Aktie bricht ein Snapchat-Geschäftsmodell in der Krise?
Die Foto-App-Snapchat leidet unter der Schwäche im Online-Werbemarkt. Auch die Auflagen des iPhone-Herstellers Apple zum Schutz der Privatsphäre verderben das Geschäft. Kommen Facebook und Google besser durch diese Krise?
Das Geschäft der Foto-App Snapchat wird hart von der Schwäche im Online-Werbemarkt getroffen. Das sonst rasante Umsatzwachstum sank im vergangenen Quartal auf ein mageres Plus von 13 Prozent auf 1,11 Milliarden Dollar. Das ist das bisher langsamste Wachstum seit dem Börsengang des Snapchat-Betreibers Snap vor gut fünf Jahren.
Noch im ersten Vierteljahr lag die Zuwachsrate bei 38 Prozent, davor waren auch 50 oder 60 Prozent üblich. Der Quartalsverlust weitete sich von knapp 152 Millionen Dollar ein Jahr zuvor auf gut 422 Millionen Dollar aus. Snap hat bislang noch nie einen Jahresgewinn erzielt.
Geschäftsmodell in der Krise?
Auslöser der Turbulenzen sind die hohe Inflation und die schwache Konjunktur. Diese Situation lässt viele Unternehmen bei Werbeausgaben sparen. Werbung und das damit zusammenhängende Geschäft mit den Nutzerdaten ist die zentrale Einnahmequelle von Snapchat, aber auch von anderen Technologiekonzernen.
Deshalb sorgen die schwachen Snapchat-Zahlen für Spannung: Die Anleger fragen sich, ob Unternehmen wie Facebook und Google ebenfalls von der Schwäche betroffen sind. Beide locken einen großen Teil der Online-Werbeausgaben an, aber vor allem Facebook hatte in der Vergangenheit schon mit der Konkurrenz durch die Video-App Tiktok zu kämpfen.
Statista-Angaben zufolge dürfte sich der Markt für digitale Werbung in diesem Jahr auf rund 550 Milliarden Dollar belaufen. Fachleute schätzen, dass die großen zwei Player im Online-Werbemarkt zusammen mit Amazon mehr als 60 Prozent des globalen Budgets für Digitalwerbung auf sich vereinen.
Privatsphäre ist schlecht für das Geschäft
Hinzu kommt, dass Snapchat auch immer noch die Maßnahmen von Apple zum besseren Schutz der Privatsphäre auf dem iPhone zu schaffen machen. App-Betreiber müssen Nutzer ausdrücklich um Erlaubnis fragen, wenn sie ihr Verhalten quer über verschiedene Anwendungen hinweg verfolgen wollen.
Viele Nutzer lehnten dies ab, das torpedierte zahlreiche Geschäftsmodelle bei Online-Werbung. Snapchat kann Werbekunden deshalb weniger genau über die Erfolgsquote ihrer Anzeigen berichten - während das Unternehmen Apples Maßnahmen grundsätzlich begrüßte.
Positiv für Snapchat schlägt indes zu Buche, dass die Zahl der täglich aktiven Nutzer binnen drei Monaten von 332 auf 347 Millionen zulegte. Sie verbrachten auch mehr Zeit auf der Plattform, unterstreicht das Management.
Börsenwert schrumpft
Die Investoren reagieren entsetzt auf die aktuellen Geschäftszahlen: Die Aktie fiel im nachbörslichen US-Handel um 26,79 Prozent knapp unter die Marke von zwölf Dollar. Ins Jahr war sie noch bei mehr als 46 Dollar gestartet.
Der Börsenwert des Unternehmens, das auch zu den großen Gewinnern der Corona-Pandemie gehörte, schmilzt bereits seit Monaten dramatisch: Noch im September des vergangenen Jahres betrug die Marktkapitalisierung über 130 Milliarden Dollar – das ist mehr als doppelt so viel wie der aktuelle Börsenwert von Mercedes-Benz. Mittlerweile ist der Wert von Snapchat auf rund 27 Milliarden Dollar geschrumpft.
Erweiterte Realität
Snapchat wurde ursprünglich mit der Möglichkeit zum Posten von Fotos bekannt, die von alleine verschwinden. Inzwischen setzt das Unternehmen aber im großen Stil auf die Kombination digitaler Effekte mit der realen Welt. Das können Spielereien wie virtuelle Masken in einem Video sein, oder die Möglichkeit, Mode und Kosmetik auf dem Handy-Display "anzuprobieren". In dieser sogenannten erweiterten Realität (AR, Augmented Reality) sehe Snap langfristig die größten Wachstumschancen, betonte Top-Managerin Jeremi Gorman.