Standort-Wettbewerb mit den USA "Wirtschaftsweise" warnen vor Subventionswettlauf
Der Sachverständigenrat hält es für schädlich, wenn sich Subventionen in den USA und Europa gegenseitig hochschaukeln. Stattdessen sollten bürokratische Hürden bei Förderprogrammen für Unternehmen verringert werden.
Die sogenannten "Wirtschaftsweisen" haben vor einem Subventionswettlauf zwischen Europa und den Vereinigten Staaten gewarnt. Stattdessen sollte die EU ihre bestehenden Förderprogramme für "grüne Technologien" anpassen, heißt es in einer heute vorgelegten Analyse des Sachverständigenrats zu Auswirkungen des milliardenschweren US-Förderprogramms "Inflation Reduction Act" (IRA).
Um die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen zu stärken, würden auch in der EU zusätzliche Subventionen als Antwort auf den IRA gefordert. "Ein Subventionswettlauf wäre allerdings sowohl für die USA als auch für die EU mit erheblichen Wohlfahrtseinbußen verbunden und sollte daher vermieden werden", lautet die Empfehlung der Regierungsberater.
Sollten Firmen einfacher an Hilfen gelangen?
Die EU fördere bereits jetzt emissionsarme Technologien in vergleichbarem Umfang wie die USA mit dem IRA, hieß es. Die "Wirtschaftsweisen" sprechen sich jedoch für eine Änderung der EU-Förderprogramme aus.
"Die Steuererleichterungen des IRA gehen mit einer höheren Planbarkeit für die Unternehmen einher als die europäischen Förderprogramme. Sie dürften auch einen geringeren bürokratischen Aufwand verursachen als Subventionen, die im Antragsverfahren vergeben werden", so die Wirtschaftsexperten. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ist ein unabhängiges Gremium, das die Bundesregierung in ökonomischen Fragen berät.
Bei den bestehenden EU-Förderprogrammen könnte überprüft werden, wie sich die Inanspruchnahme von Subventionen durch berechtigte Unternehmen vereinfachen lasse und bürokratische Hürden verringert werden, so Ratsmitglied Ulrike Malmendier.
Große Unterschiede bei den Stromkosten
Der Sachverständigenrat teilt Befürchtungen in Europa wegen des IRA nur eingeschränkt: "Die Subventionen im Rahmen des IRA selbst werden voraussichtlich nur geringe gesamtwirtschaftliche Auswirkungen auf die EU haben." Allerdings könnten die Produktions- und Investitionszuschüsse der US-Regierung in bestimmten Industriezweigen, die zur Erreichung der Klimaziele relevant sind, den Anreiz verstärken, in den Vereinigten Staaten statt in der EU zu investieren.
Generell dürften schon bestehende Energiepreisunterschiede deutlich stärkere Auswirkungen auf die Standortattraktivität Europas haben als der IRA selbst, so Ratsmitglied Achim Truger. In den vergangenen drei Monaten hätten die Strompreise in Deutschland durchschnittlich um 9 Cent je Kilowattstunde höher als in den USA gelegen. Ratsmitglied Martin Werding sprach sich dafür aus, das Stromangebot und die Energieinfrastruktur zügig auszubauen, um die Energiekosten zu senken.
"Was kriege ich von Euch?"
Bundeskanzler Olaf Scholz warnte gestern davor, dass erst der Subventionswettbewerb mit den USA Firmen dazu treibe, Zuschüsse vom Staat zu verlangen. "Es gibt Unternehmen, von denen hatte man noch vor kurzem gehört, die wollten investieren und gar kein Geld. Und die sagen jetzt: Anderswo kriege ich Geld, was kriege ich von Euch?"
Das US-Programm für klimafreundliche Technologien sei deshalb für Europa sehr zwiespältig. Es sei einerseits gut, wenn auch die USA nun in diesem Bereich investierten. "Wir werden jetzt nicht gut fahren, wenn alle Staaten einen großen Subventionswettlauf beginnen", fügte der Kanzler hinzu. Allerdings hatte die Bundesregierung selbst erst kürzlich zugestimmt, dass der US-Chipkonzern Intel für den Bau einer neuen Fabrik in Magdeburg fast zehn Milliarden vom deutschen Staat erhält. Kritiker halten diese Summe für deutlich zu hoch.