Einigung der EU-Staaten Höhere Zölle auf russisches Getreide
Die EU-Staaten haben im vergangenen Jahr deutlich mehr Getreide aus Russland gekauft als zuvor. Damit soll nun Schluss sein: Brüssel macht russische Agrarexporte erheblich teurer.
Die Mitgliedsstaaten der EU haben sich auf deutlich höhere Zölle für den Import von Getreide, Ölsaaten und anderen Produkten aus Russland und Belarus geeinigt. Damit würden die jeweiligen Abgaben so weit erhöht, dass die Einfuhr der Waren de facto gestoppt würde, teilten die Mitgliedsstaaten in Brüssel mit. Die Maßnahmen sollen zum 1. Juli in Kraft treten.
Für Hartweizensaat soll der Zollsatz der Nachrichtenagentur AFP zufolge künftig bei 148 Euro pro Tonne liegen, für Roggen und Gerste bei 93 Euro. Zollfrei bleibt hingegen die Einfuhr etwa von Sojabohnen und Sonnenblumenkernen; auf Sonnenblumenöl gilt ein geringer Zollsatz von 6,4 Prozent. Laut dem Rat der 27 Mitgliedstaaten sollen die Zölle eine "unterbindende" Wirkung haben. Früheren Angaben zufolge sollten russische Exporte in andere Weltregionen durch die Abgaben nicht teurer werden.
Gegen "Destabilisierung des Agrarsektors"
Mit dem Schritt verhindere die EU unter anderem "die Destabilisierung des Agrarsektors durch russisches Getreide", schrieb EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis auf der Plattform X. Die Zölle würden zudem helfen, "die Einnahmen Russlands zur Finanzierung seines Krieges in der Ukraine einzuschränken", schrieb Dombrovskis weiter. Die EU sorge außerdem dafür, dass Russland nicht länger ungehindert "gestohlenes ukrainisches Getreide" auf den europäischen Markt bringe.
Vor allem in ärmeren Ländern besteht durch Maßnahmen gegen Lebensmittelexporte das Risiko, dass Preise steigen - und damit Engpässe bei der Ernährungssicherheit. Der Rat der EU-Länder sagte hingegen, die Lieferungen in Drittstaaten würden durch die neuen Zölle nicht beeinträchtigt. "Wir haben darauf geachtet, die globale Ernährungssicherheit aufrechtzuerhalten", so Handelskommissar Dombrovskis bei der Vorstellung seiner Vorschläge.
Bauernverbände hatten über mehrere Monate gegen die Einfuhr von Agrarprodukten aus Russland und der Ukraine protestiert. Ihrer Darstellung nach drücken die Importe in der EU die Preise. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte der EU wiederholt vorgeworfen, weiterhin "ungehindert" russische Agrarprodukte zu importieren.
Eurostat: 2024 EU-Importe für 440 Millionen Euro
Der Umfang der Getreideimporte aus Russland in die EU war in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Wie aus Zahlen des Statistikamts Eurostat hervorgeht, wurde in den Vorkriegsjahren 2020 und 2021 Getreide für knapp 120 Millionen Euro (2020) und gut 290 Millionen Euro (2021) aus Russland in die EU importiert. 2022 waren es rund 325, ein Jahr später fast 440 Millionen Euro.
Für die Einführung höherer Zölle auf russische Importe gab es rechtliche Hürden, weil Russland als Mitglied der Welthandelsorganisation (WTO) vom sogenannten Meistbegünstigungsgebot profitiert. Wie die Nachrichtenagentur AFP schreibt, dürfen die Mitgliedsländer ihre Handelspartner nicht unterschiedlich behandeln. Die EU beruft sich den Angaben zufolge nun auf eine Sicherheitsklausel in den WTO-Verträgen.