Entlassungen bei Schweizer Großbank UBS Ein schwerer Schlag für den Finanzplatz London
Die Stellenstreichungen bei der UBS treffen vor allem den Finanzplatz London: Etwa 4000 Beschäftigte werden dort entlassen. Nach Ansicht von Experten setzt sich damit ein Trend fort. Immer mehr Investmentbanken in London trennen sich von ihren Mitarbeitern.
Von Barbara Wesel, RBB-Hörfunkstudio London
Was man bislang aus den Pleiten von 2008 kannte oder aus US-Kinodramen über die Wall Street, wurde in der Londoner City wieder Realität: Um die 100 Banker der Schweizer UBS standen schon am Dienstag vor den Türen der Niederlassung in der Finsbury Avenue und konnten mit Ihren ID-Karten die Türen nicht mehr öffnen.
Von allen Seiten kam der Ruf: "Mein Pass geht nicht mehr." Für die Ausgesperrten war die Botschaft sofort klar: rausgeflogen. Sie sollen in den Pubs in der Umgebung ihre Sorgen begossen haben.
Nur ein Kernteam bleibt bestehen
Von 10.000 Stellen, die bei der UBS gestrichen werden, entfallen rund 4000 auf den Standort London. Dort soll nur ein Kernteam von rund 1500 Beschäftigten zurückbleiben. Während Händler Kweku Adoboli, der für die Schweizer Bank mehr als zwei Milliarden US-Dollar verzockte, inzwischen vor Gericht erklärt, er habe nicht betrügen wollen, sondern nur frühere Verluste wieder ausgleichen und seine Vorgesetzten hätten von den Praktiken auf dem "Trading Floor" gewusst, wirft UBS die Mehrzahl seiner Kollegen jetzt kurzerhand raus.
Man sehe die gleiche Entwicklung bei vielen Großbanken, sagt Bankenanalyst Daniel Schaefer von der "Financial Times": "Wir haben gesehen, wie Nomura seine Niederlassungen reduziert, RBS hat sein Investmentbanking um 3500 Stellen gekürzt - und mit UBS sehen wir eine weitere Bank, die sagt: 'Wir sind nicht groß genug für dieses Geschäft, weil wir mehr Kapital brauchen, und wenn wir nicht einer der großen fünf Marktführer sind, müssen wir es lassen.'"
Neue Regeln gegen das Kasino-Banking
Die neuen Eigenkapitalregelungen helfen mit, dem Kasino-Banking einen Riegel vorzuschieben. Aber ähnlich wirkte die Tatsache, dass Investmentbanking für viele Geldinstitute funktionierte wie riesige Mähdrescher: Sie fahren endlos über die Felder und dreschen leeres Stroh. So spottete zumindest eine US-Wirtschaftszeitung. UBS soll mit 50 Prozent seines Kapitals im Anlagengeschäft nur fünf Prozent Rendite erwirtschaftet haben.
Für die City of London ist diese Entwicklung ein Schlag: Sie verlor schon im vorigen Jahr rund 27.500 Jobs. Das sind 8,5 Prozent der Beschäftigten. Und für dieses Jahr dürfte die Bilanz ähnlich ausfallen. Die Headhunter, die spezialisierten Arbeitsvermittler in der City, werden überschwemmt von Jobsuchenden: Inzwischen seien die Banker bereit, sogar schlechtbezahlte Regierungsjobs zu übernehmen, nach Hongkong oder Singapur zu wechseln - alles nur, um nicht dauerhaft arbeitslos zu sein. Schon nach einem Jahr draußen gelten sie als nicht mehr vermittelbar.
Die Zeiten von Gordon Gecko, alias Michael Douglas im Kinohit "Wall Street"; gehen wohl dem Ende entgegen, auch in London. Gier ist nicht mehr gut: "Investmentbanking, das 2008 den Crash am Finanzmarkt verursacht hat, bleibt bis in den Kern verrottet: zu viel Gier, zu viel Risiko und kriminelles Potenzial", sagt der Labour-Abgeordnete John Mann heute - dabei waren die Banker mal die Lieblinge von Labour-Regierungschef Tony Blair. Aber der Libor-Skandal in diesem Jahr, die Manipulation des Inter-Banken-Zinssatzes, hat ihrem Ruf den Rest gegeben.
London, als zweitgrößter Finanzplatz der Welt, bekommt jetzt die Folgen zu spüren. Experten gehen davon aus, dass das Anlagengeschäft künftig nur noch von den großen Fünf betrieben wird: Goldman Sachs, Morgan Stanley und auf dem letzten Platz die Deutsche Bank, die in diesem zunehmend exklusiven Club auch weiter mitspielen will.