Tarifeinigung im öffentlichen Dienst Alle zufrieden - nur die Lehrer nicht
Nach vier Verhandlungsrunden und Warnstreiks gibt es ein Tarifergebnis für die Angestellten der Länder. Rückwirkend zum 1. März bekommen sie 2,1 Prozent und ein Jahr darauf nochmals 2,3 Prozent mehr Lohn. Die Lehrer sind unzufrieden, die GEW droht mit Streiks.
Bei den Tarifverhandlungen für die 800.000 Angestellten der Länder ist Gewerkschaften und Arbeitgebern in vierter Runde ein Durchbruch gelungen. Das bestätigten DBB-Beamtenbund-Verhandlungsführer Willi Russ und der Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Frank Bsirske, in Potsdam. Rückwirkend zum 1. März 2015 erhalten die Beschäftigten 2,1 Prozent mehr Lohn, im März 2016 noch einmal ein Plus von 2,3 Prozent, mindestens aber 75 Euro.
Im Durchschnitt 4,83 Prozent mehr Geld
Bsirske nannte das Ergebnis nicht einfach, aber unterm Strich akzeptabel: "Damit profitieren die Beschäftigten der Länder von spürbaren Reallohnsteigerungen", sagte er nach Abschluss der zwölfstündigen Verhandlungen. Ursprünglich hatte ver.di 5,5 Prozent Lohnerhöhung aber mindestens 175 Euro monatlich gefordert.
Über das Ergebnis dürften sich besonders Geringverdiener freuen. Für die untersten Einkommensgruppen gibt es durch die vereinbarte Mindeststeigerung von 75 Euro ein Plus von bis zu 6,87 Prozent. Durchschnittlich beträgt die Lohnsteigerung laut ver.di 4,83 Prozent. Die Auszubildenden bekommen in diesem und im nächsten Jahr jeweils 30 Euro monatlich mehr und einen Tag mehr Urlaub.
Kompromiss bei Altersversorgung
Einen Kompromiss gab es bei der Altersversorgung, die den Ländern wegen der steigenden Lebenserwartung zu teuer geworden war. Hier gibt es keine Einschnitte, allerdings müssen die Beschäftigten künftig Zusatzbeiträge zahlen: Im Westen heißt das, dass auf die bisherigen 1,41 Prozent Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil in diesem Jahr 0,2 Prozent draufkommen. Im nächsten Jahr liegt der Zusatzbeitrag bei 0,3 Prozent, 2017 bei 0,4 Prozent.
Im Osten liegt der Beitrag derzeit bei 2,0 Prozent für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Er steigt in drei Jahren um jeweils 0,75 Prozentpunkte, liegt 2017 also bei 4,25 Prozent.
Dafür steigt im Osten das Weihnachtsgeld in mehreren Schritten auf West-Niveau. Die Zusatzbeiträge reichen über die Laufzeit des Tarifvertrags bis Ende 2016 hinaus.
Mehrkosten in Milliardenhöhe für die Länder
Der Tarifabschluss mit einer Laufzeit von 24 Monaten bedeutet für die Länder in diesem Jahr voraussichtlich Mehrkosten von 650 Millionen Euro. 2016 dürften es sogar 1,5 Milliarden sein - und noch deutlich mehr, falls das Ergebnis auf die rund 1,2 Millionen Beamten übertragen wird, wie ver.di es fordert.
Der Verhandlungsführer der Tarifgemeinschaft der Länder, Jens Bullerjahn (SPD), zeigte sich zufrieden. Der Finanzminister von Sachsen-Anhalt nannte den Abschluss "in dem Kontext vernünftig und verantwortungsvoll".
Keine Einigung für angestellte Lehrer
Zum öffentlichen Dienst gehören neben Mitarbeitern in Behörden auch Straßenwärter, Feuerwehrleute, Polizisten, Krankenschwestern, Hausmeister und rund 200.000 angestellte Lehrer.
Ihre Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) lehnte das Verhandlungsergebnis jedoch ab, auch wenn es eine Lohnerhöhung für die Lehrkräfte bedeute. Verhandlungsführer Andreas Gehrke verwies auf die unerfüllte Forderung, genau so viel Geld zu bekommen wie verbeamtete Lehrer. "Die Arbeitgeber wollen die Bezahlung der bundesweit 200.000 angestellten Lehrkräfte weiterhin diktieren. Mit 30 Euro Zulage im Monat für einzelne Lehrergruppen wollten sie uns zudem das Streikrecht abkaufen", kritisierte Gehrke. Bei tagesschau24 kündigte er weitere Beratungen an und drohte mit Streiks.
Dabei könnten die Lehrer allerdings ein Problem haben: Ver.di-Chef Bsirske sagte der GEW zwar volle Solidarität zu, streiken müssten sie jedoch alleine. Sie hätten den Kompromiss abgelehnt. Also müssen sie auch die Konsequenzen tragen. Um ihre Tarifforderungen durchzusetzen, müssten die Lehrer nun in jedem einzelnen Land streiken. Wirkungsvoll wäre dies aber nur dort möglich, wo genügend angestellte Lehrer auf die Straßen gehen könnten. Das ist gerade mal noch in Sachsen, Berlin und mit Abstrichen in Nordrhein-Westfalen möglich, heißt es.