Milchkühe auf der Weide
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Exotisches Investment "Kuhaktie" Beteiligung an Bauernhof

Stand: 28.07.2023 07:58 Uhr

Vor einigen Jahren gab es einen richtigen Hype: Landwirte gaben sogenannte "Kuhaktien" aus. Was steckt dahinter? Wo sind die Chancen und wo die Risiken?

Von Claudia Wehrle, ARD-Finanzredaktion

Der Baldenweger Hof im Dreisamtal, ein paar Kilometer vor den Toren Freiburgs. Hier lebt Landwirt Bernd Hug mit seiner Familie. "Wir sind ein landwirtschaftlicher Familienbetrieb, mit dem Schwerpunkt, dass wir Lebensmittel produzieren und die ausschließlich in unserem Hofladen verkaufen", charakterisiert Hug seinen Hof. Dazu gehören nicht nur Obst und Gemüse, sondern auch tierische Lebensmittel.

Auf dem Hof werden Rinder und Schweine gemästet. Sie leben in großen, offenen Ställen. Die Tiere haben viel Platz, viel Auslauf. Hug kann sich noch gut daran erinnern: Solche Ställe zu bauen war teuer. Bei der Bank hatte er viele Verbindlichkeiten.

Hier kamen seine Kundinnen und Kunden mit ins Spiel: "Ich habe viele Anfragen bekommen von Leuten, die hier bei uns auf dem Hof verkehren", erinnert sich der Landwirt. Ihnen habe das Konzept seines Hofs gefallen, deshalb hätten sie angefragt, "ob sie sich irgendwie beteiligen oder den Hof unterstützen können".

Naturalien oder Bar-Auszahlung

So entstand die Idee, "Kuhaktien" auszugeben. Landwirt Hug nannte sie damals Hofaktien. Das war vor mehr als 15 Jahren. "Leute können ab 500 Euro eine Hofaktie zeichnen und bekommen dann eine Rendite von damals sechs Prozent Naturalien im Hofladen jährlich oder zwei Prozent in Barauszahlung", erklärt Hug das Konzept.

Solche Hofaktien sind keine Aktien im klassischen Sinn. Sie werden auch nicht an der Börse gehandelt. Es sind Genussscheine, also eine Mischform von Unternehmensbeteiligungen und festverzinslichen Wertpapieren.

Vor ein paar Jahren gab es einen regelrechten Boom: Da wurden Hofaktien ausgegeben, um den Bau neuer Ställe oder neuer Scheunen mit zu finanzieren. Im Grunde geht das auf den Gedanken der "Solawi" zurück, der solidarischen Landwirtschaft: Externe Kapitalgeber werden an der Landwirtschaft mit beteiligt.

Der Vorteil für den Landwirt: Er hat eine gewisse finanzielle Sicherheit. Und das Besondere für diejenigen, die solche Genussscheine kaufen: Sie wissen, für wen und was sie ihr Geld ausgeben.

"Man hat einen ganz anderen Bezug"

Und noch etwas dürfe man nicht unterschätzen, so Klaus Nieding von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz: Es geht um besondere Erlebnisse, um Einblicke in die Landwirtschaft. "Das ist insbesondere für Städter sehr gut, dass man wieder auf den Boden der Tatsachen kommt, dass man auch mal wieder merkt, mit welchen Risiken landwirtschaftliche Erzeugung verbunden ist. Stichwort Wetter, Klima, all diese Dinge", erläutert der Aktionärsschützer. "Man hat also einen ganz anderen Bezug, weil der Verbraucher wieder diese Form der Lebensmittelerzeugung mitbekommt: nicht nur das Endprodukt, sondern auch das Vorprodukt."

Allerdings: Mit Kuh- oder Hofaktien sind keine Stimm- oder Kontrollrechte verbunden. Aktionäre können dem Landwirt nicht vorschreiben, wie er das eingenommene Geld verwenden soll. Und es gibt Risiken. Eine Kuh kann sterben, geplante Projekte können scheitern. Wenn ein Unternehmen pleite geht, werden erst einmal andere Gläubiger bedient. Hofaktionäre stehen ganz am Ende der Schlange. "Das ist alles nicht bilderbuchmäßig, so, wie wir uns das vorstellen, aber grundsätzlich eine positive Geschichte", sagt Nieding.

Kapital ermöglicht alternative Landwirtschaft

Hofaktien werden heute nur noch selten ausgegeben. Die Corona-Pandemie hat vieles verändert - auch Finanzierungskonzepte. Manche Höfe geben Patenschaften aus. Wer will, kann monatlich oder einmal im Jahr einen bestimmten Betrag bezahlen und wird dann regelmäßig darüber informiert, was auf dem Hof passiert.

Wie auch immer solche Beteiligungen genannt werden - sie werden gebraucht, sagt Nieding. "Denn wenn Sie sich ernsthaft mit dem Thema Massentierhaltung beschäftigen, dann will das niemand." Doch Weidetierhaltung sei viel kostenintensiver. "Und damit brauche ich mehr Kapital. Und wenn ich das über solche Modelle bekomme, dann ist das gut."

Claudia Wehrle, HR, tagesschau, 25.07.2023 12:51 Uhr