Erfolgreicher Sparkurs mit Schattenseiten Irland - der Musterschüler in der Euro-Krise
Italien und Griechenland stehen derzeit im Fokus der Euro-Krise. Doch es war Irland, das als erstes unter den Rettungsschirm musste. Inzwischen gilt es als Musterschüler. Die Kontrolleure waren zuletzt jedenfalls hoch zufrieden. Ihr Fazit: Die Iren werden ihre Ziele erreichen.
Von Barbara Wesel, RBB-Hörfunkstudio London
Sie können sich als Europas Musterschüler betrachten. Zwar waren sie die ersten, die im vergangenen Jahr vom neu geschaffenen Rettungsschirm EFSF aus ihrer selbst gemachten Schuldenkrise mit rund 85 Milliarden Euro gerettet werden mussten, aber jetzt sieht es so aus, als ob die Iren auch als erste aus dem Tal der Tränen wieder herauskommen könnten.
"Die Wirtschaft erholt sich durch starke Exporte"
Die Kontrolleure waren zuletzt jedenfalls hoch zufrieden: "Die Lage verbessert sich", sagt David Haugh, Experte bei der OECD. Die Iren würden dieses Jahr ihre Ziele erreichen. "Die Banken wurden mit neuem Kapital ausgestattet, es kommt eine Menge positiv für Irland zusammen, nicht nur bei den Staatsfinanzen - die Wirtschaft erholt sich durch starke Exporte."
Tatsächlich wuchsen die Exporte um fast acht Prozent im ersten Halbjahr - ein Rekordwert. Er gründet sich auf die Irland-Liebe vieler US-Unternehmen. Sie haben investiert und Arbeitsplätze geschaffen, vor allem bei IT, Pharma und Dienstleistungen. "International erkennen die Meisten an, dass Irland viele Probleme angegangen ist", sagt Barry O’Leary von der Investitionsförderungsagentur IDA. "Im Vergleich zum vergangenen Jahr stehen wir bei Investitionen gut da, vor allem bei unserem größten Partner, den USA."
Die Bürger streiken nicht, der politische Wechsel verlief reibungslos
Irland ist ein ganz anderer Fall als Griechenland oder Portugal, so wird betont. Die Englisch sprechenden, gut ausgebildeten Arbeitnehmer sind ein Plus des Landes. Die Bürger streiken nicht und gehen nicht auf die Straße. Der politische Wechsel im Frühjahr verlief reibungslos und die Iren nehmen auch die Ankündigung des nächsten Sparhaushaltes mit noch mehr Einschnitten quasi klaglos hin.
"Die Korrektur beträgt 3,8 Milliarden Euro, davon werden 2,2 Milliarden bei den Ausgaben gespart", erklärte Finanzminister Michael Noonan, um die Bürger auf das Budget 2012 vorzubereiten. Denn gespart und gekürzt wird schon seit der Finanzkrise 2008. Und bis 2015 soll es so weitergehen. Dann müsste nach den Plänen von EU und IWF die irische Regierung die Neuverschuldung wieder auf verträgliche drei Prozent heruntergebracht haben.
Sparrunden lassen der Bauindustrie kaum Chancen
Aber leider haben die ewigen Kürzungen bei den öffentlichen Ausgaben auch Folgen: In der nächsten Sparrunde werden zum Beispiel erneut Gelder für Straßenbau oder Schulerneuerung gestrichen - die Bauindustrie hat so keine Chance, sich zu erholen. "Kürzungen bei den öffentlichen Investitionen drücken eine Wirtschaft in der Krise weiter nieder , das ist das Gegenteil von dem was wir brauchen", sagt Joe Higgins von der Sozialistischen Partei.
Denn die Binnenkonjunktur liegt nach wie vor am Boden und die Arbeitslosigkeit steigt. "Die schlimmste Geißel Irlands derzeit ist die Arbeitslosigkeit", erklärt Colm Quinlan von der Gewerkschaft Unite. 14,4 Prozent der Iren suchen derzeit einen Job.
Wachstumsprognose muss nach unten korrigiert werden
Und die Tücke bei all dem ist: Die Begeisterung über die florierende Exportwirtschaft war kurzlebig. Irland musste jetzt seine Wachstumsprognose für das nächste Jahr von 2,5 auf 1,6 Prozent herunter schrauben. Grund sind die Eurokrise und die Konjunkturschwäche in den USA. Die Rechnungen der Gläubiger aber gehen nur auf, wenn die irische Wirtschaft stetig und kräftig wächst. Funktioniert das nicht, dann sind alle Hoffnungen und Versprechen hinfällig.