Strom- und Gaspreise Wer vergleicht, kann sparen
Die Großhandelspreise für Strom und Gas sind gesunken. Trotzdem könnte es für Verbraucherinnen und Verbraucher insgesamt teurer werden - wegen bundespolitischer Entscheidungen.
Es sind erstmal gute Nachrichten: Die Energiepreise auf dem Weltmarkt für Strom und Gas haben zuletzt nachgegeben. Mussten Energieversorger vor einem Jahr noch bis zu 250 Euro für die Megawattstunde Strom im Großhandel zahlen, sind es aktuell nur etwa 100 Euro.
Die EU habe es geschafft, den Wegfall des russischen Pipeline-Gases abzufedern, zum Beispiel durch den Bau von LNG-Terminals, sagt Georg Zachmann, der für das Helmholtz-Zentrum Berlin und den Thinktank Bruegel die Entwicklung der Strom und Gaspreise in Europa beobachtet.
Mehr Energie aus erneuerbaren Quellen
Günstigeres Gas wirkt sich auch dämpfend auf den Strompreis aus. Mehr Strom aus erneuerbaren Energiequellen und eine insgesamt gesunkene Nachfrage in Europa hätten ebenfalls dazu geführt, dass Strom günstiger wird. "Es war mehr Strom zur Verfügung auf dem Markt. Entsprechend sind die Preise im Großhandel deutlich gefallen", sagt Energiemarktexperte Zachmann.
Doch nicht nur der Großhandelspreis bestimmt, was Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland für Strom und Gas zahlen müssen. Etwa ein Viertel des Strompreises für Haushalte machen sogenannte Netzentgelte aus. Damit werden der Ausbau und Betrieb des Stromnetzes und seine Instandhaltung bezahlt.
Wegfall der Netzentgelt-Zuschüsse
Eigentlich wollte die Bundesregierung die Netzentgelte 2024 bezuschussen, mit 5,5 Milliarden Euro. Mit dem überarbeiteten Bundeshaushalt könne man das aber nicht mehr finanzieren. "Die Übertragungsnetzentgelte steigen damit auf 6,43 Cent pro Kilowattstunde im Jahr 2024 - also um etwas mehr als drei Cent pro Kilowattstunde", heißt es von der Bundesregierung.
Ärgerlich findet das der Verband Kommunaler Unternehmen (VKU), der unter anderem Hunderte Stadtwerke in Deutschland vertritt. Die Netzbetreiber müssten nun ihre Entgelte neu berechnen. Insbesondere für Kundinnen und Kunden bedeute das, dass die Energiepreise kurz- und mittelfristig steigen werden. Das sorge für Verunsicherung und Frust.
Ein Beispiel-Haushalt mit einem Stromverbrauch von 3.500 Kilowattstunden pro Jahr werde etwa 60 Euro mehr pro Jahr zahlen müssen, rechnet der Verband vor. "Bemerkbar machen werden sich die Preiserhöhung bei den Kundinnen und Kunden aber frühestens im März, weil der Wegfall des Bundeszuschusses erst Mitte Dezember bekannt geworden ist", so ein Sprecher des VKU.
Ende der Strom- und Gaspreisbremse
Änderungen gibt es 2024 auch bei der Strom- und Gaspreisbremse, die den Preis pro verbrauchter Kilowattstunde Strom oder Gas gedeckelt hatte. Sie ist ausgelaufen. Die Verbraucherzentralen raten Kundinnen und Kunden, die in ihren Tarifen über den Preisbremsen liegen, sich nun nach neuen Verträgen umzuschauen.
"Die Netzentgelte beim Stromvertrag werden sowieso steigen, egal bei welchem Anbieter ich bin. Und deshalb lohnt es sich, zumindest nach einem möglichst günstigen Tarif zu schauen", sagt Thomas Zwingmann von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Gleiches gelte für Gaskunden. Auf sie kommt eine Erhöhung der CO2-Abgabe zu: der Preis pro Tonne verbrauchten CO2 steigt 2024 auf 45 Euro.
"Man sollte zunächst prüfen, ob ein Kündigungsrecht besteht und ob der Vertrag ausläuft. Falls ja, empfehlen wir, in den Vergleichsportalen zu schauen, ob der Wechsel sich lohnt", rät Zwingmann. Allerdings solle man sich für einen seriösen Anbieter entscheiden, um sich vor unverhältnismäßigen Preissprünge zu schützen.
Deutschland besser aufgestellt
Insgesamt stehe Deutschland heute, was die Energiesicherheit betrifft, besser da als vor einem Jahr, sagt Energiemarktexperte Zachmann. Vor allem die Industrie habe sich auf die neue Situation eingestellt.
"Gleichzeitig gilt, dass wir keinen Spielraum mehr haben. Wenn jetzt zum Beispiel eine Gas-Pipeline aus Norwegen oder ein großes LNG-Terminal ausfallen sollte, würden wir sehr hohe Preisanstiege sehen", sagt Zachmann. Das wäre vor Beginn des russischen Angriffskrieg auf die gesamte Ukraine so nicht der Fall gewesen.