EU-Gipfel in Brüssel Wachstumsfreundlich sparen und Zypern retten
Sparen ja, aber wachstumsfreundlich - auf diese Formel haben sich die EU-Staats- und Regierungschefs angesichts von sozialer Not und Rekordarbeitslosigkeit in den Euro-Krisenländern verständigt. Am zweiten Gipfeltag geht es auch um Zypern. Der Ministaat wartet händeringend auf Hilfsmilliarden.
Von Martin Bohne, MDR-Hörfunkstudio Brüssel
Die wirtschaftliche Lage sei düster, so Gipfelchef Herman Van Rompuy nach dem ersten Beratungstag: Die soziale Not nehme zu und man sei sich der Verzweiflung vieler Menschen voll bewusst. Luxemburgs Regierungschef Jean-Claude Juncker sprach sogar von der Gefahr einer sozialen Revolution.
Die Antwort des Gipfels auf diese Herausforderungen ist ein kräftiges "Weiter so". "Wir haben unsere ökonomische Strategie bestätigt", fasste Van Rompuy die Diskussion zusammen. "Dafür gab es breite Übereinstimmung." Und diese Strategie, so Van Rompuy weiter, ziele auf gesunde Staatsfinanzen, auf die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und auf Reformen zur Stärkung der Wachstumskräfte. Und das müsse alles gleichzeitig in Angriff genommen werden.
Fast identisch lautete die Bilanz der Bundeskanzlerin. "Wir haben heute", verkündete Angela Merkel, "sehr deutlich gemacht, dass Haushaltskonsolidierung, Strukturreformen und Wachstum nicht etwa Gegensätze sind, sondern einander bedingen."
Wachstumsfreundliches Sparen heißt das Zauberwort - aber der Teufel steckt hier im Detail: Darf man bei der Haushaltskonsolidierung auch mal kürzer treten, um der Konjunktur keinen weiteren Schaden zuzufügen? Besonders Frankreichs Präsident Francois Hollande und der geschäftsführende italienische Ministerpräsident Mario Monti sprachen sich für mehr Flexibilität aus. Zum offenen Streit darüber ist es diesmal offensichtlich nicht gekommen - doch es dürfte eine Wiedervorlage auf dem Gipfel im Juni geben, wenn die Reformpläne für jedes einzelne Land diskutiert werden.
"Wir lassen Zypern nicht fallen"
Am Rande des Gipfels wurde auch das Rettungspaket für das pleitebedrohte Zypern vorangetrieben. Ratspräsident Van Rompuy machte klar, dass man das Land nicht fallen lassen werde: "Wir gehen bei der Aufrechterhaltung der Finanzstabilität keine Risiken ein, und deshalb packen wir auch schwierige Probleme wie Zypern an."
Heute Nachmittag kommen dann die Euro-Finanzminister zu einer Sondersitzung nach Brüssel. "Dort muss die Zypern-Frage einer Lösung nicht nur näher gebracht werden, sondern in abgeschlossener Form vorliegen", forderte der luxemburgische Ministerpräsident Juncker. Bundeskanzlerin Merkel will aber keine Lösung um jeden Preis. Sicher seien zügige Beratungen wünschenswert, ließ Merkel wissen, "aber die Dinge dauern so lange, bis sie qualitativ vernünftig gelöst sind".
Der Ministaat im Mittelmeer will 17 Milliarden Euro, so viel wollen die anderen Eurostaaten aber nicht geben. Der Betrag werde wohl näher an zehn Milliarden liegen, so Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem gestern. Umstritten ist auch, ob sich die Gläubiger und Kunden der maroden zyprischen Banken an der Rettungsaktion beteiligen müssen. Außerdem soll Zypern noch Bedenken in Sachen Geldwäsche ausräumen.