Folgen der Wechselkursschwankungen Wie der Währungskrieg den Mittelstand trifft
Der G20-Gipfel in Seoul hat sich gegen einen Währungskrieg ausgesprochen. Doch einige Regierungen setzen weiter darauf, mit einer Schwäche der eigenen Währung die Exporte einheimischer Firmen zu erleichtern. Diese Politik stellt den Mittelstand in Deutschland vor schwierige Entscheidungen.
Von Alex Jakubowski, HR
Der Blick auf den Dollar ist für Dirk Pieler nicht ungewöhnlich. Jeden Morgen kontrolliert der Geschäftsführer, wie sich der Wechselkurs der US-Währung zum Euro verhält. Denn ein Großteil der Produkte, die sein Unternehmen herstellt, wird in die USA exportiert. Die Bender Group aus Grünberg bei Gießen ist Weltmarktführer für Sicherheitstechnik. Die Produkte, die die Fachleute in Mittelhessen bauen, finden sich in Atomkraftwerken und U-Booten genauso wie in Solaranlagen oder Bohrinseln: elektrische High-Tech-Produkte, die für Sicherheit sorgen sollen.
Sicherheit ist sein Fachgebiet - unsicher sei allerdings die Einkommenserwartung, so Pieler. Denn ein Produkt, das er bisher für 1000 Dollar nach Texas verkauft, müsste er bald für 1200 oder sogar 1300 Dollar anbieten. Der schwache Dollar lässt seine Gewinnmarge sonst schrumpfen. Aber: Den Preis will das Unternehmen eigentlich gar nicht erhöhen, denn das wiederum würde die Nachfrage in den USA dämpfen - ein Teufelskreis für den Mittelständler.
Absicherung gegen Wechselkursschwankungen zu teuer
Auf technischem Gebiet ist das Unternehmen Weltmarktführer, in der Welt der Finanzpolitik aber machtlos. Die Mittelhessen können nur zusehen, wie der Dollar immer schwächer wird und die US-Regierung Geld in den Markt pumpt, wodurch die nordamerikanische Währung billig bleibt. Bisher habe man nicht unter dem starken Euro gelitten, so Pieler. Das Geschäft brummt im Inland wie im Ausland. Eine Absicherung gegen Wechselkursschwankungen hat die Firma Bender nicht. Das sei zu teuer, sagt die Geschäftsführung. Und: "Wir wollen das Gefühl für die Schwankungen behalten, und dann im Rahmen unserer Geschäftspolitik reagieren."
Diese Haltung ist kein Einzelfall. Eine Absicherung gegen Währungsschwankungen fehlt bei jedem zweiten mittelständischen Unternehmen. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie der Deutschen Bank in Frankfurt am Main. Das Kreditinstitut hat hierzu 400 Firmen befragt und kommt zu dem Ergebnis: 53 Prozent der Firmen sichern sich nicht gegen schwankende Wechselkurse ab, obwohl 42 Prozent der mittelständischen Unternehmen Risiken durch volatile Wechselkurse befürchten. 83 Prozent sind sogar davon überzeugt, dass eine Absicherung von Risiken wichtiger denn je ist und in den kommenden fünf Jahren noch an Bedeutung gewinnen wird.
Relativ entspannt blickt dagegen der Bundesverband der mittelständischen Wirtschaft (BVMV) auf den Export. Nur zehn Prozent der Ausfuhren werden seinen Angaben zufolge in die USA geliefert. Sie liegen damit hinter den EU-Ländern und Asien auf Platz drei der Handelspartner des deutschen Mittelstandes. Außerdem werde durch einen schwachen Dollar die Einfuhr von Öl- und Rohstoffen günstiger. "Die eigentliche Gefahr ist psychologischer Natur", meint deshalb BVMW-Präsident Mario Ohoven. "Die USA erzeugen mit ihrer extensiven Geldpolitik Unsicherheit auf den globalen Finanzmärkten. Darunter leidet dann der Mittelstand und zwar nicht nur in Deutschland."
Deutsche Qualität konkurriert mit US-Preisbrechern
Anders als der Verband bewertet die Firma Kjellberg Finsterwalde die Lage. Dort leidet man schon jetzt. Das Produkt des Anbieters von Plasma-Schweißtechnik sind Maschinen, mit denen Bleche in der Stärke von einem Millimeter bis zu 15 Zentimetern geschnitten werden können. Vor allem auf dem asiatischen Markt sehen sich die Deutschen großer Konkurrenz aus den USA ausgesetzt. Deutsche Qualität steht hier gegen US-amerikanische Preisbrecher. "Wir müssen schon jetzt hohe Rabatte gewähren, um gegen die USA bestehen zu können", sagt Volker Krink, Geschäftsführer bei Kjellberg. "Aber ab einem gewissen Dollarkurs können wir einfach nicht mehr mithalten." Bei 1,50 Dollar taxiert Krink seine Grenze.
Für die hessische Firma Bender ist die große Bandbreite des Dollarkurses in den vergangenen Jahren noch auszuhalten. "Alles was zwischen 1,20 Dollar und 1,60 Dollar je Euro liegt, ist ok", sagt Geschäftsführer Pieler. Fällt der Dollar aber weiter, bleiben dem Unternehmen nur zwei Alternativen: "Entweder wir beliefern den amerikanischen Markt nicht mehr, oder wir fertigen auch vor Ort in den USA."