Krieg gegen die Ukraine ++ Selenskyj appelliert an Durchhaltevermögen ++
Präsident Selenskyj fordert die ukrainische Bevölkerung auf, vereinter denn je zu sein. NASA-Forscher berichten, dass Russland in der Ukraine Getreide für eine Milliarde Dollar geerntet hat. Der Liveblog vom Sonntag zum Nachlesen.
- Russland erntete laut NASA ukrainischen Weizen in Milliardenwert
- London: Zustimmung der Russen zum Krieg gesunken
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Selenskyj-Appell an die Bevölkerung
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat an das Durchhaltevermögen und die Widerstandsfähigkeit der Bevölkerung appelliert. "Der Feind hofft sehr, den Winter gegen uns zu verwenden: die Winterkälte und Not zu einem Teil seines Schreckens zu machen", sagte er in seiner täglichen Videobotschaft. "Wir müssen alles tun, um diesen Winter zu überleben, egal wie hart er ist." Diesen Winter zu ertragen bedeute, alles zu ertragen. Russland habe zwar einen Vorteil durch Raketen und Artillerie. "Aber wir haben etwas, was der Besatzer nicht hat und nicht haben wird. Wir schützen unser Zuhause, und das gibt uns die größtmögliche Motivation", betonte Selenskyj. Das ukrainische Volk kämpfe für die Freiheit und verteidige die Wahrheit, sagt er. "Um den Winter zu überstehen, müssen wir widerstandsfähiger und vereinter denn je sein."
Russland "arbeitet an Mechanismen" gegen Ölpreisdeckel
Russland will sich nach Regierungsangaben den Bedingungen eines von den G7-Staaten und der EU verhängten Preisdeckels für Rohölexporte auf dem Seeweg nicht beugen. "Wir arbeiten an Mechanismen, um die Verwendung eines Preisdeckel-Instruments zu verbieten, unabhängig von der Höhe, die festgelegt wird", sagte der für Energiefragen zuständige Vizeministerpräsident Alexander Nowak der Nachrichtenagentur Reuters zufolge. Ein solcher Eingriff destabilisiere den Markt weiter. Eher komme eine Kürzung der Fördermenge infrage.
Ukraine: 500 Ortschaften noch immer ohne Strom
In der Ukraine sind nach den massiven russischen Angriffen auf das Stromnetz immer noch 500 Ortschaften ohne Strom gewesen. "Aktuell sind 507 Orte in acht Regionen unseres Landes von der Stromversorgung abgeschnitten", sagte der stellvertretende Innenminister Jewgeni Jenin der Nachrichtenagentur AFP zufolge dem ukrainischen Fernsehen. "Der Feind greift weiterhin die wichtige Infrastruktur des Landes an." Am stärksten betroffen sei die Region Charkiw mit 112 von der Außenwelt abgeschnittenen Dörfern, sagte Jenin. Weitere 90 Dörfer seien in den Regionen Donezk und Cherson betroffen.
In Versorgungszelten, wie in Cherson im Süden der Ukraine, können Menschen zumindest zeitweise an Strom gelangen und sich aufwärmen, berichtet Marius Reichert, WDR.
Öl-Allianz will Produktionsziele beibehalten
Die Länder der Opec+-Allianz belassen es bei ihren bisherigen Zielen für die Ölproduktion. Das gaben sie einen Tag vor dem Inkrafttreten eines EU-Boykotts gegen den Großteil des russischen Öls und einer Preisobergrenze von 60 Dollar pro Barrel für russische Ölexporte bekannt, wie verschiedene Nachrichtenagenturen berichten. Erst am Freitag hatten sich die EU, die G7-Staaten und Australien auf den Ölpreisdeckel geeinigt.
Zur Opec+ gehört auch Russland. Mit den EU- und G7-Maßnahmen sollen die Öleinnahmen Russlands wegen dessen Krieg in der Ukraine reduziert werden. Durch die Sanktionen könnten erhebliche Ölmengen vom globalen Markt verschwinden. Dadurch könnten das Angebot zurückgehen und die Preise steigen. Russland drohte damit, Ländern, die sich an die Preisobergrenze hielten, kein Öl mehr zu liefern.
Deutscher Botschafter erwartet "Schwung an Flüchtlingen"
Die Bundesregierung rechnet dem deutschen Botschafter in London zufolge mit einer großen Zahl an Flüchtlingen aus der Ukraine in den kommenden Wochen. Er sei über die Situation in der Ukraine besorgt, "denn diese Angriffe auf die Energieinfrastruktur bedeuten, dass viele Menschen in den eiskalten Temperaturen dazu gezwungen sein könnten, die Ukraine zu verlassen", sagte Miguel Berger dem britischen TV-Sender Sky News. "Wir erwarten einen weiteren Schwung an Flüchtlingen in den kommenden Wochen."
Ukraine verhängt Sanktionen gegen orthodoxe Bischöfe
Der nationale Sicherheits- und Verteidigungsrat hat Strafmaßnahmen gegen neun orthodoxe Bischöfe sowie einen Diakon verhängt. Sie sollen für Russland Partei ergriffen haben. Manche der Geistlichen hätten mit russischen Besatzungsbehörden zusammengearbeitet, "prorussische Narrative" propagiert oder Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine gerechtfertigt, wie der Inlandsgeheimdienst SBU mitteilte. Nun soll ihr Vermögen für fünf Jahre eingefroren und ihnen sollen bestimmte Handelsgeschäfte untersagt werden. Die meisten der betroffenen Bischöfe leben laut der Nachrichtenagentur KNA im Ausland oder in von Russland besetzten Gebieten.
Macron verteidigt Waffensendungen an Ukraine
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat Kritik zurückgewiesen, seinem Land würden durch Lieferungen an die Ukraine Waffen fehlen. "Das ist zugleich falsch und gefährlich", sagte Macron der Zeitung "Le Parisien". Er könne versichern, "dass immer, wenn wir etwas liefern, wir dies unter Bewahrung all unserer Verteidigungskapazitäten für unseren Boden, unsere kritischen Einrichtungen und unsere Staatsangehörigen tun".
Die rechte französische Politikerin Marine Le Pen hatte zuvor im Sender CNews kritisiert, Frankreich könne nicht auf Kosten seiner eigenen Sicherheit Waffen an die Ukraine für deren Verteidigung gegen Russlands Angriffskrieg liefern. Alles Material, das an die Ukraine geschickt werde, fehle Frankreich - entweder für die Armee oder für andere Lieferverträge. Macron bezichtigte Le Pen, einen "Kapitulationsdiskurs" zu führen, weil sie eine Freundin der russischen Staatsgewalt sei. Frankreich hat der Ukraine bisher 18 Caesar-Haubitzen geliefert, weitere Waffensendungen sollen folgen.
London: Zustimmung der Russen zum Krieg gesunken
Dem Kreml dürfte es nach Einschätzung britischer Experten zunehmend schwerfallen, den Krieg in der Ukraine gegenüber der eigenen Bevölkerung zu rechtfertigen. Das geht aus dem täglichen Geheimdienst-Update des Verteidigungsministeriums in London zum Krieg in der Ukraine hervor. "Angesichts dessen, dass Russland in den kommenden Monaten kaum bedeutende Erfolge auf dem Schlachtfeld erringen wird, ist es wahrscheinlich zunehmend schwer für den Kreml, auch nur die schweigende Zustimmung in der Bevölkerung zu erhalten", hieß es in der Mitteilung.
Den Briten zufolge zeigen an die Öffentlichkeit gelangte Daten russischer Behörden, dass inzwischen nur noch ein Viertel der Bevölkerung in Russland den Angriffskrieg in der Ukraine unterstützt. Zu Beginn des Kriegs waren es demnach noch 80 Prozent. Die teilweise Mobilmachung im September habe den Krieg aber für viele Menschen spürbar gemacht.
Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine unter Berufung auf Geheimdienstinformationen täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Damit will die britische Regierung sowohl der russischen Darstellung entgegentreten als auch Verbündete weiter halten. Moskau wirft London eine gezielte Desinformationskampagne vor.
Fraktionschef der Selenskyj-Partei nennt Bedingungen
Nach einem Gedankenspiel des französischen Staatschefs Emmanuel Macron, Russland mit Sicherheitsgarantien an den Verhandlungstisch zu bringen, hat auch Kiew seinen Vorschlag zu diesen Garantien unterbreitet.
Die Ukraine sei bereit, mit Russland darüber Gespräche unter vier Bedingungen aufzunehmen, sagte David Arachamija, Fraktionschef der Selenskyj-Partei "Diener des Volkes", laut der Nachrichtenagentur dpa. Dies seien der vollständige Abzug aus der Ukraine, Reparationszahlungen, Bestrafung aller Kriegsverbrecher sowie die "freiwillige Abgabe aller Nuklearwaffen". "Danach sind wir bereit, uns an den Verhandlungstisch zu setzen und über Sicherheitsgarantien zu reden", schrieb Arachamija am Samstagabend auf Telegram.
Litauen wartet Panzerhaubitzen für Ukraine
Litauen hat zwei Panzerhaubitzen, die während des Einsatzes durch das ukrainische Militär beschädigt worden waren, repariert und mitsamt Munition in die Ukraine zurückgeschickt. Das teilte das litauische Verteidigungsministerium mit.
In Litauen gibt es seit dem Sommer ein Wartungszentrum für Gefechtsfahrzeuge, das von den beiden deutschen Rüstungsfirmen Krauss-Maffei Wegmann (KMW) und Rheinmetall gegründet worden war. Mittlerweile sind in dem Land nach Angaben des Verteidigungsministeriums sechs Haubitzen wieder instand gesetzt worden. Dafür seien rund zwei Millionen Euro investiert worden. Die Panzerhaubitzen waren von Deutschland und den Niederlanden als Militärhilfe an die Ukraine geliefert worden, die sich seit Februar gegen Russlands Angriffskrieg verteidigt.
NASA: Russland erntete ukrainischen Weizen
Russland hat nach Angaben der US-Raumfahrtbehörde NASA in diesem Jahr wohl Weizen im Wert von rund einer Milliarde Dollar (rund 950 Millionen Euro) von ukrainischen Feldern geerntet. Rund 5,8 Millionen Tonnen Weizen seien von Feldern in der Ukraine geerntet worden, die nicht unter der Kontrolle des Landes lägen, teilte NASA Harvest mit, das Ernährungssicherheits- und Landwirtschaftsprogramm der US-Raumfahrtbehörde.
Für die Erhebung nutzt NASA Harvest gemeinsam mit mehreren Partnerinstitutionen Satellitendaten und Modellierungen. Insgesamt seien auf ukrainischem Gebiet in diesem Jahr rund 26,6 Millionen Tonnen geerntet worden und damit deutlich mehr als zuvor vorhergesagt, schätzen die an dem Forschungsprojekt beteiligten Wissenschaftler. Das sei zwar weniger als die Rekordernte von 33 Millionen Tonnen im Vorjahr, aber nahe am Durchschnitt.
US-Geheimdienst sieht weiter verlangsamtes Kampfgeschehen
Der US-Geheimdienst geht davon aus, dass sich das verlangsamte Kampfgeschehen in der Ukraine fortsetzen wird. "Wir sehen bereits eine Art reduziertes Tempo des Konflikts und wir erwarten, dass sich das in den kommenden Monaten fortsetzen wird", sagte Avril Haines, Direktorin des nationalen Geheimdienstes.
Beide Länder würden versuchen, sich mit Nachschub zu versorgen, um sich auf eine Gegenoffensive nach dem Winter vorzubereiten. Trotz russischer Angriffe auf das ukrainische Stromnetz und andere zivile Einrichtungen sähe man keine Anzeichen für einen verringerten ukrainischen Widerstandswillen.