erhebliche" Zunahme von Autos an der Grenze zu Georgien bestätigt. China hat vor den UN diplomatische Gespräche zwischen Moskau und Kiew gefordert. Die Ereignisse vom Samstag zum Nachlesen.

24.09.2022 • 23:46 Uhr

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Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ermuntert Russen, sich der Teilmobilisierung zu entziehen. "Vor dieser verbrecherischen Mobilmachung wegzulaufen ist besser, als verstümmelt zu werden und sich dann vor Gericht verantworten zu müssen, weil man sich an einem Angriffskrieg beteiligt hat", sagt er auf Russisch in seiner abendlichen Video-Ansprache.

Zugleich bot er an, dass sich russische Soldaten freiwillig in Kriegsgefangenschaft begeben könnten. Dort würden sie zivilisiert behandelt. Der Staatschef wandte sich damit schon zum zweiten in dieser Woche auf Russisch an die Nachbarn - gegen die "verbrecherische Mobilisierung".

Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat vor der UN-Generalversammlung heftige Kritik an der Politik der US-Regierung geübt. Die USA wollten die Welt wieder in Blöcke einteilen, so Lawrow: "Unter dem Slogan einer regelbasierten Ordnung führt der Westen überall Trennlinien ein, die auf eine Konfrontation zwischen Blöcken hinauslaufen: Entweder bist du für uns oder gegen uns." Es gebe keine Kompromisse.

Die Kritik Lawrows richtet sich auch gegen die Sanktionen, welche die USA und weitere Staaten infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine erlassen haben. Ziel des Westens sei es nicht nur, Russland "eine militärische Niederlage" zuzufügen", sondern es "zu zerstören, zu zerstückeln". Die Ukraine würde der Westen in seinem "Kampf gegen Russland" nur benutzen.

Zudem wies Lawrow in seiner Rede die Kritik an den in der Ukraine durchgeführten Scheinreferenden zurück. Die Bewohner der Ostukraine wollen seinen Worten zufolge zu Russland gehören. Die Bewohner der Regionen nähmen durch ihr Votum nur "ihr Land mit, in dem ihre Vorfahren seit Hunderten von Jahren leben".

Peter Mücke, Peter Mücke, ARD New York, 24.09.2022 20:54 Uhr

Seit der vom Kreml angekündigten Teilmobilmachung versuchen Tausende Menschen, Russland zu verlassen. Nun wurde ein erhöhtes Ausreiseaufkommen erstmals auch von Behörden bestätigt.

"Es gibt einen erheblichen Andrang privater Fahrzeuge", erklärte das Innenministerium der russischen Grenzregion Nordossetien. Demnach warteten etwa 2300 Fahrzeuge darauf, die Grenze nach Georgien überqueren zu können. Das Ministerium rief dazu auf, solche Ausreisen zu unterlassen.

Wie die Nachrichtenagentur AFP berichtet, gab es auch an den Grenzen zu Kasachstan und der Mongolei Autoschlangen. Zeugen berichteten von stundenlangen Wartezeiten an den Grenzübergängen.

Chinas Außenminister Wang Yi hat vor der UN-Vollversammlung von der Ukraine und Russland diplomatische Bemühungen sowie eine Eingrenzung des Krieges verlangt. "Wir fordern alle betroffenen Parteien auf, ein Übergreifen der Krise zu verhindern", sagte er in der laufenden Generaldebatte in New York. Eine friedliche Lösung sei notwendig, und es brauche Gespräche zwischen Moskau und Kiew. Wang sprach von "legitimen Sicherheitsbedenken aller Parteien", die berücksichtigt werden müssten. Russland hatte das Nachbarland Ende Februar überfallen.

Das Unterhaus der Russischen Föderation, die Duma, soll sich nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur Tass am kommenden Donnerstag mit Gesetzesvorlagen zur Annexion der von Russland besetzten ukrainischen Gebiete befassen. Russland hält seit Freitag Scheinreferenden in Cherson, Donezk, Luhansk und Saporischschja ab.

Der UN-Sicherheitsrat will sich mit den Scheinreferenden in russisch besetzten Gebieten der Ostukraine beschäftigen. Das Treffen des mächtigsten Gremiums der Vereinten Nationen wurde Diplomatenangaben zufolge von den USA und Albanien beantragt und soll am Dienstag in New York stattfinden. Für die UN soll die Beauftragte für politische Angelegenheiten, Rosemary DiCarlo, sprechen.

Die Ukraine hatte zuvor in einem Brief an den Rat eine entsprechende Sitzung gefordert. In der Ukraine wird seit Freitag in den vier russisch besetzten Gebieten Cherson, Donezk, Luhansk und Saporischschja in Scheinreferenden über einen Beitritt zu Russland abgestimmt. UN-Generalsekretär António Guterres hatte eine mögliche Annexion der Gebiete zuletzt als Verletzung des Völkerrechts bezeichnet.

Die russische Polizei ist teils brutal gegen Teilnehmer von Antikriegsprotesten vorgegangen. Allein in Moskau gab es heute bei einer Demonstration gegen die Teilmobilmachung in Russland für den Krieg in der Ukraine mehr als 100 Festnahmen. In sozialen Netzwerken wurden Videos veröffentlicht, die zeigten, wie Männer in Kampfuniform und mit Helm auf Demonstranten in St. Petersburg einschlugen.

Das Menschenrechtsportal ovd.info berichtete unter Berufung auf Augenzeugen, dass die Sicherheitskräfte Elektroschocker einsetzten. Laut der Nachrichtenagentur Reuters kam es heute landesweit zu 730 Festnahmen in insgesamt 32 Städten.

Nach der von Kremlchef Wladimir Putin angeordneten Teilmobilmachung für Russlands Krieg gegen die Ukraine mehrt sich von offiziellen Stellen die Kritik am Vorgehen des Militärs. Der Chef des Menschenrechtsrats beim russischen Präsidenten, Waleri Fadejew, forderte Verteidigungsminister Sergej Schoigu auf, das "Knüppelsystem" vieler Einberufungsstellen im Land zu beenden. Es bekämen sogar Männer Einberufungsbefehle, die keine Kampferfahrung hätten.

In der Region Jakutien in Sibirien räume der Republikchef Aissen Nikolajew ein, dass Fehler gemacht worden seien in den Wehrkreisämtern. Es seien Männer eingezogen worden, die nicht unter die Mobilmachung fielen. In sozialen Netzwerken in Russland berichten Väter kinderreicher Familien, Männer ohne Kampferfahrung und auch ältere und chronisch kranke Reserveoffiziere, dass sie eingezogen worden seien. Nikolajew sagte, dass die Entscheidungen der Militärkommissariate besser überprüft werden müssen.

Die Verwunderung und die Kritik in der russischen Gesellschaft sind seit Tagen groß, weil Putin Reservisten mobilisiert, nicht aber die Angehörigen der verschiedenen Sicherheitsstrukturen. Die russische Armee zählt allein etwa eine Million Soldaten.

Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) will beim Wiederaufbau der Ukraine verstärkt gegen Korruption vorgehen. "Wir arbeiten sehr viel mit der kommunalen Ebene und mit mehreren Ministerien zusammen", sagte Schulze der Berliner Tageszeitung "taz". Dieser dezentrale Ansatz habe sich gegen Korruption bewährt. Zugleich wolle ihr Ministerium sicherstellen, dass die Mittel, die an die Zentralregierung der Ukraine gingen, korrekt verwendet würden.

Insgesamt wurden bereits 185 Millionen Euro an Sofort-Aufbauhilfen eingesetzt, weitere 426 Millionen Euro sind zugesagt. Die Mittel fließen in den Aufbau von Strom- oder Wasserversorgungssystemen sowie in den Bau von Unterkünften innerhalb der Ukraine. Zudem soll der Erhalt von Banken- und Sozialsystemen gewährleistet werden.  

Viele Menschen in der Ukraine hätten derzeit keine Einkünfte, sagte Schulze. "Das heißt, sie sind auf Leistungen des Staates angewiesen. Wenn die nicht mehr geleistet werden könnten, würde das die ukrainische Gesellschaft in einer entscheidenden Phase schwächen", betonte die Ministerin.

Kremlchef Wladimir Putin hat nach der angeordneten Teilmobilmachung für seinen Krieg gegen die Ukraine nun das geänderte Gesetz über härtere Strafen für Deserteure in Kraft gesetzt. Wer in den Zeiten einer Mobilmachung oder des Kriegszustands Fahnenflucht begeht, kann demnach mit bis zu 15 Jahren Haft bestraft werden. Wer sich freiwillig in Kriegsgefangenschaft begibt - dazu hatte die ukrainische Regierung aufgerufen -, muss mit bis zu zehn Jahren Haft rechnen.

Der Kreml veröffentlichte die in dieser Woche vom Parlament und vom Föderationsrat verabschiedeten und nun per Unterschrift Putins in Kraft gesetzten Änderungen. Russen im wehrpflichtigen Alter oder Reservisten müssen künftig mit bis zu zehn Jahren Haft rechnen, wenn sie die Teilnahme an Kampfhandlungen verweigern. Die Änderungen des Strafrechts sehen zudem vor, dass Befehlsverweigerung künftig ebenfalls mit bis zu zehn Jahren Haft geahndet werden kann. Zudem wurden die Haftstrafen für Plünderungen erhöht.

Zuvor hatte Putin vor dem Hintergrund des sich hinziehenden Angriffskriegs gegen die Ukraine die Teilmobilmachung in Russland angeordnet. 300.000 Reservisten sollen nun in die russische Armee eingezogen werden. Die Verantwortung für die Organisation der Einberufung liegt bei den regionalen Gouverneuren und den einzelnen Kreiswehrersatzämtern vor Ort. Putin unterzeichnete auch ein Gesetz, das die Einbürgerung von Ausländern beschleunigt, wenn sie sich zum Kampfeinsatz verpflichten.

Die Ministerpräsidentin von Bangladesch, Sheikh Hasina, sieht Folgen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine für die gesamte Weltbevölkerung. "Wegen Sanktionen und Gegensanktionen wird nicht ein einzelnes Land, sondern vielmehr die gesamte Menschheit bestraft", sagte Hasina in der Generaldebatte der UN-Vollversammlung in New York - und verwies auf die hohe Inflation auch in ihrem Land. Deswegen müsse der Krieg sofort beendet werden.

Hasina wies auch auf den fünften Jahrestag der Massenflucht von einer Million Rohingya aus Myanmar in ihr Land hin. Die Weltgemeinschaft sollte ihrer Ansicht nach auf eine Rückkehr der Rohingya in ihre Heimat hinwirken. Den Klimawandel bezeichnete die Regierungschefin des flutgefährdeten Landes als größte Bedrohung der Menschheit und forderte die Weltgemeinschaft zu dessen Bekämpfung auf.

Die Glaubensgemeinschaften der Ukraine bewerten die "Referenden" in den von Russland besetzten ostukrainischen Gebieten als illegalen gewaltsamen Annexionsversuch. Dieser Schritt der Besatzungsbehörden sei "willkürlich" und verstoße gegen internationales Recht und vertragliche Verpflichtungen der Russischen Föderation gegenüber Kiew, erklärte der Gesamtukrainische Rat der Kirchen und religiösen Organisationen. Kiews griechisch-katholischer Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk wertete die Scheinreferenden in seiner täglichen Videobotschaft als "Instrument der Verfolgung und Erniedrigung von Menschen".

Die Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF) hat mit Blick auf den Krieg in der Ukraine die Bedeutung einer Friedenspolitik unterstrichen. Der Verband verurteilte in einer Stellungnahme den Angriff Russlands als "massive Verletzung des internationalen Völkerrechts". Zugleich unterstrich der Verband, dass Frieden nicht mit militärischer Gewalt geschaffen werden könne. Es müsse alles getan werden, damit der Krieg nicht weiter eskaliere.

Die Aktionsgemeinschaft kündigte an, sich für Geflüchtete, Deserteure und Kriegsdienstverweigerer im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg einzusetzen. Zudem wolle sie sich an der Hilfe für Menschen in Not beteiligen. Der AGDF forderte die deutsche Politik auf, sich für einen Aufbau von Vertrauen sowie einer neuen Friedensordnung in Europa einzusetzen. In der geplanten Nationalen Sicherheitsstrategie müsse zudem der Krisenprävention, der Diplomatie und der zivilen Konfliktbearbeitung Vorrang eingeräumt werden.

Der evangelische Friedensverband mit Sitz in Bonn ist ein Zusammenschluss von 32 Organisationen und Institutionen wie Bildungsprogrammen oder Freiwilligendiensten.

Beim Wiederaufbau in der Ukraine will Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze den Beitrag von Frauen stärken. "Frauen müssen beim Wiederaufbau ihre Perspektive einbringen, sie tun dies auch jetzt schon", sagte Schulze der "taz". "Wir werden darauf achten, dass Frauen an allen Entscheidungen angemessen beteiligt werden. Und wir sehen, dass nicht nur die Männer, die gekämpft haben, Kriegsversehrte sind", erklärte die SPD-Politikerin. Gewalt gegen Frauen und Vergewaltigungen seien auch Teil dieses Krieges. Deshalb sei es auch wichtig, Traumatherapien anzubieten, wie dies in Zusammenarbeit mit dem Kinderhilfswerk Unicef geschehe.

Polen öffnet sein Land nicht für Russen, die vor einer möglichen Einberufung für den Krieg in der Ukraine fliehen wollen. Das bekräftigte Außenminister Zbigniew Rau in einem Interview mit der polnischen Nachrichtenagentur PAP. Auf die Frage, ob Polen es Russen erleichtern sollte, sich dem Militärdienst zu entziehen, um damit das militärische Potenzial Russlands zu schwächen, antwortete Rau mit klarer Ablehnung. Sowohl aus sicherheitspolitischer als auch aus moralischer Sicht sei es "höchst unratsam", eine größere Zahl an Russen aufzunehmen. Auch andere Nachbarn Russlands, etwa die baltischen Staaten und Finnland, teilten Polens Haltung, dass Kriegsdienstverweigerung allein kein ausreichender Grund sei.

"Wir haben beschlossen, die derzeitige Erteilung von Visa an Bürger der Russischen Föderation einzustellen und damit die Touristenvisa abzuschaffen", erklärte Rau. Er schloss aber Ausnahmen für Russen, die wirklich gegen den Krieg seien und zum Beispiel an Protestaktionen teilgenommen hätten, nicht aus. Am Freitag hatte sich Vize-Innenminister Marcin Wasik im polnischen öffentlich-rechtlichen Rundfunk ähnlich geäußert. Es sei nicht auszuschließen, dass sich unter dem Vorwand, vor dem Kriegsdienst zu fliehen, Mitarbeiter russischer Geheimdienste einschleichen könnten.

Der Iran hat die Entscheidung der Ukraine, die diplomatischen Beziehungen zu dem Land einzuschränken, bedauert. Das meldet die Nachrichtenagentur Reuters unter Bezug auf die Erklärung eines Sprechers des iranischen Außenministeriums, Nasser Kanaani. Dieser sagte demnach in Richtung Ukraine, man werde sich "nicht von Dritten beeinflussen zu lassen, die versuchen, die Beziehungen zwischen den beiden Ländern zu zerstören".

Die Ukraine hatte am Freitag bekanntgegeben, die Zahl der diplomatischen Mitarbeiter der iranischen Botschaft in Kiew erheblich zu reduzieren und dem Botschafter die Akkreditierung entziehen. Zur Begründung wurde die mutmaßliche Entscheidung Teherans genannt, russische Streitkräfte mit Drohnen zu versorgen. Präsident Wolodymyr Selenskyj bezeichnete diesen Schritt als "eine Zusammenarbeit mit dem Bösen".

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Bei Anti-Mobilisierungs-Protesten sind in Russland Bürgerrechtlern zufolge erneut mehrere Menschen festgenommen worden. Unabhängige Medien zeigten Fotos und Videos von Demonstranten unter anderen aus der Stadt Chabarowsk im äußersten Osten des Landes sowie aus Nowosibirsk, Irkutsk, Tomsk und Tschita in Sibirien. Die Menschen halten demnach Plakate mit Aufschriften wie "Wir sind kein Fleisch" in die Höhe. Auf mehreren Aufnahmen ist zu sehen, wie sie von Polizisten abgeführt werden.

Genau sieben Monate nach Beginn des Kriegs gegen die Ukraine ist in Russland Vize-Verteidigungsminister Dmitri Bulgakow seines Amtes enthoben worden. Offiziell begründete das Verteidigungsministerium den Schritt in einer Mitteilung mit der Versetzung Bulgakows "auf einen anderen Posten".

Sein Nachfolger soll Generaloberst Michail Misinzew werden, der bislang das nationale Zentrum für Verteidigungsmanagement leitete. Er soll künftig insbesondere für die Logistik der Armee zuständig sein. Misinzew wurde für die schweren Angriffe auf die südukrainische Hafenstadt Mariupol verantwortlich gemacht, die Ende Mai von den Russen erobert worden war.

Ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis ruft für den 22. Oktober zu Demonstrationen in mehreren deutschen Städten auf. Ziel sei es, "den immer lauter werdenden Protest gegen die mangelhaften Reaktionen der Bundesregierung auf die durch Putins Angriffskrieg ausgelöste Energiekrise bundesweit auf die Straße (zu) bringen", teilte die Gewerkschaft ver.di mit. Sie ist neben der Umweltschutzorganisation BUND, dem Paritätischen Gesamtverband, der globalisierungskritischen Organisation Attac und den Bürgerbewegungen Finanzwende und Campact einer der Initiatoren des Bündnisses.

Stattfinden sollen die Demonstrationen unter dem Titel unter dem Motto "Solidarisch durch die Krise - Soziale Sicherheit schaffen und fossile Abhängigkeiten beenden". Die Organisatoren gaben an, sich gegen jegliche Bestrebungen wenden zu wollen, Betroffene von Krieg und Krisen gegeneinander auszuspielen. "Nationalistische, rassistische oder verschwörungsideologische Äußerungen sowie Verharmlosung von Putins Angriffskrieg auf die Ukraine werden auf den Veranstaltungen des Bündnisses konsequent unterbunden", hieß es.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer hat vor dem Hintergrund der Energiekrise seine Forderung nach einer Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke bekräftigt. "Wir dürfen den Kohleausstieg nicht vorziehen und wir müssen die Atomkraftwerke länger laufen lassen", sagte der CDU-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Alle verfügbaren Kapazitäten müssten genutzt werden, so Kretschmer. Nötig sei ferner ein Preisdeckel für Strom und Gas. Ziel müsse auch sein, nach dem Ende des Angriffskriegs auf die Ukraine wieder Gas aus Russland zu beziehen. Die Situation sei "für viele Menschen existenzgefährdend, wenn die Rente oder das Einkommen so klein ist, dass die Kosten nicht mehr gestemmt werden können", sagte Kretschmer. Daraus entstünden Hoffnungslosigkeit und Wut.

Der sächsische Ministerpräsident kritisierte zudem das 65 Milliarden Euro umfassende Entlastungspaket. Die Bundesregierung beschränke sich bisher auf "kurzfristige Symptombekämpfung für Milliarden Euro". Es gehe längst nicht mehr darum, auf Wohlstand zu verzichten, sondern für viele gehe es um die Existenz, sagte Kretschmer unter Hinweis auf Schließungen von Betrieben und die Verlagerung von Produktion ins Ausland.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge verweist auf die Möglichkeit des Schutzes für russische Deserteure in Deutschland. "Deserteure, die von schweren Repressionen bedroht sind, erhalten in der Regel internationalen Schutz in Deutschland", sagte ein Vertreter der Behörde dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Das gelte auch für Russland: "Die Entscheidungspraxis des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge wurde dahingehend bereits angepasst." Die Erteilung von Asyl bleibe eine Einzelfallentscheidung, in deren Rahmen auch eine Sicherheitsüberprüfung erfolge, hieß es weiter.

Parallel zu den "Referenden" in den von ihnen besetzen Gebieten haben russische Truppen erneut ukrainische Städte beschossen. In der Stadt Saporischschja seien Raketen in ein Wohnhaus eingeschlagen, teilte der ukrainische Gouverneur Oleksandr Staruch der Nachrichtenagentur AP zufolge mit. Ein Mensch sei getötet worden, es habe sieben Verletzte gegeben. Auch zivile Infrastruktur sei ins Visier genommen worden. Russischer Beschuss auf Wohnhäuser und Infrastruktur wurde auch aus anderen Teilen der Ukraine gemeldet.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Bundeskanzler Olaf Scholz hält nach eigenen Angaben die Energieversorgung in Deutschland für gesichert - trotz der ausgefallenen russischen Gaslieferungen. Die Bundesregierung habe seit Jahresanfang mit weitreichenden Entscheidungen dafür gesorgt, "dass wir die Versorgung mit Kohle, Öl und Gas sicherstellen können, dass die Elektrizitätsversorgung weiter funktioniert", so Scholz in seinem wöchentlichen Video-Podcast "Kanzler kompakt". Es lasse sich heute sagen: "Wir kommen wohl durch."

In dem Video sicherte Scholz zudem Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen angesichts der hohen Energiepreise rasche Hilfe zu. Zur Umsetzung der beschlossenen Entlastungspakete werde nun "ganz, ganz schnell die notwendige Unterstützung" organisiert, sagte Scholz . Die Bundesregierung wolle auch dafür Sorge tragen, "dass die Strompreise wieder sinken durch eine Veränderung des Marktdesigns".

Damit dies auch bei den Gaspreisen gelinge, sei eine Kommission eingesetzt worden und spreche "mit der Europäischen Union und mit all denjenigen, die Gas nach Europa und nach Deutschland exportieren", so der Kanzler, der am Wochenende die wichtigen Öl- und Gas-Exportländer Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Katar besucht.

Die belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja sieht einen engen Zusammenhang zwischen der Situation ihres Landes und der der Ukraine. "Es wird kein freies Belarus geben ohne eine freie Ukraine", sagte Tichanowskaja der Nachrichtenagentur AP am Rande der UN-Vollversammlung in New York. Der russische Präsident Wladimir Putin betrachte Belarus und die Ukraine nicht als unabhängige und souveräne Staaten. Solange er an der Macht sei, werde es Sicherheitsgefahren für die Westgrenzen beider Länder geben, so Tichanowskaja.

Tichanowskaja war 2020 Präsidentschaftskandidatin. Amtsinhaber Alexander Lukaschenko erhielt damals nach offiziellen Angaben rund 80 Prozent der Stimmen, was zu wochenlangen Massenprotesten führte. Tausende Oppositionelle wurden festgenommen. Tichanowskaja floh nach Litauen.

Wie das britische Verteidigungsministerium in seinem täglichen Geheimdienst-Update meldet, soll Russland am Mittwoch und Donnerstag den Petschenihy-Staudamm am Fluss Siwerskyj Donez im Osten der Ukraine mit ballistischen Kurzstreckenraketen oder ähnlichen Waffen angegriffen haben. Zuvor, am 15. September, hatte es bereits einen Angriff auf den zentralukrainischen Karachunivske-Damm gegeben.

Ukrainische Truppen rücken den Angaben zufolge weiter stromabwärts entlang beider Flüsse vor. Da russische Kommandeure zunehmend besorgt über ihre operativen Rückschläge seien, versuchten sie wahrscheinlich, die Schleusentore von Dämmen zu schlagen, um ukrainische militärische Grenzübergänge zu überfluten - so die Vermutung Großbritanniens.

Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine unter Berufung auf den Geheimdienst täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Moskau wirft London eine gezielte Desinformationskampagne vor.

24.09.2022 • 08:15 Uhr

"Referenden" werden fortgesetzt

Trotz scharfer internationaler Proteste sind in vier russisch kontrollierten Gebieten in der Ukraine die sogenannten Referenden zur Annexion durch Russland fortgesetzt worden. Am zweiten Tag der Abstimmungen gingen in den Separatistengebieten Donezk und Luhansk im ostukrainischen Donbass sowie in den südukrainischen Regionen Cherson und Saporischschja weiter pro-russische Behördenvertreter von Tür zu Tür, um Stimmen einzusammeln.

Wahllokale sollen erst am Dienstag, dem letzten Tag der Abstimmungen, geöffnet werden. Die von Kiew und seinen westlichen Verbündeten als Scheinreferenden kritisierten Abstimmungen waren erst am vergangenen Dienstag kurzfristig angesetzt worden, nachdem die ukrainische Armee bei einer Gegenoffensive vor allem im Nordosten des Landes große Gebiete zurückerobern konnte.

Der Mittelstand warnt vor massiven Folgen der Energiekrise und hat die Bundesregierung zu schnellen Entlastungen aufgefordert. "Mit dem bisherigen Tempo werden wir die wirtschaftliche Substanz unseres Landes auf Dauer nicht schützen können", sagte Markus Jerger, Bundesgeschäftsführer des Bundesverbands Mittelständische Wirtschaft, der Nachrichtenagentur dpa. "Die Lage für den Mittelstand wird von Tag zu Tag bedrohlicher", so Jerger. "Wir brauchen nichts anderes als einen sofortigen Entlastungsturbo für die Wirtschaft."

Finnland will die Einreise für Russen deutlich beschränken. Russischen Staatsbürgern werde es nicht mehr möglich sein, "aus touristischen Gründen" einzureisen, sagte der finnische Außenminister Pekka Haavisto. Ins Land würden russische Bürger nur noch dann kommen können, wenn es "einen anderen Grund" für eine Einreise gebe. Finnland hatte bereits zum 1. September die Einreisebestimmungen für Russen verschärft. Menschen mit einem Visum für den gesamten Schengenraum wurden aber weiter ins Land gelassen. Für sie sollen bald ebenfalls schärfere Regeln gelten. Mit diesem Schritt positioniert Finnland sich an der Seite der anderen vier EU-Staaten, die direkt an Russland angrenzen: In den baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen sowie in Polen galten bereits ähnlich strenge Regeln.

US-Präsident Joe Biden hat Russland für den Fall von Annexionen nach den sogenannten Referenden in russisch kontrollierten Gebieten in der Ukraine mit harten Sanktionen gedroht. "Russlands Referenden sind eine Farce - ein Vorwand für den Versuch, Teile der Ukraine gewaltsam zu annektieren, was eine eklatante Verletzung des Völkerrechts darstellt", erklärte Biden.  Die USA würden gemeinsam mit ihren Verbündeten und Partnern daran arbeiten, dass in diesem Fall weitere "schnelle und harte" wirtschaftliche Maßnahmen gegen Russland ergriffen würden, hieß es in Bidens Erklärung. 

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Menschen in den von Russland besetzten Gebieten vor einer Einberufung in das russische Militär als Folge der von Präsident Wladimir Putin ausgerufenen Teilmobilmachung gewarnt. "Verstecken sie sich auf jeden Fall vor der russischen Mobilisierung. Vermeiden sie Einberufungen", sagte Selenskyj am Abend in seiner täglichen Videoansprache. Wer schon von der russischen Armee eingezogen worden sei, solle deren Aktivitäten sabotieren und an Kiew melden, um dann so schnell wie möglich zu fliehen, fügte Selenskyj hinzu.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Außenministerin Baerbock hat klargestellt, dass Deutschland niemals Russlands Scheinreferenden anerkennen wird. Ukrainische Truppen melden weitere Geländegewinne in der Region Donezk. Alle Entwicklungen von Freitag zum Nachlesen im Liveblog.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 23. September 2022 um 21:15 Uhr.