Folgen des Öl-Embargos Russlands Wirtschaft könnte durchhalten
Mit einem Öl-Embargo erhofft sich die EU eine weitere wirtschaftliche Schwächung Russlands. Doch Ökonomen dämpfen die Erwartung, dass der Regierung Moskau rasch das Geld für den Krieg in der Ukraine ausgehen könnte.
Russland ist dem Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) zufolge auch im Falle der Verhängung eines EU-Öl-Embargos finanziell auf einen längeren Krieg vorbereitet. "Hoffnungen auf ein zeitnahes Einlenken Russlands im Ukraine-Krieg angesichts der einschneidenden westlichen Sanktionen dürften enttäuscht werden", sagte IfW-Handelsexperte Rolf Langhammer. "Sowohl die Situation des Staatshaushalts als auch strukturelle Besonderheiten der russischen Wirtschaft schaffen gute Ausgangsbedingungen für ein längeres Durchhalten einer auf Autarkie setzenden Kriegswirtschaft."
Wenig Schulden, viel Reserve
Russland habe in den vergangenen Jahren sichtbare Erfolge beim Aufbau einer stabilen Finanzlage erreicht. Dazu gehörten eine im internationalen Vergleich sehr niedrige öffentliche Verschuldung von etwa 20 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, hohe Ersparnisse, eine zurückhaltende Ausgabenpolitik und eine starke Reservebildung.
Hinzu kämen derzeit steigende Erlöse aus Energieexporten in Länder, die sich den Sanktionen verschließen oder wie Deutschland ihre Käufe teilweise noch aufrechterhalten. Der jetzige Ölpreis liege weit über dem vom Internationalen Währungsfonds (IWF) geschätzten notwendigen Preis für einen ausgeglichenen russischen Haushalt von zehn bis 15 Dollar. "Ein Öl-Embargo der EU dürfte dies zunächst nicht entscheidend ändern", sagte Langhammer.
Geschützte Beschäftigte im öffentlichen Sektor
Strukturell helfe Russland auch die geringe Bedeutung des privaten Dienstleistungssektors und das hohe Ausmaß geschützter Beschäftigung im öffentlichen Sektor. "Diese Beschäftigten sind der Garant für die politische Unterstützung Präsident Putins im eigenen Land und werden bevorzugt alimentiert, das heißt, durch Preiskontrollen oder Einkommenshilfen vor den Folgen des Inflationsanstiegs geschützt", so der Experte. Ein Entstehen von Schwarzmärkten werde die Regierung massiv bekämpfen, da diese die Gesellschaft spalten und den politischen Rückhalt schwächen könnten.
Die längerfristig mit Sicherheit eintretenden sehr negativen Folgen des Ausfalls wichtiger und unersetzbarer Kapitalgüter aus dem Ausland dürften die russische Wirtschaft nicht schnell in den Untergang treiben. "Der Westen wird langes Durchhaltevermögen zeigen müssen", sagte Langhammer.